Verzögerung beim Bau der Tram: Krampnitz-Investor erwägt Drosselung
Die Deutsche Wohnen hat auf die Verzögerungen bei der Tram in Richtung Krampnitz reagiert. Und die Stadt Potsdam auf die Dauerkritik.
Potsdam - Angesichts der um mindestens vier Jahre verschobenen Fertigstellung der Tramlinie nach Krampnitz erwägt nun auch der dortige Hauptinvestor die Entwicklung des Stadtteils zu drosseln. Romy Mothes, Sprecherin des Wohnungskonzerns Deutsche Wohnen, sagte den PNN auf Anfrage, man befinde sich "in enger Abstimmung" mit dem kommunalen Entwicklungsträger Krampnitz und der Stadt: "Wir werden uns die Terminplanung unter den gegebenen, veränderten Bedingungen gemeinsam ansehen. Die Gespräche dazu laufen bereits." Unterdessen reagierte die Stadt auf die heftige Kritik an den Verzögerungen.
Deutsche Wohnen-Sprecherin Mothes sagte, bei einem so komplexen Vorhaben wie in Krampnitz bestünden viele Abhängigkeiten: "Die Entwicklungen rund um die Verkehrsanbindung, insbesondere die Tram, sind entscheidend für eine gute Wohnqualität vor Ort." Bisher hatte die Deutsche Wohnen, die dort 400 Millionen Euro investieren und 1400 Wohnungen schaffen will, damit gerechnet, dass die ersten Bewohner Ende 2022 einziehen. Der Konzern will dafür denkmalgeschützte Gebäude sanieren, setzt aber auch auf Neubauten.
Heftige Kritik aus der CDU
Allerdings hatte die Bauverwaltung jüngst die neuen Pläne für die Straßenbahntrasse in das autoarm geplante Viertel vorgelegt. Nun ist eine funktionierende Tramanbindung erst für Ende 2029 vorsehen, also vier Jahre später als eigentlich gedacht – vor allem wegen bisherigen Planungsmängeln. Das Gesamtprojekt wird bisher mit etwa 200 Millionen Euro für Trasse und neue Bahnen veranschlagt, der Förderanteil von Land und Bund ist noch unklar.
Zudem sind die Pläne aus diversen Gründen in die Kritik geraten. Heftige Kritik hatte es unter anderem aus der CDU an dem Umstand gegeben, dass die Straßenbahn nun direkt über die Bundesstraße 2 geführt wird – und die Bauverwaltung eine Unterführung, bei der der Autoverkehr nicht behindert wird, nun aus Kostengründen gestrichen hat. Doch die Verwaltung verteidigt die Planung.
Stadtsprecherin Christine Homann verwies zum Beispiel auf die schon bestehende Ampel an der Kreuzung der Bundes- und der Gellertstraße, die mit den einstigen Plänen für die Unterführung stärker betroffen gewesen wäre – diese war am Kreuzungsbereich geplant. Die neue Trassenführung schaffe laut der Sprecherin an der geplanten Tramhaltestelle Bassewitz ferner einen Zugang zu Krampnitz, ohne das die Bundesstraße 2 überquert werden muss. Zudem sei die gefundene Querung laut Homann auch kostengünstiger und benötige viel weniger Fläche, was einen geringeren Eingriff in Natur und Landschaft bedeute.
Fahrzeiten verlängern sich
Auch das von der Stadt im Vorlauf zu der Tramtrasse geplante Übergangskonzept mit Hilfe von Bussen hat schon für Unmut gesorgt. Die Stadtverordnete Tina Lange aus Fahrland kritisiert zum Beispiel, diese Pläne würden die anderen nördlichen Ortsteile teilweise schlechter als aktuell anbinden, weil diese Busse große Umwege durch Krampnitz nehmen sollen. "Da helfen auch geplante Express-Busse nicht, wenn die ebenfalls die Schlenker fahren", so Lange.
Stadtsprecherin Homann bestätigte, dass sich etwa durch die geplante Führung der Buslinie 609 durch Krampnitz die Fahrzeiten "um wenige Minuten verlängern". Im Gegenzug aber würden die Bürger aus Fahrland und Groß Glienicke eine Direktanbindung an jene Einrichtungen erhalten, die in Krampnitz entstehen – mit dem bis zum Start der Tram gedrosselten Wachstum des Stadtteils auf maximal 5000 Einwohner sollen gleichwohl vier Kitas, eine Grundschule, ein Einzelhandels- und Gewerbestandort sowie ein Park und ein Zugang zum Krampnitzsee entstehen. Die Stadtsprecherin sagte ferner, man wolle größere Busse wegen des höheren Fahrgastaufkommens einsetzen und den Fahrplan verdichten, "sodass insgesamt ein besseres Nahverkehrsangebot für den Norden entsteht". Zudem werde der Bahnhof Marquardt besser angebunden.
Für Besorgnis in den Ortsteilen hatte auch gesorgt, dass wegen des Baus der Trasse vermutlich über lange Zeit erhebliche Verkehrsbehinderungen an der Bundesstraße 2 zu erwarten sind.
Auch zum Klagerisiko äußerte sich die Stadt. Von einzelnen Eigentümern vor Ort hatte es bereits gegenüber den PNN geheißen, es werde "mit großer Sicherheit" Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren für den Trambau geben. So führt die Trasse an einigen Stellen sehr dicht an bestehenden Immobilien vorbei. Stadtsprecherin Homann sagte: "Jedem Betroffenen steht es frei, die ihm zustehenden rechtlichen Mittel in Anspruch zu nehmen." Man wolle das Verfahren mit "höchsten Ansprüchen" an die Rechtssicherheit durchführen, so Homann.
Über Alternativen nachdenken
Als Alternative hatten Anwohner wie die Stadtverordnete Lange auch gefordert, über ein vom restlichen Potsdamer Tramnetz abgekoppeltes Teilstück nachzudenken, etwa von Krampnitz bis zum Bahnhof Marquardt. Doch dem erteilte Rathaussprecherin Homann eine Absage, schon weil man für ein eigenständiges Netz eigene Betriebshof- und Werkstattkapazitäten vorhalten müsse. Zugleich sei die mögliche Nachfrage zu gering, auch mit Blick auf erhoffte Fördergelder.
Noch weiter geht der parteilose Ortsvorsteher aus Fahrland, Stefan Matz, der die dortige Bürgerinitiative für bessere Infrastruktur vertritt. Er verwies auf ein neu eingeführtes Straßenbahn-System in China, das ohne teure Schienen auskommt und mit dem man bis zu 300 Passagiere gleichzeitig transportieren kann. Aus Sicht der Stadt würde aber auch so ein System, wenn es nicht auf der viel befahrenen Bundesstraße 2 fahren solle, eine eigene Trasse benötigen, die für diesen Zweck geschaffen werden muss, wie Homann sagte. Zudem müssten Fahrgäste mit so einer Lösung am Campus Jungfernsee in die dort schon bestehende Tram umsteigen – dabei will die Stadt eben eine direkte Verbindung von Krampnitz in die Innenstadt schaffen. Matz hielt dagegen, mit einem solchen Extrasystem könne man auch Ortsteile wie Marquardt viel besser anbinden. Auch der Linken-Stadtverordnete Sascha Krämer hatte bereits Elektrobussen als Alternative empfohlen.
Stadt geht von veralteten Daten aus
Ortsvorsteher Matz äußert auch grundsätzliche Zweifel. So gehe die von der Stadt vorgelegte Verkehrswirkungsprognose von veralteten Daten aus, zudem werde sich mit der millionenschweren Tramtrasse nach dieser Vorausschau der Krampnitzer Quell- und Zielverkehr um gerade einmal 13,4 Prozent reduzieren.
Stadtsprecherin Homann sagte, tatsächlich sei als Bezugsgröße das Verkehrsnetz von 2015 gewählt worden. „Weiterführende Untersuchungen zur Verkehrsprognose für das Stadtgebiet erfolgen zum neuen Stadtentwicklungskonzept Verkehr, welche 2020 beginnen.“ Allerdings gehe es in der Analyse eben vor allem um die Auswirkungen von Krampnitz. Demnach würden mit Krampnitz in der höchsten Ausbaustufe von 10.000 Einwohnern rund 12.000 Autofahrten pro Tag im Quell- und Zielverkehr entstehen, zumal die gesamte Region dauerhaft weiterwächst. Durch die Tramtrasse könnten 1600 Fahrten im Potsdamer Norden reduziert werden.
Aus Sicht von Matz ist das zu wenig – und ein Grund mehr, bessere Alternativen für den Verkehr zu finden und für mehr Infrastruktur vor Ort zu sorgen, um zusätzliche Autofahrten und damit ein dauerhaftes Verkehrschaos zu vermeiden.
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