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Die Baustelle des Garnisonkirchturms in der Breiten Straße
© Andreas Klaer

Ausstellungskonzept für Garnisonkirche: Kritische Aspekte dominieren

In einer dreiteiligen Dauerausstellung soll im Garnisonkirchturm die Geschichte des Ortes beleuchtet werden. Auch die Kontroverse um den Wiederaufbau soll eine Rolle spielen. 

Potsdam - In einer dreiteiligen Dauerausstellung unter dem Titel „Glaube, Macht und Militär“ soll im Garnisonkirchturm die Geschichte des Ortes beleuchtet werden. Am Freitag stellte die Wiederaufbaustiftung das lang erwartete Konzept vor. Dabei soll auch die Kontroverse um den Wiederaufbau eine Rolle spielen. Die Ausstellung soll zudem Grundlage für die Bildungsarbeit der Stiftung sein. Das Kuratorium der Stiftung habe dem Konzept einstimmig zugestimmt.

In der Ausstellung soll demnach die Entwicklung der Garnisonkirche von einer Militärkirche zu einem Sammlungsort demokratiefeindlicher Kräfte in der Weimarer Republik, der Bedeutung im Nationalsozialismus bis zur Sprengung des kriegsbeschädigten Turms in der DDR-Zeit beleuchtet werden, erklärte Kuratorin Maria Schultz am Freitag in der Baustelle des Turms. Wenn alles so umgesetzt wird, wie es auf 29 Seiten Konzept beschrieben wird, dürfte die Ausstellung bei Nostalgikern wenig Gefallen finden - kritische Aspekte dominieren.

Eine Million Euro Fördermittel beantragt

Die Ausstellung soll nach der geplanten Fertigstellung des Kirchturms Ende 2022 auf einer Fläche von 250 Quadratmetern in der vierten Etage eröffnet werden. Für die Kosten in Höhe von gut einer Million Euro seien Mittel beim Staatsministerium für Kultur und Medien sowie beim Verteidigungsministerium beantragt worden, sagte Kuratorin Schultz. Jeder der drei Räume widmet sich einem der drei Themenkomplexe Rekonstruktion und Original, Macht und Glaube sowie Krieg und Verantwortung. Dabei handelt es sich bisher um Arbeitstitel.

Maria Schultz, Kuratorin der Ausstellung, auf der Baustelle des Turmes der Garnisonkirche
Maria Schultz, Kuratorin der Ausstellung, auf der Baustelle des Turmes der Garnisonkirche
© Ottmar Winter PNN

"Es geht um die Frage: Wie konnte es dazu kommen, was folgte daraus und was heißt das für uns?“, erläuterte Schultz den Kern des Konzepts. Ziel der geplanten Dauerausstellung und der Bildungsarbeit insbesondere mit jungen Menschen sei es, in dem wiederaufgebauten Kirchturm einen „demokratie-, menschenrechts- und friedensorientierten Lern- und Bildungsort zu schaffen“.

Original und Wiederaufbau

Im ersten Raum sollen Objekte und Texte zur Diskussion um den Wiederaufbau seit 1991 gezeigt werden. "Die Ausstellung beleuchte unterschiedliche Standpunkte in der Kontroverse um den Wiederaufbau", heißt es im Konzept. Gezeigt werden solle auch eine sogenannte Ecktrophäe vom dritten Turmabsatz, die 1968 bei der Sprengung herabgestürzt war. Außerdem soll sich der Raum dem Kontext des Kirchenbaus im 18. Jahrhundert und seiner Rolle im Militärkirchenwesen widmen. "Die monarchisch forcierte Verknüpfung von preußischem Militär und protestantischer Kirche sei grundlegend für das weitere Verständnis der folgenden Ausstellungsthemen.

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Antidemokratischer Symbolort

Im nächsten, zentralen Ausstellungsraum geht es zum einen um die Nutzung des Gotteshauses als Ort militärischer Selbstvergewisserung und Verherrlichung der preußischen und deutschen Kriege. Themen dabei sind auch das Glaubensleben und die Grablege der beiden Preußenkönige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. 

Daran schließt sich die Rolle der Garnisonkirche als antidemokratischer Symbolort an. "Für das demokratische Preußen nach 1918 stand die Garnisonkirche gerade nicht", heißt es im Konzept.  Stattdessen soll die Ausstellung erläutern, wie sie als Ort für politische Kundgebungen und Bindeglied zwischen dem nationalistischen, republikfeindlichen Lager und der Reichswehr diente. Mit interaktiven und quellenkritischen Medienstationen soll auch der "Tag von Potsdam" -  als am 21. März 1933 Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Kirche die Hand reichte - und dessen Bedeutung auf dem Weg zur Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur beleuchtet werden

Krieg und Zerstörung

Im dritten Raum wird sich dem Anfang und Ende des Zweiten Weltkriegs gewidmet. Gezeigt werden Exponate aus dem Alltag der Wehrmachtspfarrer. "Die Garnisonkirche war keine Keimzelle des Widerstands gegen den Nationalsozialismus", heißt es im Konzept. Schließlich geht es am Ende der Ausstellung um die Sprengung des Turmstumpfes 1968. Die dahin führenden Entscheidungsprozesse im SED-Staat und die Rezeption der Sprengung sollen dargestellt werden.

Das Konzept wurde im künftigen zentralen Ausstellungsraum vorgestellt
Das Konzept wurde im künftigen zentralen Ausstellungsraum vorgestellt
© Ottmar Winter PNN

Als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung verteidigte der Historiker Professor Paul Nolte die Rekonstruktion des Kirchturms. „Die Spannungen und die Last der Geschichte werden in dieser historisch rekonstruierten Hülle deutlicher als etwa in einem modernen Glaskasten“, meinte er.

Gegner des Wiederaufbaus hatten der Stiftung in der Vergangenheit einen unkritischen Umgang mit der Geschichte des Ortes vorgeworfen. Ob sich das angesichts des nun vorgestellten Konzeptes ändert, muss sich noch zeigen. Bisher sieht es allerdings nicht so aus. In einem offenen Brief meldeten sich am Freitag knapp hundert internationale Wissenschaftler, Architekten, Künstler, Kirchenvertreter, Kulturschaffende und zivilgesellschaftlich Engagierte zu Wort. Dem angekündigten Lernort fehle es an allem: "An einem Konzept, an Ausstellungsfläche, an Personal, an Geld", hieß es. 

Rechenzentrum soll weichen

Das Wiederaufbauprojekt dürfte durch seine pure Existenz weiter als Streitthema taugen. Denn während die Kritiker fordern bei dem überwiegend aus Steuergeldern finanzierten Projekt keine weiteren Fakten zu schaffen, solange der von den Stadtverordneten beschlossene mehrstufige Diskussionsprozess zum Standort rund um den Turm läuft, stellt die Stiftung klar, dass sie sich in ihren Rechten keineswegs einschränken lassen will. 

Die baurechtliche Duldung des derzeit als Kreativhaus genutzten Rechenzentrums, das zum Teil auf dem Grundstück des Kirchenschiffs steht, laufe 2023 ab, sagte Kommunikationsvorstand Wieland Eschenburg den PNN. "Über den Gebäudeteil auf unserem Grundstück gibt es vertragliche Regelungen." In der anstehenden Diskussion gehe es zuerst um die inhaltliche Weiterentwicklung des Standorts nicht um bauliche Fragen.

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