Tram-Anbindung nach Krampnitz: Ein neuer Termin und viele Unbekannte
Das Rathaus hat einen neuen Termin für den Start der Tramtrasse nach Krampnitz genannt: Ende 2029. Ob zehn Jahre reichen, ist ungewiss. Es gibt reichlich Konfliktpotential. Ein Überblick.
Potsdam - Das wichtigste Verkehrsprojekt für die wachsende Stadt Potsdam, der Ausbau der Straßenbahn in das geplante Viertel Krampnitz, wird spätestens Ende 2029 fertig sein. Das versprach Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag.
Die mehrjährige Verschiebung – bis Mai war noch vom Start der Bahn Ende 2025 ausgegangen worden – hat Folgen für den Stadtteil auf dem ehemaligen Kasernengelände, der nun nicht so schnell wachsen kann wie bisher erhofft. Zudem wurden erstmals die enormen Projektkosten offiziell bestätigt: Rund 200 Millionen Euro soll das gesamte Vorhaben kosten, inklusive sechs neuen Trams und einem neuen Betriebshof für diese Bahnen im Potsdamer Norden. Die PNN beantworten die wichtigsten Fragen.
Wo genau soll die Straßenbahn verlaufen?
Die künftige Linie 96 soll von Campus Jungfernsee bis Krampnitz-West rund 4,6 Kilometer lang sein, an dem Doppelgleis sind acht Haltestellen geplant. In einem weiteren Ausbauschritt würden bis 2033 weitere 2,6 Kilometer bis zur Regenbogenschule Fahrland verlegt.
Welche Projektprobleme sind absehbar?
Diverse. Ein Beispiel: An einem Neubau auf der Insel führt die Tram zum Beispiel direkt vorbei, quasi an der Haustür. Von der Stadt hieß es, die nötigen Abstandsregeln würden eingehalten, auch für die Oberleitungen der Tram. An der Stelle muss auch die Bundesstraße 2 ein wenig nach Westen verlegt werden, hieß es.
Ferner muss für die Trasse das denkmalgeschützte Chausseehaus an der Villa Adlon entweder umgesetzt oder abgerissen werden, ein denkmalrechtliches Verfahren dafür ist geplant, so Rubelt. Er betonte, man werde mit allen betroffenen Eigentümern vor Ort das Gespräch suchen: „Wir klären das Schritt für Schritt.“ Wie berichtet muss die Stadt rund 60 Grundstücke erwerben – sollten sich die Eigentümer weigern, könnten langwierige Gerichtsverfahren drohen.
Problematisch ist, dass die Trasse die Bundesstraße 2 nun direkt kreuzen muss – also die Autos dort auf die Tram warten werden müssen, wenn diese fährt. Um das zu vermeiden, hatte der ViP eine Unterführung für die Tram geplant. Das ist aus Kostengründen abgesagt, wie Rathausverkehrsplaner Norman Niehoff sagte. So hätte diese Lösung noch einmal acht Millionen Euro extra plus laufenden Unterhalt bedeutet. Damit verschiebt sich der Ort, wo die Trasse die Bundesstraße gequert wird: Bisher war dies an der Haltestelle Bassewitz geplant, nun soll die Tram im Osten von Krampnitz in das Viertel einbiegen. So könnten auch mehr Bäume erhalten werden, hieß es.
Auch geplant ist der Neubau zweier Trambrücken an, nördlich und südlich der Insel Neu Fahrland, in Abstand von rund fünf Meter von den bestehenden Auto- und Personenbrücken.
Werden die Bauarbeiten zu einem jahrelangen Verkehrschaos im Norden führen?
Mit Sicherheit wird es deutlich spürbare Verkehrsbehinderungen für Autofahrer geben – vor allem, weil wichtige Teile des Projekts an der viel befahrenen Bundesstraße 2 gebaut werden. So muss nach dem nötigen Planfeststellungsverfahren ab dem Jahr 2025 auch noch einmal die schon bis Ende 2017 errichtete Tramtrasse auf der Nedlitzer Straße – 400 Meter zwischen Georg-Hermann-Allee und Zum
Exerzierhaus – um ein zweites Gleis ergänzt werden. Während der damaligen Arbeiten war die Nedlitzer Straße zum Teil voll gesperrt, was über Monate hinweg zu Staus auf den Umleitungsstrecken und entsprechendem Unmut geführt hatte. Als dieser Teil der Tramtrasse geplant wurde, sei eben Krampnitz noch nicht so groß vorgesehen gewesen, versuchte Dezernent Rubelt zu erklären.
Auf der restlichen Strecke versuche man die Einschränkungen möglichst gering halten, versicherten die städtischen Verkehrsplaner unisono. Auf Einzelheiten legten sie sich aber nicht fest. Angesichts der Dimension des Projekts muss man – sollte einmal gebaut werden – aber mit drei bis vier Jahre währenden Problemen rechnen, gerade wegen der Straßenumbauarbeiten rund um Neu Fahrland.
Warum ist die Tramtrasse so teuer?
Weil neben dem Bau auch andere Kosten entstehen. So geht die Stadt von reinen Baukosten in Höhe von rund 128 Millionen Euro aus, die allerdings bis zu 75 Prozent gefördert werden könnten – nach dem Verkehrswegefinanzierungsgesetz. Die Planungskosten von 22 Millionen können damit aber nicht abgefangen werden. Ferner sind sechs zusätzliche Bahnen auf der Strecke á jeweils vier Millionen Euro nötig, plus ein neuer ViP-Betriebshof irgendwo bei Fahrland. Wo der genau entsteht, ist laut Stadt noch unklar.
Was bedeutet die Verschiebung für das geplante Stadtviertel?
Die Planungen müssen komplett neu angefasst werden. Sollten bisher in den nächsten zehn Jahren bis zu 10.000 Menschen nach Krampnitz ziehen, soll diese Zahl – solange die Tram nicht fährt – auf 5000 Personen gedeckelt werden, wie Rubelt eine Vorgabe von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bestätigte. So wird zunächst vor allem der Ostteil mit seinen Denkmalschutz-Bauten vom Privatinvestor Deutsche Wohnen AG entwickelt. Mit der Deckelung fällt zunächst auch geplante Infrastruktur weg, etwa die weiterführende Schule. Weiter im Plan sind eine Grundschule und vier Kitas sowie ein Einzelhandelsstandort. Für die Bewohner des möglichst autoarm geplanten Viertels soll es übergangsweise einen Busbetrieb in die Innenstadt geben, damit diese schneller fahren, ist auch eine kürzere Busspur auf der Bundesstraße 2 in Höhe des Stadtviertels vorgesehen. Gleichwohl dürfte die Verzögerung Folgen haben: Verkehrsforscher wie der Berliner Planer Siegmar Gumz hatten bereits gewarnt, die Idee des autoarmen Viertels lasse sich auch mit weniger Bewohnern nur mit der Tramtrasse umsetzen – sonst zögen eben doch Menschen mit Autos in das Viertel. Das aber will die Stadt nicht, auch um ein Dauerverkehrschaos im Norden zu vermeiden. Jedoch sagte Dezernent Rubelt, ohne Komplikationen könnte die Bahn vielleicht auch Ende 2027 fertig sein.
Woran liegt die Verschiebung?
Vor allem an der mangelhaften Planung bisher. Im Mai hatte Oberbürgermeister Schubert vor allem deswegen die Spitze der Verkehrsbetriebe (ViP) ausgetauscht, aber auch im Rathaus neue Projektstrukturen dafür angeordnet. So ist Dezernent Rubelt nun der hauptverantwortliche Planer.
Was ist noch geplant?
Die Tramtrasse ist nur ein Teil des Mobilitätskonzepts. Unter anderem sollen in den kommenden Jahren auch neue Radwege gebaut werden, etwa von Fahrland zum Bahnhof Marquardt oder entlang der neuen Tramtrasse, an der auch 270 Park-and-Ride-Plätze für Autofahrer eingerichtet werden sollen. Auch bis möglichst 2025 geplant ist ein Schnellweg von Krampnitz bis in das Bornstedter Feld – der entlang des Fahrländer Sees über eine noch zu errichtende Brücke über den Sacrow-Paretzer-Kanal geführt wird. Auch diverse Busspuren für den Norden wurden angekündigt, etwa auf der Potsdamer Straße zwischen Flora- und Amundsenstraße.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität