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Rettende Idee? Mit transparentem Papier will der frühere FH-Professor Gottfried Hauff das Mosaik sichern.
© Andreas Klaer

Vorschlag für Erhalt von DDR-Kunst: Mit "Japanpapier" das Kosmos-Mosaik sichern

Der frühere FH-Professor Gottfried Hauff will das Mosaik am Rechenzentrum sichern, ohne dass es verdeckt wird. Der Sanierungsträger prüft die Idee.

Potsdam - Von Weitem ist alles prima. Doch von Nahem sind die Schäden gut zu sehen: In einigen Bereichen ist das Mosaik gerissen, hier und da haben sich Teile angehoben, wölben sich beinahe beulenartig nach Außen. „Das lässt erahnen, dass sich das Mosaik an diesen Stellen von der darunterliegenden Betonplatte abgelöst hat“, sagt Gottfried Hauff. 

Die Gefahr hält der Wissenschaftler für gering

Der Verein „Freundliche Übernahme Rechenzentrum (FÜR)“ hat wie berichtet den ehemaligen Professor der Potsdamer Fachhochschule und Restaurierungsexperten zu Hilfe geholt, um zu verhindern, dass das 18-teilige, denkmalgeschützte Mosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ am Rechenzentrum teilweise hinter Holzplatten verschwindet.

Um die Verkehrssicherheit für Fußgänger zu gewährleisten, will die Stadt die beschädigten Teile einhausen lassen. „Die Gefahr, dass etwas abplatzt, halte ich allerdings für sehr gering“, sagt dagegen der Wissenschaftler.

Geschaffen hat das Mosaik der 1929 im hessischen Lauterbach geborene Künstler Fritz Eisel. Die aus kleinen Glassteinchen zusammengesetzte Bildergalerie von 1972 ist eines der bekanntesten DDR-Kunstwerke in Potsdam. Es thematisiert den technischen Fortschritt und den Aufbruch der sozialistischen Gesellschaften ins Weltall. Auch wenn die Art und Weise, wie die Elemente einst angebracht worden sind, grundsätzlich der gängigen Praxis entsprach, seien die heutigen Schäden bereits damals programmiert gewesen, schätzt Gottfried Hauff. „Das Mosaik wurde auf Karton geklebt, dessen Rückseite dann mit Mörtel bestrichen wurde. Gleichzeitig wurde auf die Wand des Gebäudes Spritzmörtel aufgetragen und dann wurden die Bilder von unten nach oben angebracht“, so Hauff. Recherchen hätten jedoch ergeben, dass damals bei großer Hitze gearbeitet wurde. „Vermutlich war der Mörtel bereits zu sehr getrocknet, oder ’verbrannt’ wie man in der Fachsprache sagt, und das Mosaik hat an einigen Stellen nie gut geklebt“, so der Restaurierungsexperte. 

Mit durchscheinendem Papier "kaschieren"

Da nach jetziger Beschlusslage das Rechenzentrum ohnehin Ende 2023 zugunsten des Kirchenschiffs der im Wiederaufbau befindlichen Garnisonkirche abgerissen werden soll, ist eine Restaurierung derzeit kaum denkbar. Was dann damit passiert, steht buchstäblich in den Sternen. Zumindest aber sollte es bis dahin weiterhin vollständig zu sehen sein, findet Hauff. Statt wie es die zuständige Sanierungsträgers Potsdam GmbH, eine hundertprozentige Tochter der kommunalen Pro Potsdam vorsieht, die beschädigten Teile zu verstecken, will der Wissenschaftler die betroffenen Flächen mit durchsichtigem sogenanntem Japanpapier überkleben oder fachlich genauer „kaschieren“, und darüber noch flexibles Kunststoffnetz legen.

Japanpapier sei ein handgeschöpftes, durchscheinendes Papier, das in der Restaurierung häufig zur Anwendung komme, so Hauff. Dass die Elemente dadurch weiter zu sehen seien, habe auch den Vorteil, dass sich die Schadensentwicklung besser überwachen lasse. Die Kosten für seine Idee sei vermutlich zudem etwas günstiger, als die der Stadt. Schließlich sei auch seitens des Sanierungsträgers eine sogenannte Kaschierung vorgesehen, bloß, dass eben davor noch eine Sichtblende geplant sei. 

Knapp 200 Mitglieder

Wie berichtet hat Hauff der Stadt seinen Vorschlag bereits unterbreitet. Daraufhin wurde zugesichert, dass man diesen sichte, prüfe und bis zu einer endgültigen Bewertung, „die geplante Maßnahme nicht umsetzen“ werde. Am gestrigen Freitag hieß es, das Gutachten werde noch immer geprüft, eine Entscheidung sei noch nicht absehbar.

Die Gesprächsbereitschaft des Sanierungsträgers findet FÜR-Vereinsvorsitzender Hermann Voesgen positiv. Mit Geschäftsführerin Sigrun Rabbe stehe er in gutem Kontakt. Für das eigentliche Ziel des Vereins ist die weitere Sichtbarkeit des eingetragenen Denkmals auch von strategischer Bedeutung. Schließlich wollen die inzwischen nach eigenen Angaben knapp 200 Mitglieder das Kunst- und Kreativhaus möglichst auch über das Jahr 2023 hinaus erhalten. Und ohne das Mosaik wäre der Bereich um das Rechenzentrum herum doch „ein sehr unwirtlicher Ort“, räumt Voesgen ein.
Die Chancen für den Erhalt des Gebäudes sieht er trotz des Beschlusses der Stadtverordneten bei 50:50. „Das als Ersatz geplante Künstlerquartier ist einfach keine Alternative“, so der Vereinschef. Was sich im Rechenzentrum an kultureller und sozialer Vielfalt entwickelt habe, lasse sich nicht so einfach umpflanzen. 

Kuriosität: Bilder vertauscht

Im Stadtbild besticht das sonst etwas nüchterne DDR-Funktionsgebäude von 1971 vor allem durch sein Mosaik. Die 18 Elemente zeigen unter anderem aufsteigende Düsenjäger, im All schwebende Kosmonauten und Ingenieure bei der Arbeit. Zudem weist die Bildergalerie noch eine Kuriosität auf: An der Westseite wurden bei der Endmontage offenbar einige Elemente falsch eingesetzt. Eigentlich sollte über drei Flächen hinweg ein angeschnittener Planet zu sehen sein. Die Bildteile sind jedoch vertauscht und verdreht.

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