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Potsdams Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD).
© Ottmar Winter

Potsdam droht Rekorddefizit: Kämmerer lehnt Senkung der Kitagebühren ab

Wegen der Coronakrise brachen der Stadt Einnahmen weg, dazu kommen weitere millionenschwere Risiken. Die Gestaltungsspielräume für die Kommunalpolitiker schwinden.

Potsdam - Warnungen vor zusätzlichen Ausgaben für die Stadt Potsdam haben am Mittwochabend die Sitzung des Finanzausschusses der Stadtverordneten bestimmt. Unter anderem wandte sich Kämmerer Burkhard Exner (SPD) gegen von Eltern geforderte Entlastungen bei den Kindergarten-Gebühren - hier solle die Stadt die Grundstücks- und Gebäudekosten übernehmen und damit dem Kita-Gesetz entsprechen, appellierte der Vorsitzende des Kita-Elternbeirats, Robert Witzsche, in der Sitzung. 

Exner hielt dagegen: So ein Modell werde nach aktuellen Berechnungen rund drei Millionen Euro extra pro Jahr kosten - Geld, welches dann anderswo gespart werden müsste. „Wie soll das funktionieren?“

Ein Rekorddefizit droht - und viel besser wird es nicht

Wie gering der Spielraum ist, hatte Exner zu Beginn der Sitzung deutlich gemacht - und schwierige Haushaltsjahre prognostiziert, in denen sich die Stadt auf ihre Liquiditätsreserve von 194 Millionen Euro verlassen muss. So nimmt Potsdam allein in diesem Jahr mehr als 15 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen ein als vor der Coronakrise geplant. 

Das sei zwar eine leichte Erholung im Vergleich zu 2020, sagte Exner - doch auf die Werte von vor der Pandemie werde man wohl erst wieder 2024 kommen. Das Problem: Neue Rettungsschirme für Kommunen sind nicht in Sicht. So werde für 2022 ein Rekord-Minus von 33,5 Millionen Euro erwartet. Im Jahr darauf müsste die Stadt mehr als 16 Millionen Euro draufzahlen, in den Folgejahren geht Exner von einem Defizit von jeweils rund acht Millionen Euro aus.

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Trotz der schlechten Lage will das Rathaus geplante Großinvestitionen, gerade in neue Schulen oder einen moderneren Verwaltungscampus, „weiter durchtragen“, wie es Exner nannte. Gleichwohl müsse jede Ausgabe von der Kommunalaufsicht des Innenministeriums genehmigt werden. Verschmerzen müsse man zudem die Millionen-Mehrausgaben für die Tarifrückkehr des Klinikums „Ernst von Bergmann“ sowie eine Kostenexplosion bei den Hilfen zur Erziehung, so Exner. 

In den laufenden Haushaltsverhandlungen mit den Rathausbehörden habe man selbst das geplante Defizit von 33,5 Millionen für 2022 „noch lange nicht erreicht“, machte Exner die Schwierigkeiten beim Einsparen deutlich. Ab Ende des Jahres sollen die Stadtverordneten über den Etatplan beraten. Gleichwohl befinde sich Potsdam, im Vergleich zum Beispiel zu manchen hochverschuldeten Kommunen in Westdeutschland mit ebenfalls eingebrochenen Steuereinnahmen, noch in einer besseren Lage, machte der Kämmerer deutlich.

Noch ein Millionen-Risiko

Zugleich bestehe aber noch ein großes Risiko: Denn noch nicht eingepreist sei angesichts von Änderungen im kommunalen Finanzausgleich des Landes ab 2023 ein Verlust von bis zu 17 Millionen Euro pro Jahr. Hintergrund sei eine Reduzierung der sogenannten Einwohnerveredelung - durch die wachsende Städte bisher mit mehr Geld planen konnten. 

Hier drohe Potsdam zum Hauptverlierer in der märkischen Kommunalfamilie zu werden, warnte Exner: „Da werden wir noch kämpfen müssen.“ Auch weitere Kürzungen von Landesmitteln seien nicht auszuschließen, hieß es.

Neue Wünsche? Schwierig.

Und so wird es schwierig, neue Wünsche umzusetzen. So ging es auch um die von den Linken vorgeschlagenen Extraräume für Kunstwerke des Potsdam Museums, die entweder in einem Anbau oder angemietet im neuen Kunst- und Kreativquartier nahe der Garnisonkirche entstehen sollen. Hierzu machte der gerade erst von den Stadtverordneten ohne nennenswerten Widerstand für acht Jahre im Amt bestätigte Kämmerer klar, dass ihm generell die Vorstellung fehle, wie man so ein freiwilliges Kulturprojekt in der jetzigen Lage stemmen könne - zumal auch die Anmietung von Räumen beträchtliche Miethöhen bedeuten würden. Schließlich wurde der Prüfantrag zu dem Museum auf Wunsch der Linken-Fraktion für weitere Beratungen zurückgestellt.

Beschlossen wurde hingegen ein weiterer Prüfantrag der Grünen, wie die Anschaffung von Stecker-Solar-Geräten, sogenannte “Balkonkraftwerken”, durch Privathaushalte gefördert werden kann - was zum Beispiel in Freiburg mit 200 Euro unterstützt wird. Umweltamtschef Lars Schmäh sagte, so eine Förderung könne man in einem Fonds für Klimaschutzmaßnahmen einordnen - allerdings werde der im kommenden Jahr mit voraussichtlich nur 50.000 Euro nicht besonders üppig ausfallen. Was mit solchen freiwilligen Leistungen der Stadt passiert, sollte Potsdam weiter sparen müssen, blieb in der Sitzung offen.

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