Untreue-Verdacht bei den Stadtwerken Potsdam: Jakobs rückt sich selbst in Zentrum des Stadtwerke-Skandals
Im Skandal bei den Potsdamer Stadtwerken um üppige, aber rechtswidrige Vergütungen für eine Mitarbeiterin steht nun fest: Es geht um fast eine halbe Million Euro aus den Gebühren und Beiträgen der Potsdamer. Oberbürgermeister Jakos schaltet sich ein - und macht sich den Komplex ohne Not zu eigen.
Potsdam - In dem neuen, von den PNN aufgedeckten Skandal bei den Potsdamer Stadtwerken (SWP) um extrem hohe Vergütungen für eine enge Vertraute von Ex-Chef Peter Paffhausen, Untreueverdacht und Ungereimtheiten bei Vergaben durch den Stadtentsorger Step hat sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ein- geschaltet. Er könne bei der Sozialbeigeordneten Elona Müller-Preinesberger (partei- los) in ihrer Funktion als Aufsichtsratschefin bei den Stadtwerke-Töchtern Step und Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) keine Versäumnisse erkennen, sagte Jakobs am Dienstag – und rückt sich damit selbst ins Zentrum des Skandals.
Es geht um die Entlastung von EWP-Chef Neumann - trotz Verfehlungen
Wie berichtet hatte der Aufsichtsrat der EWP am vergangenen Freitag den bisherigen EWP-Geschäftsführer Holger Neumann – trotz eines von Anwälten im Auftrag der Stadtwerke festgestellten Untreueverdachts in seiner früheren Funktion als Step-Chef – entlastet. Zudem wurde entschieden, dass ihm nicht gekündigt wird, sondern er bei vollem Salär bis 2017 freigestellt ist. Eine Woche zuvor, am 27. Mai, hatte der Step-Aufsichtsrat Neumanns Entlastung wegen der Untreuevorwürfe abgelehnt. Müller-Preinesberger hatte nur den Step-Aufsichtsrat über die auf den 25. Mai datierten Prüfberichte zweier Anwaltskanzleien informiert, nicht aber den EWP-Aufsichtsrat.
Statt eine PNN-Anfrage zu beantworten, gab es eine Pressemitteilung
Jakobs erklärte nun, er selbst sei „über den jeweiligen Sachstand genauestens informiert worden“. Müller-Preinesberger habe jeweils anlassbezogen und auf Grundlage des aktuellen Kenntnisstandes alles Notwendige unternommen, den Sachverhalt aufzuklären. Einen Fragenkatalog der PNN dazu ließ das Rathaus am Dienstag unbeantwortet und verschickte stattdessen eine Pressemitteilung.
Anwälte im Stadtwerke-Auftrag stellten einen Untreueverdacht fest
Dabei hatten die Kanzleien in ihren Zwischenprüfberichten „zahlreiche Anhaltspunkte" dafür festgestellt, dass sich Neumann „wegen Untreue zum Nachteil der Step strafbar gemacht“ habe. Und die Anwälte stellten klar, dass Neumanns Verfehlungen auch auf seine Tätigkeit als EWP-Chef durchschlagen und er sich einer Pflichtverletzung als EWP-Chef schuldig gemacht haben könnte. An mehreren Stellen wiesen die Kanzleien in ihren Berichten darauf hin, dass Neumann als EWP-Chef gerade nicht entlastet werden sollte.
Jakobs verteidigt Aufsichtsratschefin Müller-Preinesberger
Doch Müller-Preinesberger hielt es offenbar nicht für nötig, den EWP-Aufsichtsrat zu informieren – weil es ja keine Beanstandungen bei der EWP gegen Neumann gegeben habe. Diese Darstellung macht sich Jakobs nun, trotz der Warnungen der Anwälte, zu eigen. Brisant daran ist, dass nach den Feststellungen der Kanzleien die Frist für eine außerordentliche, fristlose Kündigung Neumanns bei der EWP am heutigen Mittwoch abläuft. Am Dienstagabend kam der Aufsichtsrat der Stadtwerke zu einer Sondersitzung zusammen.
Keine Antwort auf die Frage: Warum keine Strafanzeige?
Jakobs und Müller-Preinesberger ließen am Dienstag die Frage unbeantwortet, warum gegen Neumann keine Strafanzeige erstattet wurde. Wie berichtet will die Staatsanwaltschaft Potsdam die Bericht der Kanzleien jetzt im Rathaus und bei den Stadtwerken anfordern.
Fast eine halbe Million Euro rechtswidrig für eine Paffhausen-Vertraute
Hintergrund des Skandals ist die jahrelange Beschäftigung einer Vertrauten von Ex-Stadtwerke Chef Paffhausen zu üppigen Konditionen – aus den Abgaben und Gebühren der Potsdamer Bürger. Das Gehalt der Mitarbeiterin Petra V., die zudem mit Prokura ausgestattet wurde, ist über die Jahre auf mehr als 150 000 Euro pro Jahr fast verdreifacht und mit zahlreichen Zulagen aufgestockt worden – ohne die nötige Erlaubnis und an den zuständigen Gremien vorbei. In einem anderen Gutachten haben die Potsdamer Wirtschaftsprüfer Beeh & Happich als Gesamtschaden eine Summe von 476 091 Euro errechnet. Diese Summe soll Petra V. über Jahre nach Ansicht der Juristen widerrechtlich zugeschoben worden sein. Der einzige frühere kaufmännische Geschäftsführer der Step, der für den Schaden noch zur Verantwortung gezogen werden kann, ist: Holger Neumann. Denn Untreue verjährt nach fünf Jahren.
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