Ehemalige Kleingartenanlage: Kompromiss für Angergrund-Gärten gescheitert
Im Streit um das Areal der Kleingartenanlage Angergrund liegen die Positionen der Stadtverwaltung und des Investoren Tamax zu weit auseinander. Jetzt lässt es das Rathaus auf eine Kraftprobe ankommen.
Babelsberg - Die Kompromisssuche im Streit um die geräumte Kleingartenanlage Angergrund ist gescheitert. Das teilte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) am Mittwochabend im Hauptausschuss den Stadtverordneten mit. Grund: Die Vorstellungen der Stadtverwaltung und des Berliner Wohnungsbauinvestors Tamax, der die ihm gehörenden Gärten hat räumen lassen, liegen viel zu weit auseinander.
So hatten die Tamax und ihr Chef Kai-Uwe Tank nach einem den PNN vorliegenden Schreiben der Stadt jüngst ein „letztes Angebot“ gemacht: Sie baut 325 Wohnungen auf 30.000 Quadratmetern Geschossfläche und lässt daneben 7500 Quadratmeter Kleingartenflächen zu. Allerdings wären in den Häusern keine Sozialwohnungen mehr enthalten, auch will der Investor kein Geld nach dem Potsdamer Baulandmodell abführen – andere Bauherren müssen sich bekanntlich an der Finanzierung von Kita- und Schulplätze beteiligen. Man lasse doch immerhin einen Teil der Kleingärten stehen, erklärt die Tamax das Vorgehen. In einem früheren Angebot hatte der Investor noch 600 Wohnungen vor Ort offeriert, wovon 30 Prozent sozial gebunden gewesen wären.
Es drohen jahrelange juristische Auseinandersetzungen
Doch Rubelt wies dieses Angebot zurück. So habe die Stadt ihrerseits maximal eine Geschossfläche von 10.000 Quadratmetern als Kompromissfläche angeboten, das wären etwa 110 Wohnungen. Dazu habe man insgesamt 9000 Quadratmeter für Gartennutzungen vorgeschlagen. Ferner müsse die Stadt auch auf der Anwendung des besagten Baulandmodells bestehen, machte Rubelt deutlich. Daher könne er nur empfehlen, an dieser Stelle die Suche nach Kompromissen zu beenden und weiter mit der Bauleitplanung für den Angergrund fortzufahren.
Wie berichtet will die Stadt die Kleingartenanlage mittels eines Bebauungsplans festsetzen, gleichwohl besteht vor Ort auch jetzt schon für die Tamax als Eigentümerin der Flächen kein Baurecht. Insofern droht ein jahrelanges Patt samt juristischen Auseinandersetzungen. Allerdings sagte Rubelt auch, durch die Bauleitplanung der Stadt stünde möglicherweise irgendwann einmal der Verhandlungsweg offen – das Rathaus lässt es also auf eine Kraftprobe ankommen.
Kritik an Tamax
Unterstützung kam aus der Politik, die für das Gelände im März – nach der Räumung – schon eine Veränderungssperre beschlossen hatte. So sagte SPD-Chef David Kolesnyk, das aktuelle Schreiben der Tamax sei anmaßend und eine Zumutung. Tatsächlich hatte Tamax-Chef Tank nun ausgeführt, der angebotene Wohnungsbau schaffe demnach auch einen „deutlich höheren sozialen Nutzen als die Neuschaffung von ein paar Kleingärten zum Privatvergnügen weniger Familien“, heißt es in dem Schreiben an die Stadt unter Verweis auf den angespannten Wohnungsmarkt in Potsdam. Angesichts des nahen Parks Babelsberg mit seinen hervorragenden Erholungsmöglichkeiten sei es geradezu grotesk, dass sich die Stadt bisher der Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum an dieser Stelle verweigere – zumal damit auch weitere wirtschaftliche Effekte für die Stadt verbunden seien.
Der Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der die Kompromisssuche mit Tamax erst angeschoben hatte, äußerte sich zurückhaltender als Kolesnyk. Er bedaure die Lage sehr und er werbe für weitere Gespräche. Gleichwohl sei die Tamax-Offerte auch aus seiner Sicht nicht akzeptabel, so Scharfenberg. Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis sagte, man hätte sich gegenüber dem Investor von Anfang an kompromissbereiter zeigen sollen: Nun sei die Lage verfahren.
Dabei hatte vor den Ausführungen einer der Anlieger der betroffenen Kleingartensparte noch auf eine schnelle Lösung gedrängt. Nach 30.000 Euro Prozesskosten, die man im Kampf gegen die Tamax verloren habe, könne man mit einer Verkleinerung der Sparte durchaus noch leben, sagte er. Als einen Verantwortlichen nannte er auch den Kreisverband Potsdam der Garten- und Siedlerfreunde (VGS). Gegen diesen hatte die Tamax schon 2017 ein wegweisendes Gerichtsurteil erwirkt, dem zufolge der VGS nicht der Rechtsnachfolger des DDR-Kleingartenverbandes und damit auch nicht rechtmäßiger Zwischenpächter des Angergrunds ist – aus Sicht der Tamax ist dieses Geschäftsgebaren, auch anderswo in Potsdam, der eigentliche Skandal in dem Konflikt. Der Potsdamer VGS-Vorstand hat sich dazu auf PNN-Anfrage bisher nicht geäußert.
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