Potsdamer Verein Woods Up: Pflanzen gegen den Klimawandel
Die Initiative setzt gegen die Erderwärmung auf neue Bäume als CO2-Speicher. In Potsdam haben die Mitglieder bisher nur einzelne Pflanzungen gemacht - aktiver ist der Verein in Island.
Potsdam - Eigentlich ist es sehr einfach, einen Baum zu pflanzen: Man nimmt einen Hohlspaten, stößt ihn in den Boden und steckt damit einen Setzling in die Erde. Schwieriger wird es, wenn man einen ganzen Wald anlegen will: Dann muss man diesen Vorgang oft wiederholen, sehr oft, ein paar tausend Mal. Im Falle der Initiative „Woods Up“ rund 20.000 mal: So viele Bäume hat eine kleine Gruppe von Potsdamer:innen in diesem Frühjahr auf Island neu gepflanzt. „Wir waren fünf Leute und hatten fünf Tage Zeit, also etwa 4000 Setzlinge pro Person“, sagt der 33-jährige Mirko Geißhirt. Unbezahlte Knochenarbeit – zehn bis zwölf Stunden pro Tag waren er und seine ehrenamtlichen Mitstreiter:innen beschäftigt. „Das war es wert“, sagt die 26-jährige Ronja König. „Es gibt wenig, was sich so sinnvoll anfühlt, wie Bäume zu pflanzen.“
Es war die bislang größte Aktion des 2018 gegründeten Vereins Woods Up, der den Klimawandel mit ganz handfesten Mitteln bekämpfen will. „Bäume sind ideale CO2-Speicher“, sagt Geißhirt. Würde man eine Fläche von der Größe der USA aufforsten, könnten zwei Drittel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aufgenommen werden, errechnete eine Studie der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH). Zusätzlich sorgen Bäume durch ihren Schatten für örtliche Abkühlung und sind wichtig für den Wasserhaushalt, da Waldböden Wasser besser und länger speichern als Felder und Wiesen. Ein Hektar Waldboden kann schätzungsweise bis zu drei Millionen Liter Wasser speichern.
Ständig auf der Suche nach neuen Flächen
Woods Up hat knapp ein Dutzend Mitglieder, in Potsdam selbst haben sie bisher nur einzelne Pflanzungen gemacht, zum Beispiel drei Mammutbaum-Setzlinge, die zusammen mit Fridays For Future vor das Stadtschloss gepflanzt wurden. Im aktuellen Bürgerbudget schlägt die Initiative Baumpflanzungen in Babelsberg und Klein Glienicke vor. Aktiv war Woods Up auch schon am Nutheufer in Saarmund oder im mecklenburg-vorpommerschen Kargendorf, im brandenburgischen Wollin wurden im letzten Herbst 200 Bäume gepflanzt, darunter Obstbäume, Linden und Eichen. Die Setzlinge kosten meist nur einen Euro, sie werden zum Teil in den Gärten der Woods Up-Mitglieder selbst gezogen. „Manche Leute spenden uns auch Setzlinge und stellen uns welche vor die Tür“, sagt Geißhirt. Im Sommer besuchen die Aktivist:innen ihre Pflanzungen regelmäßig zum Gießen.
Woods Up ist ständig auf der Suche nach neuen Flächen, auf denen möglichst viele Bäume gepflanzt werden können. Doch das ist gar nicht so einfach: Zum einen werden dem gemeinnützigen Verein selten große und zusammenhängende Flächen angeboten, auf denen sich tatsächlich ein Wald entwickeln kann, und kostenlos sind sie in der Regel auch nicht. Zum anderen besteht ein großer, zeitraubender Teil der Arbeit darin, Anträge zu schreiben und sich um Fördergelder zu bemühen – großer Aufwand für kleine Flächen.
Keine bürokratischen Hürden in Island
Ein weiteres Problem sind die Zäune, die um einiges teurer sind als die Bäume: Wenn auf einem Grundstück neue Setzlinge gepflanzt werden, muss es längere Zeit eingezäunt werden, damit die jungen Bäume nicht von Rehen gefressen werden. „Das Brandenburger Forstamt hatte uns mal eine sehr kleine Fläche angeboten, aber der Zaun für einen Hektar hätte circa 7000 Euro gekostet“, so Geißhirt. Vom Land gibt es nur einen Zuschuss von fünf Euro pro Meter Zaun; für einen Hektar käme man gerade mal auf 2000 Euro.
Die bürokratischen Hürden in Deutschland waren einer der Gründe, warum sich Woods Up dazu entschieden hat, Bäume in Island zu pflanzen: „Da gab es überhaupt keine Bürokratie“, sagt Geißhirt. „Die isländische Regierung hat ein großes Interesse an Aufforstung.“ Nur zwei Prozent der Insel sind mit Wald bedeckt, das Land leidet stark unter Bodenerosion, die dünne Humusschicht der Insel schwindet. Durch Bäume und deren Wurzeln kann die Erosion gestoppt werden, zudem entsteht neuer Humus.
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In Island empfing man Woods Up daher mit offenen Armen und stellte kostenlos große Flächen für die Pflanzungen zur Verfügung: „Der Oberförster von Island hat sich um alles gekümmert, hat die Setzlinge besorgt und sie zum Ort gebracht“, sagt Geißhirt. Woods Up musste nur die Gelder für die Setzlinge besorgen. Es ist bereits der zweite Einsatz in Island gewesen, im vergangenen Jahr waren die Aktivist:innen zum ersten Mal auf der Insel und hatten dort 2500 Bäume gepflanzt, unter anderem Sitka-Fichten, Erlen, Weiden, Pappeln, Murray-Kiefern und Birken. Zäune mussten nicht errichtet werden, da es vor Ort weder Rehe noch Schafe gibt. Auf Island regnet es oft, gießen muss man die Bäume also auch nicht.
Brief an Elon Musk
Woods Up plant, einmal im Jahr auf die Insel zu fliegen und die Pflanzungen weiter zu steigern. Gleichzeitig sind sich die Aktivist:innen bewusst, dass es eigentlich widersprüchlich ist, Bäume gegen den Klimawandel zu pflanzen und gleichzeitig dafür eine Flugreise zu machen: „Natürlich würden wir viel lieber hier vor Ort Bäume pflanzen, aber es gibt zu wenig Flächen und der Aufwand ist zu groß dafür“, sagt Ronja König. Man könne nicht ewig auf die deutsche Bürokratie warten, sondern müsse jetzt etwas tun, sagt sie: „In Island ist das möglich. Es war sehr leicht, dort etwas zu starten.“
Dabei hätte gerade Brandenburg neue Mischwälder dringend nötig, um dem Klimawandel zu begegnen: „Es ist absehbar, dass die ganzen Kiefern-Monokulturen hier nicht lange überleben werden“, sagt Geißhirt. Weiterhin sucht Woods Up vor Ort nach Partnern, um neue Bäume zu pflanzen, sogar Elon Musk haben sie gefragt: Der Tesla-Chef hatte im April einen Aufruf gestartet und demjenigen ein Preisgeld von 100 Millionen Dollar geboten, der eine innovative Idee hat, wie man jährlich 1000 Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen und für 100 Jahre speichern könnte. Woods Up kannte die Antwort: Sehr viele neue Bäume. „Wir haben ihm einen Brief geschrieben und gesagt, wir hätten gerne das Preisgeld“, sagt Geißhirt. Eine Antwort blieb aus.
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