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Euterpe im Zentrum: Neue Akzente bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci

Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci vom 8. bis 23. Juni setzen mit einem Tag der Flöte einen neuen Akzent. Der Kartenvorverkauf läuft bereits.

Potsdam - Alles neu – oder nicht? Das ist die Frage an die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci in diesem Jahr. Die erste Pressekonferenz mit der neuen Intendantin Dorothee Oberlinger weckte jedenfalls am Mittwochvormittag im Orangeriesaal des Schlosses Charlottenburg Neugierde bei den Teilnehmern. Auf den ersten Blick fällt die neue Gestaltung der Programmhefte ins Auge, die diesmal wahlweise in pastelligem Rosa oder Meeresgrün erscheinen. Visuelle Hinweise ans Rokoko, der Gründerzeit der Schlossanlage von Sanssouci, sind durchaus erwünscht. Dazu passend schmückt die Statue der Terpsichore aus dem Schlosspark in vielfacher Reproduktion den Umschlag.

Als Muse der Musik gibt sie den Ton an, doch auch ihre Schwestern fungieren als Leitbilder. Als Schutzgöttinen der Künste und Wissenschaften tragen sie den göttlichen Funken der Inspiration in sich, erklärte Dorothee Oberlinger. Mehr noch, kommunikativ wie sie sind, sorgen sie für dessen Verbreitung über die Zeiten hinweg. Von der antiken Mythologie über das Rokoko und Friedrich II. bis hin zur Mee-too-Debatte reichte der rasante Diskurs zum Festival.

Der "Jimi Hendrix der Flöte" ist zu Besuch

Einige handfeste ökonomische Argumente lieferte Heinz Berg, seines Zeichens Kommissarischer Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Anders als Gemälde und Statuen habe die Musik den Vorteil, dass sie im Moment existiere. So ermöglicht sie, das reiche Erbe der Vergangenheit immer wieder neu lebendig zu präsentieren. Bei den Musikfestspielen reiche eine Hand die andere und so fließt immer ein Euro der Eintrittsgelder in die Restaurierung – diesmal ist es passenderweise Apoll, der oberste Schutzherr der Künste, in dem Friedrich II. so gern sein Spiegelbild sah. Die Besucher der Musikfestspiele erhalten zudem mit ihren Karten ermäßigten Eintritt in das Neue Palais.

Dass die Figur der Euterpe, die traditionell eine Flöte mit sich trägt, im Zentrum steht, ist natürlich auch als Hinweis auf die neue Intendantin zu verstehen, die als Blockflöten-Virtuosin weithin gefeiert wird. Dorothee Oberlinger lieferte sogar eine Kostprobe ihres Könnens ab und spielte eine Sequenzia von Luciano Berio vor. Auch am 10. Juni ist sie zu hören. Dem Flötenschwerpunkt des Festivals, der ja nun von Friedrich II. bis zu Dorothee Oberlinger reicht, trägt ein Flötentag Rechnung. Morgens um neun Uhr startet er mit Flöte und Yoga und klingt um Mitternacht mit dem Multiflötisten Robert Dick, genannt der Jimi Hendrix der Flöte, in der Friedenskirche aus.

Intendantin Dorothee Oberlinger führt einen Flötentag in das Festspielprogramm ein, bei dem sie am 10. Juni auch selbst musiziert.
Intendantin Dorothee Oberlinger führt einen Flötentag in das Festspielprogramm ein, bei dem sie am 10. Juni auch selbst musiziert.
© FOTO: JOHANNES RITTER

Wie weit der Horizont der Musikfestspiele in diesem Jahr reichen soll, erschließt sich schon aus der großen Eröffnungsfeier, die diesmal in der Nikolaikirche und auf dem Alten Markt stattfindet. Es gibt Musik vom englischen Barockmeister Henry Purcell, dem italienischen Alt-Avantgardisten Berio, gespielt und gesungen vom Orchestra of the Age of Enlightenment, eine Rede von Jens Bisky sowie später auf dem Platz Lichtinstallationen und Live Sound Mix von DJ Jueri. Die erste der beiden traditionellen Open-Air-Veranstaltungen stellt die prickelnden Klänge von Jacques Offenbach ins Zentrum, der vor 200 Jahren geboren wurde. Das rauschende Finale mit Feuerwerk erinnert an Vivaldis Musen, die Sängerinnen und Musikerinnen seines Lebens.

Die beiden szenischen Festivalproduktionen könnten, so erscheint es im Voraus, unterschiedlicher nicht sein. Mit der Pastorale „Polifemo“, einem Fundstück vom Musenhof der Königin Sophie Charlotte, wird eine Barockoper unter Einbeziehung einer Expertin für historische Mimik und Gestik inszeniert, die am 20. Juni Premiere hat. Rund um Igor Strawinskys Ballett „Apollon musagète“ gibt es eine multikulturelle Inszenierung mit Tänzern aus Hip Hop, Crump, Break Dance. Gott Apollon wird von einem veritablen Derwisch getanzt. Dazu spielt das Ensemble Sarband mit Vladimir Iwanoff.

Altbewährtes und neue Formate

Als Sonderprojekt findet eine Commedia-Nacht im Neuen Palais statt, bei der auch die Kabarettisten Pigor & Eichhorn auftreten sowie die Akademie für Alte Musik mit einer kuriosen Kantate von Georg Philipp Telemann. Besonders interessant zu werden verspricht die Aufführung von Händels Opern-Ballett „Terpsichore“ mit jungen Musikern und Tänzern von renommierten Hochschulen aus Salzburg, London und Bremen. Dass ein Musiker zugleich ein professioneller Koch ist, oder anders herum, gab es noch nicht im Rahmen der Musikfestspiele. Shai Skribus zeigt auf Flöte, Oboe und am Herd, wie Ohren und Magen erfüllt werden. Dass es wieder ein Fahrrad-Konzert gibt, ist selbstverständlich. Es führt diesmal an Orte, wo man heute von den Musen geküsst wird – so auch in eine Boulderhalle. Kuratiert wird es von Andrea Palent, die dieses preisgekrönte Format vor zehn Jahren erfunden hat und damit den Musikfestspielen auch in Zukunft verbunden bleibt. So warten dieses Jahr neben altbewährten Dingen neuartige Formate auf ihre Entdeckung.

» Am 17. Januar 2019 hat der Kartenvorverkauf begonnen

Babette Kaiserkern

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