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Für Trams und Busse brauchen Potsdamer ein Ticket. 
© Ottmar Winter PNN

Kostenloser Nahverkehr in Potsdam?: Neue Chance für Schülerticket

Ein kostenloses Bürgerticket wird es in Potsdam wohl nicht geben. Kostenlose Tickets für Schüler und Azubis allerdings scheinen zumindest möglich.

Potsdam - Einfach einsteigen und klimafreundlich und platzsparend mit Bus und Tram ans Ziel kommen – dafür müssen sich Potsdamer in ihrer Stadt weiterhin ein Ticket kaufen. Kostenloser oder ticketfreier Nahverkehr wird wohl ein Traum bleiben. Jedenfalls erweckte die Sondersitzung des Mobilitätsausschusses der Stadtverordneten am Donnerstagabend diesen Eindruck.

Das Gremium hatte sich getroffen, um eine Reihe von Themen und Anträgen zu diskutieren, die in Zusammenhang mit dem öffentlichen Nahverkehr stehen – darunter auch zahlreiche Vorschläge aus dem Bürgerhaushalt. Kernthema war jedoch die Berichterstattung der AG Bürgerticket, die sich mit Möglichkeiten und Konsequenzen eines für die Nutzer kostenlosen Nahverkehrs in Potsdam beschäftigt hatte.

Rathaus müsste Tickets für alle Potsdamer kaufen

Das Ergebnis zeigte einige Schwierigkeiten auf, die eine Umsetzung unwahrscheinlich erscheinen lassen. Die AG empfahl denn auch eine Ablehnung. Dem folgte der Ausschuss und lehnte einen entsprechenden Antrag aus dem Bürgerhaushalt ab. Ein Knackpunkt ist, dass Potsdam als Teil des Verkehrsverbunds Berlin Brandenburg (VBB) nicht einfach alle Tickets abschaffen kann. Denn es sei ja nicht nur der kommunale Verkehrsbetrieb in Potsdam unterwegs, sondern auch noch andere Anbieter aus dem VBB, hieß es.

Für mehr Fahrgäste bräuchte es auch mehr Trams und Busse. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild
Für mehr Fahrgäste bräuchte es auch mehr Trams und Busse. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild
© ZB

Um innerhalb des bestehenden Tarifsystems allen Potsdamern freie Fahrt in den Bussen und Trams des Verkehrsbetriebs zu ermöglichen, müsste die Stadt jedem Bürger über sechs Jahren eine Jahreskarte kaufen. Das würde rund 65 Millionen Euro aus der Stadtkasse kosten – jedes Jahr. Dazu käme, dass für einen massenhaften Umstieg auf Bus und Tram ja auch deutlich mehr Fahrzeuge und mehr Personal gebraucht würden. Fazit: Der Fahrgastzuwachs von geschätzt 30 Prozent sei nicht zu verkraften, die Kosten nicht finanzierbar.

Mehrheit hält Idee für nicht realisierbar

Die meisten Ausschussmitglieder folgten der Argumentation. Fabian Twerdy (Grüne) sagte, seine Fraktion wünsche sich generell einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, aber derzeit sei es nicht realisierbar. Matthias Finken (CDU) forderte, Potsdam solle sich auf das konzentrieren, was die Stadt auch entscheiden könne. „Alles andere sind Visionen.“ Auch Ralf Jäkel (Linke) sah wenig Chancen: „Selbst wenn wir uns das leisten könnten, würden nicht alle umsteigen.“

Gespalten war die Haltung in der Fraktion Die Andere, die wie die Linke im Kommunalwahlkampf mit kostenlosen Nahverkehr geworben hatte. Der sachkundige Einwohner Jan Kuppert wandte ein, dass billiger Nahverkehr eher Fußgänger und Radfahrer anziehe. Der ökologische Gewinn sei gering. Um Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen, müssten vor allem das Angebot verbessert und Vorteile für den Autoverkehr reduziert werden.

Kosten und Nutzen umstritten

Die Stadtverordnete Anja Laabs (Die Andere) kritisierte das Ergebnis der AG. Die Kosten seien in den Vordergrund gestellt worden, der Nutzen hingegen sei nicht betrachtet worden. Sie wies auf eingesparte Klimagase und verminderte Unfälle durch weniger Autoverkehr hin. Norman Niehoff, der im Rathaus den Bereich Verkehrsentwicklung leitet, konterte, der Nutzen zahle sich leider in Potsdam kaum aus, die Kosten müsse die Stadt aber tragen.

Tatsächlich sind die rechnerischen Kosten für Tickets für alle aber auch nicht das gesamte Bild. Schon jetzt zahlt die Stadt fast 13,7 Millionen Euro Zuschuss aus dem Haushalt direkt an den Verkehrsbetrieb. Denn der kann nur die Hälfte seiner Kosten durch Einnahmen aus Fahrscheinen decken. „Jährlich macht der ViP 25 Millionen Euro Miese“, wie auch Potsdams Verkehrsbeigeordneter Bernd Rubelt einräumte. Der städtische Zuschuss soll bis 2024 auf 16 Millionen Euro steigen, so steht es in der mittelfristigen Finanzplanung der Stadt. Der Rest des Defizits beim ViP wird über Quersubventionierung im Stadtwerkeverbund ausgeglichen. Unter dem Strich bliebe für die Stadt also immer noch eine Mehrbelastung von rund 40 Millionen Euro.

Trams und Busse für 21 Millionen Euro nötig 

Etwas mehr Chancen dürfte die Idee haben, Schüler und Azubis in Potsdam kostenlos Bus und Tram fahren zu lassen. Der Ausschuss sprach sich für einen entsprechenden Prüfauftrag aus. Bis zum zweiten Quartal 2021 soll die Verwaltung berichten. Einen Teil der Prüfung hatte die AG Bürgerticket schon vorgerechnet. Sie hatte die Kosten für Freifahrten für alle rund 23.000 Potsdamer Schüler ermittelt: 5,7 Millionen Euro wären das. Dazu kämen noch rund 21 Millionen Euro Investitionen in fünf zusätzliche Trams und zwei Busse. Die wären nötig, weil die Schüler überwiegend zu den Stoßzeiten unterwegs wären, wenn die Busse und Trams ohnehin schon ausgelastet sind.

Im aktuellen Haushalt der Stadt sind die Mittel dafür nicht vorgesehen. Das Thema könnte bei der Aufstellung des nächsten Haushalts noch mal auf dem Tisch der Stadtverordneten landen, wie Finken sagte. „Dann muss man das Vorhaben gegen andere Aufgaben abwägen.“ Die Grünen jedenfalls stehen hinter der Idee. "Wir werden einen Antrag für ein kostenfreies Schülerticket einbringen", sagte Twerdy.

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