Klimawandel-Folgen für Potsdam: Die Seen schrumpfen - und 2020 war wieder zu warm
Dieses Jahr war es wieder zu warm und zu trocken, wie Wetterdaten zeigen. Der Klimawandel hat Folgen.
Viel zu warm, zu wenig Regen, fallende Grundwasserstände: Im zurückliegenden Jahr hat die Stadt Potsdam die Folgen des menschengemachten Klimawandels einmal mehr zu spüren bekommen. Das zeigen aktuelle Auswertungen und Einschätzungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Pik), die den PNN auf Anfrage vorliegen.
In der Top 5 der wärmsten Jahre
So sagte Pik-Meteorologe Peter Hoffmann, der aktuelle Jahresdurchschnittswert der Temperatur liege bei 11,7 Grad. Einige kühle Tage könnten diesen Wert noch drücken. „Doch mit dem Jahresabschluss werden wir sehr wahrscheinlich unter den Top fünf der bisher wärmsten Jahre landen.“ Zum Vergleich: Die bislang wärmsten Jahre in Potsdam, seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1893, waren laut Pik 2018 und 2019 mit jeweils 11,3 Grad. Hoffmann sagte, als einziger Monat in diesem Jahr sei der Mai kühler als im langjährigen Durchschnitt ausgefallen.
Außerdem regnete es zu wenig. „Bislang fielen im Jahr 2020 knapp 480 Liter Regen pro Quadratmeter“, rechnete Hoffmann vor. Das seien hundert Liter weniger als im Mittel zwischen 1961 und 1990 und auch 60 Liter weniger als im vergangenen Jahr. Damit bleibe die schon in den vergangenen Jahren zu beobachtende ungewöhnliche Trockenheit in den tieferen Bodenschichten bestehen.
Der Wasserstand des Groß Glienicker Sees sinkt
Das alles hat Folgen für die Natur, gerade auch für die Seen. So antwortete die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt jüngst auf SPD-Anfragen zum sinkenden Wasserstand im Groß Glienicker See, an dessen Berliner Ostufer habe sich bereits die „Uferlinie verschoben“, es seien „Verlandungsbereiche“ entstanden. Demnach sank der Wasserstand zwischen 1980 mit 31,62 Metern auf zuletzt noch 30,03 Meter. Das Problem: Ehemalige Zuflüsse sind aktuell ausgetrocknet, die Tiefe des Sees sei daher nun „in hohem Maße von der Grundwasserneubildung abhängig“. Und hier spielt laut der Berliner Senatsverwaltung der Klimawandel mit seinen regionalen Auswirkungen eine besondere Rolle.
Denn seit den 1950er Jahren habe laut aktuellen Analysen der Wetterstation Potsdam „die Grundwasserneubildung um rund 25 Prozent abgenommen“, so die Umweltbehörde. So seien zwar die Niederschläge relativ konstanz geblieben, jedoch sei ein „deutlicher Anstieg der Jahresmitteltemperatur“ zu verzeichnen. Dies bedeute mehr Verdunstung. „Bei gleichbleibenden Niederschlägen führt eine erhöhte Verdunstung zu einer Abnahme der Grundwasserneubildung“, so die Behörde. Das Ergebnis sei ein sinkender Wasserspiegel, der „an vielen Seen in Nordostdeutschland zu beobachten“ ist, hieß es weiter. Verschärft würde das Problem durch die relative Trockenheit der vergangenen Jahre. Aus der Umweltverwaltung im Potsdamer Rathaus hieß es, man verfolge „die Schnelligkeit der sinkenden Oberflächen- und Grundwasserpegel aufgrund der Klimaveränderungen grundsätzlich mit Sorge“.
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Auch der Pik-Arbeitsgruppenleiter für hydroklimatische Risiken, Fred Hattermann, beobachtet die fallenden Grundwasserstände. „Einige Pegel in Brandenburg zeigten dieses Jahr sogar Negativrekorde“. Für eine Trendwende wären „eine ganze Reihe von feuchten Jahren notwendig.“ Meteorologe Hoffmann ergänzte, intensivere Regenmengen könne es bei bestimmten Großwetterlagen durchaus noch geben. „Aber genau das ist das Problem: Globale Veränderungen in den Wettersystemen führen zu neuen Regeln in der jahreszeitlichen Verteilung von Regenmengen.“ Und: Wenn die Winterniederschläge immer häufiger das Regendefizit im Sommerhalbjahr nicht ausgleichen könnten, „dann wächst die Knappheit des wohl kostbarsten Gutes.“
Die Düsteren Teiche sind trocken
In Potsdam lässt sich das nicht nur am Groß Glienicker See beobachten. So haben sich die in einem Landschaftsschutzgebiet liegenden Düsteren Teiche zwischen Bornim und Golm, die im Sommer schon mehrfach trocken gefallen waren, in diesem Winter noch nicht erholt, wie ein PNN-Besuch vor Ort zeigte – dort ist kein Wasser mehr zu sehen. Auch dem Kindermannsee im Park Babelsberg, der vom Grundwasser gespeist wird und der in vergangenen Sommern schon trocken fiel, ist der Zuflussmangel anzusehen.
Die stärkere Verdunstung aufgrund der höheren Temperaturen habe noch weitere negative Effekte für die Natur, so der Pik-Experte Hattermann: „Der Wasserstress für die Pflanzen wird größer.“ Der Winter als die Periode des Jahres, in der sich eigentlich Boden- und Grundwasserspeicher wieder auffüllen, werde kürzer. „Die Vegetation entwickelt sich früher im Jahr und hat deswegen einen über das Jahr gesehenen höheren Wasserbedarf.“
Probleme auf dem Ruinenberg
Die für die Welterbeparks zuständige Schlösserstiftung hat mit genau solchen Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Die aktuellste Meldung in dem Zusammenhang betrifft den zwischen 1841 und 1845 von Gartenmeister Peter Joseph Lenné gestalteten Ruinenberg. Doch in den sommerlichen Dürren seit 2018 trockneten auf der sandigen Kuppe zahlreiche Baumkronen ein, teilte die Stiftung jetzt mit: „Schaderreger schwächten die Gehölze zusätzlich, viele Altbäume starben ab und mussten entfernt werden.“ Vorrangig betroffen seien Buchen- und Eichenbestände. „Es ist davon auszugehen, dass sich die Dramatik des Baumsterbens unter den sich verändernden Klimabedingungen fortsetzen wird.“
Sich häufender Starkregen spült auch Humus aus dem Boden, so die Stiftung. Um einer drohenden Verödung des Bergs entgegenzuwirken, hat die Stiftung im Herbst sechs Gehölzflächen zeitweise eingezäunt, wie sie mitteilte – als Versuchslabor unter freiem Himmel. Dabei würden unterschiedliche Herangehensweisen für die Stabilisierung des Baumbestandes erprobt: So werde an einer Stelle Totholz nicht entfernt, sondern zur Humusanreicherung liegengelassen. Zum Schutz dürften Besucher die eingezäunten Bereiche nicht betreten, so die Stiftung.
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