Abriss des Kopfbaus: Nutheschlange droht ein Rechtsstreit
Die Pro Potsdam will die Terrassenhäuser abreißen und durch einen Neubau ersetzen, der Architekt wehrt sich. Kommt es bis August zu keiner Einigung, müssen Gerichte entscheiden
Potsdam - Der Streit zwischen der Pro Potsdam und dem Architektenehepaar Doris und Hinrich Baller um den Abriss des Kopfs der Nutheschlange droht juristisch entschieden zu werden. Sollte es bis August keine Einigung mit den Ballers zur Frage des Urheberrechts geben, „werden wohl die Gerichte entscheiden müssen“, sagte Pro-Potsdam-Chef Bert Nicke am Freitag bei einem Vor-Ort-Termin vor Journalisten. In diesem Fall würde sich der noch für dieses Jahr geplante Abriss der sogenannten Terrassenhäuser auf 2020 verschieben, entsprechend später könnte dann erst der geplante Ersatzneubau errichtet werden.
Die Pro Potsdam will die Terrassenhäuser, die quasi den Kopf der Nutheschlange bilden, wegen aus ihrer Sicht schwerer Baumängel abreißen lassen. Die Ballers ihrerseits hatten mehrfach bestritten, dass es solche Mängel gibt und der Pro Potsdam vorgeworfen, den Kopfbau des Ensembles nur aus Profitgier abreißen zu wollen, weil sich mit einem Neubau die Zahl der Wohnungen auf 70 fast verdoppeln ließe. Protest gegen den Abriss gibt es bekanntlich auch von einer Anwohnerinitiative und vom Bund deutscher Architekten.
Pro Potsdam geht in die Offensive
Am Freitag ging das kommunale Unternehmen noch einmal in die Offensive und verteidigte die Pläne gegen jegliche Kritik. Man habe die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen und ursprünglich vorgehabt, auch die Terrassenhäuser zu sanieren, erklärte Nicke. An einigen Abschnitten sei damit sogar bereits begonnen worden. Doch im Zuge der Arbeiten hätten sich die Baumängel als so schwerwiegend herausgestellt, dass eine Sanierung vollkommen unwirtschaftlich sei. Wegen der stetig steigenden Baukosten müsste man nach derzeitigem Standt mehr als zehn Millionen Euro dafür ausgeben – zwei mehr als bislang kalkuliert, so Nicke. „Wir müssten dann eine Kostenmiete von 15 Euro netto kalt nehmen plus Nebenkosten, aber wer soll denn das bezahlen?“, sagte der Pro-Potsdam-Chef.
Bei einem Rundgang durch die seit Jahresende leer stehenden Terrassenhäuser beschrieb Nicke noch einmal, wo aus Unternehmenssicht die hauptsächlichen Mängel liegen. So habe kein Statiker die Standfestigkeit des Außenmauerwerks nachweisen können. Die Außenwände bestünden nur aus einer Schicht Ziegelmauerwerk, dahinter folge eine Dämmung und eine Trockenbauwand, erklärte die Pro-Potsdam-Hochbauchefin Petra Runge. Da das Außenmauerwerk zudem porös sei, dringe Feuchtigkeit ins Innere ein. Die Wände stünden für sich allein und seien statisch gesehen nicht mit der tragenden Stahlbetonkonstruktion verbunden. Die Wohnungstrennwände entsprächen nicht der erteilten Baugenehmigung, die Dach- und Terrassenabdichtungen seien mangelhaft und hätten zu Feuchtigkeitsschäden geführt.
Rohrbruch kostete 500 000 Euro
Und schließlich seien – anders als von Baller behauptet – im Fußboden der Wohnungen Rohrleitungen einbetoniert, die zudem oft noch über ein viel zu geringes Gefälle verfügten, um das Wasser richtig ableiten zu können, so Runge. Vor drei Jahren habe es einen Rohrbruch gegeben, der allein eine halbe Million Euro Schaden verursacht habe, sagte Nicke. Das Leck habe man nur feststellen können, indem alle Fußböden aufgestemmt und die Leitungen freigelegt worden seien.
Nicke betonte, es gehe nicht um die Feststellung der Schuldfrage. Abriss und Neubau hätten rein wirtschaftliche Gründe. Verdienen werde das Unternehmen daran nichts. Ziel bleibe es, eine Übereinkunft mit den Ballers zu erzielen. Man habe ihnen einen Sitz in der Jury angeboten, die unter den Teilnehmern des geplanten Architekturwettbewerbs den besten Entwurf für den Neubau küren soll. Auch eine Teilnahme am Wettbewerb selbst sei ihnen angeboten worden. Das Ehepaar habe beides abgelehnt. Bis August wolle man versuchen, sich trotzdem zu einigen. In diesem Fall könne der Abriss im Dezember beginnen und der Architekturwettbewerb im Januar starten, so Nicke. Schlage die Einigung fehl, müssten Gerichte prüfen, ob in diesem Fall wegen der Baumängel die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens höher einzuschätzen seien als das Urheberrecht. In dem Neubau, der mit Fördermitteln errichtet werden soll, sollen 75 Prozent Sozialwohnungen entstehen.
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