Garnisonkirche am „Tag von Potsdam“: Zum Nutzen der Nazis umgedeutet
Am Mittwoch jährt sich der „Tag von Potsdam“ zum 85. Mal. Die Stiftung Garnisonkirche arbeitet an einem Konzept für den Umgang mit der NS-Geschichte.
Potsdam - Die Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche hat noch kein Konzept für den Umgang mit der NS-Geschichte und dem „Tag von Potsdam“ im geplanten Versöhnungszentrum. Das sagte Stiftungssprecherin Katharina Körting auf PNN-Anfrage. Aktuell sei ein Historiker damit beauftragt, die vor gut drei Jahren gestartete Online-Ausstellung zur Garnisonkirche um den Zeitraum 1918 bis 1945 zu erweitern und den Forschungsstand zu dem Thema aufzuarbeiten. Man hoffe auf ein Ergebnis im Sommer, so die Sprecherin. Bislang beschäftigt sich die Online-Ausstellung mit der DDR-Zeit bis zur Sprengung 1968.
Der „Tag von Potsdam“ spiele indes schon jetzt eine Rolle bei den Führungen in der Nagelkreuzkapelle, so die Sprecherin: „Das ist ein symbolischer Tag, der von Bedeutung war und bleibt.“ Nach dem Baustart für das geplante Versöhnungszentrum in der Hülle des Garnisonkirchenturmes rücke die wissenschaftliche Begleitung nun „in den konzeptionellen Mittelpunkt“. Auch für die Erstellung des Ausstellungskonzeptes werde man sich externe Begleitung holen. Aber es gibt noch viele offene Fragen. Unklar ist zum Beispiel auch die Personalausstattung für das Versöhnungszentrum.
Sabrow: Tag von Potsdam war keine Inszenierung der Nazis zum Schulterschluss mit preußischen Eliten
Am morgigen Mittwoch jährt sich der „Tag von Potsdam“, durch den die Garnisonkirche einen prominenten Platz in der NS-Geschichte bekam, zum 85. Mal. Am 21. März 1933 wurde nach der Reichstagswahl, aus der die NSDAP als Sieger hervorgegangen war, in der Garnisonkirche ein Staatsakt veranstaltet, bei dem Reichspräsident Paul von Hindenburg und Adolf Hitler vor den Reichstagsabgeordneten aufeinandertrafen. Zwei Tage später verabschiedete der Reichstag in Berlin das Ermächtigungsgesetz, das Hitler weitreichende Befugnisse gab und die NS-Diktatur begründete.
Dass der 21. März wie lange angenommen eine gezielte Inszenierung der Nazis zum demonstrativen Schulterschluss mit den preußischen Eliten war, hält Martin Sabrow, der Leiter des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF), für widerlegt. „Der Mann dieses Tages war nicht Hitler, sondern Hindenburg“, sagte Sabrow den PNN: „Der Tag von Potsdam ist aus Sicht der Nationalsozialisten eigentlich recht schiefgelaufen.“ Sabrow stützt diese Einschätzung unter anderem auf die Abwesenheit von Hitler und Goebbels bei den Auftaktveranstaltungen jenes 21. März in der Nikolaikirche und der katholischen Kirche St. Peter und Paul.
Am Ende konnten die Nazis Nutzen auch aus einer zunächst verunglückt wirkenden Veranstaltung ziehen
Hitler und Goebbels hätten zu der Zeit „in forcierter Radikalität“ Gräber getöteter SA-Männer in Berlin aufgesucht. Einem Versöhnungskonzept der revolutionären mit der reaktionären Rechten, als den Hitler den Potsdamer Staatsakt angeblich hatte inszenieren wollen, sei das geradewegs zuwidergelaufen. Das berühmte Foto mit dem Händedruck von Hitler und Hindenburg vor der Garnisonkirche sei den Nazis „vor allem peinlich“ gewesen, so Sabrow.
Allerdings habe sich in den Tagen danach gezeigt, „dass am Ende die Nazis den Nutzen auch aus einer zunächst verunglückt wirkenden Veranstaltung zogen – weil die Bewegung, die sie trug, ihre Stärke und Begeisterung nicht aus inszenierter Verführung zog, sondern aus einer nationalistischen Erlösungshoffnung“, sagt Sabrow. Schon 1934 wurden Gedenkmünzen für den „Tag von Potsdam“ geprägt, auf denen die Garnisonkirche abgebildet ist.
Das Foto vom Händedruck, das der US-amerikanische Journalist Theo Eisenhart für die New York Times anfertigte, sei indes erst nach 1945 zum Symbolbild für den „Tag von Potsdam“ geworden – weil auf dem Bild die an jenem Tag jubelnden Massen und alle damit verbundenen Fragen zu eigener Mitverantwortung oder Schuld ausgeblendet werden, so Sabrows These.
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