Finanzlage in Potsdam: Trotz Haushaltsloch kein Sparplan
Die Pandemie reißt voraussichtlich ein 37-Millionen-Euro-Loch in Potsdams Stadtkasse. Doch die Rathausspitze will wie geplant investieren - mit Rücklagen und neuen Krediten.
Potsdam - Trotz massiver finanzieller Einbußen durch die Corona-Pandemie will die Stadt Potsdam versuchen, ohne große Sparrunden durch das kommende Jahr zu kommen. Gelingen soll das Dank Rücklagen aus besseren Zeiten - und durch neue Kredite in Millionenhöhe. "Unser Ziel ist es, die gültige Investitionsplanung fortzusetzen und das beschlossene Investitionsprogramm umzusetzen", sagte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Mittwoch vor der Presse. Im Vergleich zu anderen Städten sei man in einer komfortablen Situation, die auch der "disziplinierten Haushaltsführung der vergangenen Jahre" zu verdanken sei. So könne Potsdam es sich leisten, jetzt etwa bei freiwilligen Leistungen nicht den Rotstift anzusetzen.
Trotzdem, so machte Schubert deutlich, könne nicht jedes geplante Projekt "in Qualität oder im Zeitplan so bleiben" wie vor Corona geplant. Sprich: Bestimmte Bauvorhaben oder andere Pläne werden erst später realisiert, andere etwas abgespeckt. Welche genau das sein werden, muss noch festgelegt werden.
"Auf Sicht fahren"
Zudem soll es, anders als vorgesehen, keinen Doppelhaushalt für 2022/23 geben, sondern es soll lediglich für ein Jahr geplant werden. "Wir müssen jetzt auf Sicht fahren", sagte Oberbürgermeister Schubert. Man könne noch nicht absehen, wann die Pandemie zu Ende sei. Auch die jetzt vorgestellten Schätzungen stünden noch auf wackeligen Füßen - die Folgen des aktuellen Lockdowns auf die wirtschaftliche Lage sind noch nicht zu beziffern.
Man wolle die mittelfristige Planung des noch laufenden Doppelhaushalts 2020/21 "weitertragen". Das bedeutet, die Pläne sollen durch das Jahr 2022 gebracht werden und wenn klarer ist, wie groß die Löcher in der Stadtkasse wirklich sind, soll ein Doppelhaushalt 2023/24 aufgestellt werden. Ziel ist es, den Haushalt 2022 in den kommenden Monaten festzuklopfen und im November in die Stadtverordnetenversammlung einzubringen, damit er im Dezember beschlossen werden kann.
Die Folgen des Infektionsgeschehens und der damit verbundenen Lockdowns schlagen sich auf verschiedenen Ebenen in der Stadtkasse nieder, so viel ist bereits sicher. So rechnet Kämmerer Burkhard Exner (SPD) im Jahr 2022 mit 19,5 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen als veranschlagt. Vor allem die Gewerbesteuer werde einbrechen. Zusätzlich geht er davon aus, dass die sogenannten Schlüsselzuweisungen - Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich des Landes - um 17,5 Millionen Euro geringer ausfallen werden. Das liegt daran, dass die Steuerkompensation, die Bund und Land 2020 gezahlt haben, um die Einbrüche bei den Steuereinnahmen der Kommunen teilweise auszugleichen - immerhin 31,8 Millionen Euro - nun bei der Berechnung der Steuerkraft mit einbezogen werden. Zudem sind mehrere Veränderungen bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen geplant. "Ein Kassensturz ergibt für 2022 einen Verlust in Höhe von 37 Millionen Euro gemessen an den bisherigen Annahmen", erläuterte Exner.
Keine neuen freiwilligen Ausgaben
Viele Kommunen reagieren nun mit Einschnitten insbesondere bei freiwilligen Angeboten etwa im Bereich Kultur und Sport, bei Wirtschaftsförderung oder sozialen Angeboten. Potsdam hingegen wolle diesen Weg nicht gehen, sondern an seinen Plänen festhalten. Aber: "Neue freiwillige Ausgaben werden nur sehr bedingt oder gar nicht möglich sein", so Exner. Schließlich könne jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Auch werde es vorerst keine zusätzlichen Stellen in der Verwaltung geben. Jene über Jahre durch Überschüsse aufgebaute Rücklagen, die nun verwendet werden, um Lücken zu schließen, könnten nicht für neue Projekte verwendet werden.
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Er werde außerdem, so kündigte der Finanzbeigeordnete an, ein "freiwilliges Konsolidierungsprogramm" auflegen. Das sei notwendig, heißt es in der Vorlage für die Stadtverordneten, um "der gesetzlichen Pflicht nach einem ausgeglichenen Haushalt nachzukommen beziehungsweise dem wenigstens nahezukommen".
Im Finanzausschuss am Mittwochabend, in dem Exner die Pläne und Berechnungen ebenfalls vorstellte, stieß der Vorschlag eines Einjahreshaushalts 2022 auf Zustimmung. Keiner der Stadtverordneten stellte dieses Vorhaben in Frage. Es wurde deutlich, dass quer durch die Fraktionen mit einer sehr schwierigen Haushaltslage aufgrund der Pandemie gerechnet wird. Günter Anger (CDU) forderte dazu auf, all jene Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen, die keine Pflichtausgaben sind, um die Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten.
Stresstest für die Stadt
"Die aktuelle Krise ist deshalb auch ein Stresstest für unsere Strategiefähigkeit als Landeshauptstadt Potsdam", so der Oberbürgermeister. Es werde darum gehen, das Geld sinnvoll auszugeben. Zugleich sei man aber auch "auf kluge Entscheidungen von Land und Bund angewiesen", sagte Schubert. "Wir schauen mit Sorge auf die mögliche Neupriorisierung auf Landes- und Bundesebene und hoffen sehr, dass für Potsdam wichtige Themen wie Kultur und Wissenschaft nicht hinten runterfallen." Denn das könne die Stadt nicht allein kompensieren.
Sandra Calvez
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