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Jon-Kaare Koppe ist seit 2009 im Ensemble des Hans Otto Theaters Potsdam.
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Schauspieler des Hans Otto Theaters im Porträt: „Du siehst, was du sehen willst“

Jon-Kaare Koppe ist seit 2009 im Ensemble des Hans Otto Theaters und er liebt Komödien. Nun darf er wieder ran: Als Philipp Klapproth in dem Brandenburg-Schwank „Pension Schöller“.

Potsdam - Fast 70 Jahre ist es her: 1949 stand „Pension Schöller“ zum letzten Mal auf dem Spielplan des Potsdamer Stadttheaters. Heute feiert die skurrile Geschichte, die in der Inszenierung von Jan Jochymski in Berlin und in Kyritz an der Knatter spielt, wieder Premiere. Der Hauptdarsteller, der Philipp Klapproth, den sensationslüsternen Onkel aus der Provinz verkörpert, ist Jon-Kaare Koppe. Zwischen zwei Endproben erzählt er, warum ihm Komödie so viel Spaß macht. Und dass er es liebt, die Zuschauer einfach mal zwei Stunden lang nur gut zu unterhalten.

Dieser Klapproth – wie man so sagt, ein Mann in den besten Jahren – jagt in der Metropole begierig dem Besonderen nach, um seine Erlebnisse später am Stammtisch in der brandenburgischen Provinz zum Besten geben zu können. Außerdem sucht er als Unternehmer nach Vorbildern für eine Kureinrichtung für Nervenkranke, die er selbst in Kyritz errichten will. Im Café der „Pension Schöller“ verspricht er seinem Neffen Alfred einen Kredit für dessen eigenes Zukunftsprojekt, wenn dieser ihm die Gelegenheit verschafft, in Berlin am besten gleich einen ganzen Haufen Verrückter live zu erleben.

„Es ist ein gutes Stück. Punkt.“

„Es ist ein gutes Stück. Punkt.“, sagt Koppe über „Pension Schöller“ und dass man als Zuschauer ein besonderes Vergnügen spürt, weil man die Draufsicht hat. Für ihn ist das ein Superplot, wenn man jemanden anderes dabei beobachten kann, der glaubt, die anderen, die wiederum er beobachtet, seien verrückt. Es gibt da so ein psychologisches Phänomen, sagt er, und das geht so: „Du siehst, was du sehen willst.“

Das funktioniert zum Beispiel auch, wenn man jemandem erzählt – natürlich streng im Vertrauen –, dass der Kollege Liebeskummer hat. Und selbst wenn dieser ganz fröhlich ist, wird man denken: Der Arme, er versucht, es zu überspielen. Das macht auch im Stück großen Spaß, so Jon-Kaare Koppe: Klapproth begegnet in der Pension Schöller einigermaßen spleenigen Leuten, die jedoch nicht pathologisch verrückt sind. Die wollen angeben, etwas mehr darstellen, als sie eigentlich sind. Da gäbe es ja durchaus Parallelen zu heute, sagt der eloquente Schauspieler, denn wie oft behaupten Leute im Netz Dinge, die gar nicht stimmen oder sie selbst besser dastehen lassen. Auch Klapproth will auf jeden Fall besser als der Apotheker in Kyritz sein, der sonst den Stammtisch mit seinen Geschichten aufmischt.

Erst Tischler, dann Theaterschauspieler

Das Stück, das über 120 Jahre alt ist, und immer noch landauf und landab gespielt wird, wurde für Jochymskis Inszenierung behutsam modernisiert. So hat beispielsweise Klapproth ein Handy, mit dem er die „Verrückten“ ständig fotografiert. Die Geschichte und die Charaktere wurden aber im Wesentlichen beibehalten. Jon-Kaare Koppe findet es gut, im Theater (auch wieder) Geschichten zu erzählen, die die Leute einfach nur amüsieren und zur Entspannung beitragen.

„Es gibt nichts Schöneres“, sagt er, „als wenn Zuschauer sagen, sie haben sich zwei Stunden prächtig amüsiert.“ Und die sich dann, vielleicht bei einer Flasche Wein, gegenseitig die witzigsten Gags erzählen. Das Komische liege ihm, meint der 1963 in Leipzig Geborene, der seinen ungewöhnlichen Vornamen und seine Liebe zum Theater seiner ostfriesischen Großmutter zu verdanken hat.

Seit seinem neunten Lebensjahr spielt er Theater, hat dann aber doch erst den Beruf eines Tischlers gelernt, bevor er an der Ernst-Busch-Hochschule studierte und an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, in Cottbus und in Magdeburg engagiert war. In der DDR brauchte man entweder Abitur oder einen Berufsabschluss, bevor man Schauspiel studieren durfte. Ersteres war damals nichts für ihn, so Koppe, und für das Tischlerhandwerk habe er sich entschieden, weil er etwas lernen wollte, was ihm Spaß macht. Das sei bis heute so und die Kollegen in der Tischlerei, zu denen er guten Kontakt hat, lassen ihn auch schon mal die neue Kreissäge ausprobieren.

In Potsdam stimmt die Chemie 

Mit Tobias Wellemeyer kam er 2009 nach Potsdam, wo es ihm seitdem ausgesprochen gut gefällt. „Ich mag das Haus sehr.“ Je älter er werde, desto wichtiger werde es für ihn, nicht wo, sondern mit wem er spiele. Und da stimme in Potsdam einfach die Chemie.

In „Pension Schöller“, dem Schwank von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs, bearbeitet von Jürgen Wölffer, spielt Koppe zusammen mit René Schwittay, der Professor Bernhardy darstellt. Schwittay ist schon so lange wie er im Ensemble, ansonsten sind da lauter neue Kollegen. Das funktioniert nach einer kurzen Schnupperphase wunderbar, die Unterscheidung zwischen „alt“ und „neu“ gibt es für Koppe gar nicht mehr. Das war auch in den vorigen Produktionen so, sagt er – Koppe verkörperte zur Spielzeiteröffnung einen chinesischen Wanderarbeiter in Thomas Köcks „paradies spielen“. Die Atmosphäre sei gut und produktiv, seit Bettina Jahnke das Haus leitet, sagt Koppe. Er kennt die neue Intendantin von einer früheren Zusammenarbeit. Auch Jan Jochymski, den Regisseur von „Pension Schöller“, kennt er seit 25 Jahren, jetzt arbeiten sie das erste Mal zusammen.

Ein Herz für Komödie

Sein Herz schlägt für die Komödie, sagt er. Viele behaupten, das läge ihm. Seine Vorbilder sind Charlie Chaplin, Loriot und Jim Carrey. Zu Loriot hat er gleich eine Geschichte parat. Drei Damen beim Kaffeekränzchen, eine Tür schlägt zu, alle sollen sich erschrecken. Als sie aufspringen, sagt Loriot: „Nein, nein es ist kein Aufspringen, sondern ein kurzes Durchstrecken der Wirbelsäule!“ Koppe begeistert die Genauigkeit so einer Regieanweisung.

Auch die Proben zu „Pension Schöller“ machen ihm Spaß. Doch er sagt auch, dass es ist nicht einfach und nicht immer lustig ist, Komödie zu probieren. Ein Sprichwort sagt: wenn auf Proben zu Komödien zu viel gelacht werde, sei was falsch. In Potsdam sind sie jetzt nach einer eher nüchternen Trainingsphase dabei, die perlende Leichtigkeit, die es für das Komische braucht, wieder hinzukriegen. 

„Pension Schöller“, Premiere am 30.11. um 19.30 Uhr im Hans Otto Theater, Großes Haus. Weitere Vorstellungen am 7. und 8.12.

Astrid Priebs-Tröger

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