Konflikt in Potsdam: Oberbürgermeister geht auf Abstand zur Garnisonkirche
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert lässt den Sitz im Kuratorium zu dem umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche ruhen – bis nach der Kommunalwahl
Potsdam - Potsdams neuer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) geht vorläufig auf Distanz zum umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche. Nach PNN-Informationen will der Rathauschef seinen Sitz im Kuratorium der Garnisonkirchen-Stiftung, die Bauherrin des Projekts ist, zunächst ruhen lassen. So sagte Schubert auch seine Teilnahme an der für Montag geplanten Kuratoriumssitzung ab.
Als Oberbürgermeister ist Schubert automatisch Mitglied des Gremiums der Garnisonkirchen-Stiftung. Der Wiederaufbau des knapp 90 Meter hohen einstigen Wahrzeichens der Stadt hatte im Oktober 2017 begonnen. In dem 38 Millionen Euro teuren Bauwerk soll ein Versöhnungszentrum entstehen.
Oberbürgermister verweist auf widersprüchliche Beschlusslage
Als Grund für seinen Schritt nennt Schubert in einem den PNN vorliegenden Schreiben an das Kuratorium eine seit Jahren andauernde widersprüchliche Beschlusslage der Stadtverordnetenversammlung zu dem Vorhaben. So hatte das Kommunalparlament 2008 beschlossen, dass sich der Wiederaufbau auf den Turm konzentrieren und der Oberbürgermeister diesen Grundsatz im Kuratorium auch vertreten solle. Die Entscheidung über den Bau des Kirchenschiffs solle kommenden Generationen obliegen, so der Beschluss. In der Satzung der Stiftung wird jedoch von einem Wiederaufbau sowohl des Turms als auch des Kirchenschiffs ausgegangen.
Der zweite Beschluss, auf den sich Schubert in seiner Absage bezieht, stammt von 2014. Im Rahmen des Bürgerbegehrens gegen den Wiederaufbau wurde Schuberts Vorgänger Jann Jakobs (SPD) damals damit beauftragt, alle Rechtsmittel auszuschöpfen, um die Garnisonkirchen-Stiftung aufzulösen – was dieser als bekennender Befürworter des Wiederaufbaus allerdings nur halbherzig bis gar nicht durchzusetzen suchte.
Umstrittener Wiederaufbau der Kirchenschiffs
Schubert verfolgt nun eine andere Linie. Der Widerspruch zwischen den Beschlüssen sei Ausdruck eines „gesellschaftlichen Konflikts“ und auch eines Konflikts zwischen den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, schreibt der Oberbürgermeister an das Kuratorium. Wie berichtet gibt es im Stadtparlament zwar eine Mehrheit der bürgerlichen Parteien für den Wiederaufbau, die Linke hat allerdings große Bauchschmerzen mit dem Vorhaben, die linksalternative Fraktion Die Andere lehnt ihn vehement ab.
Damit ist sie nicht allein. Die evangelische Martin-Niemöller-Stiftung positioniert sich ebenso gegen das Vorhaben wie mehrere Initiativen, darunter die „Christen brauchen keine Garnisonkirche“, zu deren Mitgliedern auch prominente Theologen wie Friedrich Schorlemmer zählen. Die Kritiker reiben sich besonders an der Geschichte der Garnisonkirche zur NS-Zeit.
Sie beziehen sich dabei vor allem auf den „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, als sich Hitler und Reichspräsident Hindenburg vor der Kirche die Hände schüttelten. Die Kritiker werfen der Garnisonkirchen-Stiftung unter anderem vor, die Rolle der Kirche in der NS-Zeit nicht ausreichend zu beleuchten. Zudem befürchten sie, der Turm könne ein Wallfahrtsort für Rechte werden.
Schubert hatte in der vergangenen Woche bei einer Veranstaltung in der Nikolaikirche zum „Tag von Potsdam“ eine stärkere Auseinandersetzung der gesamten Stadtgesellschaft mit der Zeit des Nationalsozialismus in Potsdam angemahnt. Nur so lasse sich für die Zukunft eine Lehre aus der „grauenhaftesten Phase der deutschen Geschichte“ ziehen. Das gelte erst recht angesichts des gegenwärtigen politischen Rechtsrucks und zunehmenden Antisemitismus.
Er habe mit den Stadtfraktionen vereinbart, für den Zeitraum nach der Kommunalwahl einen Vorschlag über die künftige Rolle des Vertreters der Stadt im Kuratorium der Stiftung zu machen, so Schubert. Den Dialog mit der Stiftung wolle er dennoch „nicht abreißen“ lassen. Garnisonkirchen-Vorstand Wieland Eschenburg wollte am Abend zunächst keine Stellungnahme abgeben.
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