Wetterbilanz für Potsdam 2020: Kalt und weiß ist eine Seltenheit
Elf von zwölf Monaten waren 2020 in Potsdam zu warm. Im dritten Jahr in Folge fehlte Niederschlag, was drastische Folgen für die Schlossparks hat. Auf mehr Starkregen will die Stadt künftig besser vorbereitet sein.
Es schneit! Fast schon ein Jahrzehnt-Ereignis, das Potsdam da an diesem ersten Sonntag im Jahr 2021 erfreute. Für manch Grundschulkind war es der erste Schnee, der zumindest eine Weile liegen blieb. Denn Schnee hatte in den vergangenen Wintern Seltenheitswert in Potsdam – eine Folge des vielfach wissenschaftlich bestätigten menschgemachten Klimawandels.
Auch in Potsdam zeigt er sich messbar: In elf von zwölf Monaten im vergangenen Jahr war es in Potsdam wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Das zeigen Daten des Portals Wetterkontor.de. Zuvor hatten auch Wissenschaftler des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) diesen Trend bestätigt.
Das vergangene Jahr war eines der fünf wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1893, ungefähr auf einer Stufe mit 2018 und 2019. Demnach fiel nur der Mai mit 12,7 Grad etwas kühler aus als die Durchschnittstemperatur des Monats in den Jahren zwischen 1961 und 1990; allerdings lag der Wert 2020 auch nur 0,7 Grad unter dem Langzeitwert. Dagegen war der Februar mit einen Plus von 5,3 Grad deutlich wärmer als der Vergleichszeitraum, der August kam auf ein Plus von 4,2 Grad. Der Dezember kommt auf eine Abweichung von plus 2,2 Grad. Mit einer mittleren Temperatur von 10,4 Grad Celsius war 2020 auch in der gesamten Republik das zweitwärmste Jahr seit Beginn flächendeckender Wetteraufzeichnungen 1881, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) zuletzt mitteilte.
Wenig besser sieht es bei den seit Jahren sinkenden Niederschlagsmengen aus. So fielen allein im Dezember 2020 nur 36 Prozent des Niederschlags, der durchschnittlich im letzten Monat des Jahres im Zeitraum von 1961 bis 1990 gemessen worden ist. Schnee blieb dabei wie in vergangenen Jahren ebenfalls Mangelware, die letzte wirklich weiße Weihnacht erlebte Potsdam vor zehn Jahren.
Auch im November wurden im Vergleich zum Monatsdurchschnitt von 1961 bis 1990 nur 40 Prozent des Niederschlags erreicht. Im gesamten Frühjahr fiel in Potsdam sogar nur 55 Prozent der sonst üblichen Menge - dafür verzeichneten die Meteorologen eine überdurchschnittliche Sonnenscheindauer von allein 188 Prozent im April.
Gleichwohl sei die Trockenheit ungewöhnlich, hatte Experten des PIK bereits den PNN bestätigt – und sie werde durch die zunehmende Verdunstung im Zuge höherer Temperaturen noch verschärft. Gerade Bäume würden zunehmend leiden, aber auch Seen, die sich nur aus den Grundwasserständen speisen.
"2020 sind uns die Buchen weggestorben"
Erst vor wenigen Tagen hatte der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in einem Interview erklärt, wie groß das Problem für die Welterbeparks der Stadt ist. „2020 sind uns großflächig die Buchen weggestorben, das hat dramatische Ausmaße angenommen.“ Die Stiftung habe erneut Bäume im vierstelligen Bereich verloren. „Der Klimawandel hat sich mit einer Geschwindigkeit verschärft, mit der fast niemand so richtig gerechnet hat“, sagte Vogtherr. Das dritte sehr trockene Jahr in Folge „erwischt uns in den Parks besonders“, das beschäftige die Stiftung derzeit am meisten.
Probleme gebe es vor allem in hoch liegenden, trockenen und sehr sandigen Gebieten, „zum Beispiel im Park Babelsberg, der der Natur ja regelrecht abgetrotzt wurde“. Man überlege nun, was am Bewässerungssystem geändert werden könne. Es gebe Forschungsprojekte, zum Beispiel zur Frage der Veränderung der Böden, damit sie mehr Wasser speichern können. „Am Ruinenberg probieren wir aus, wie die Regeneration problematischer Bereiche aussehen könnte, dafür sind Teile dort jetzt abgesperrt.“ Mit den anderen deutschen Schlösserverwaltungen sei ein Projekt entwickelt worden, mit dem bundesweit mehr Daten über die Folgen des Klimawandels und die Folgen für die Parks und Gärten gesammelt werden könnten. „Wir hoffen, dass das jetzt auch gefördert wird.“
128 Liter Wasser pro Person
Auf die Trinkwassersicherheit für die Potsdamer hat der Klimawandel aber noch keinen Einfluss – zumindest versichert das die Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam (EWP). „Der Wasserbedarf kann durch uns gedeckt werden, die landesweit fallenden Grundwasserstände haben keine Auswirkung auf die Wassergewinnung“, sagte ein EWP-Sprecher auf PNN-Anfrage. Der tägliche Durchschnittsbedarf im Versorgungsgebiet der EWP liege bei rund 27 500 Kubikmetern – dabei haben die Einwohner den Angaben nach pro Person im Jahr 2010 noch 116 Liter verbraucht, heute seien es 128 Liter. Beim Wasserbedarf eines Tages liegt der Rekord in der Region bei 46 400 Kubikmetern.
Ob es Engpässe geben könnte, hänge im Sommer gerade von der Witterung und dem Verbraucherverhalten ab, so der Sprecher. Der hohe Wasserbedarf im Sommer entstehe in erster Linie durch die Bewässerung von Gärten, weniger durch Pools – „denn wenn die einmal gefüllt sind, bedeuten sie wenig Belastung in Spitzenzeiten“. Die technischen Kapazitäten der fünf Wasserwerke in der Region würden dem steigenden Wasserbedarf angepasst, hieß es weiter.
Und auch auf zunehmende Starkregenfälle hat man reagiert, so der Sprecher: Im Zuge der EWP-Wasserstrategie bis 2035 habe man beispielsweise vor zwei Jahren einen Wasserstauraumkanal in der Zimmerstraße gebaut, „der in diesem Bereich für Entlastung sorgt“. Für die Verbesserung der Situation in der Zeppelinstraße, die bei Starkregen an bestimmten Stellen stets überflutet wird, prüft die EWP den Bau eines Rückhaltebeckens Am Kiewitt für rund fünf Millionen Euro. Dessen Errichtung beginnt aber frühestens 2023. Es handelt sich um eine unterirdische Anlage mit einem Fassungsvermögen von rund 3200 Kubikmetern. Tatsächlich waren eben auch zwei Monate besonders nass: Im Februar und im Oktober fiel mit rund 70 und knapp 90 Litern pro Quadratmeter etwa das Doppelte der zwischen 1961 und 1990 üblichen Regenwassermenge.
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