Haushalt Potsdam: Mehr Geld für Kitas, Schüler und Kultur
Mehr Geld für Schulessen und Kitabetreuung: Bei den Verhandlungen um den Potsdamer Stadthaushalt zeichnet ein Konsens ab - und ein Verlierer. Eine Analyse.
Potsdam - Bei den vor dem Abschluss stehenden Haushaltsverhandlungen könnte es auf eine seltene rot-rot-schwarze Mehrheit hinauslaufen. Nach PNN-Informationen hat sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in Gesprächen mit führenden Fraktionsvertretern bereits die Zustimmung seiner Sozialdemokraten, der Linken und der Union in Aussicht stellen lassen – und im Gegenzug über Forderungen in Bereichen wie Schuldenabbau, Kultur und Kita-Betreuung verhandelt. Details zu den Forderungen der drei Fraktionen und den entsprechenden Anträgen finden sich in einer Zusammenstellung aus dem Rathaus, die den PNN vorliegt. Ein Teil davon scheint nach PNN durchsetzbar.
So könnte speziell die CDU/ANW gemeinsam mit der SPD erreichen, dass mögliche Mehreinnahmen für 2017 in Höhe von rund zehn Millionen Euro vollständig an den Kommunalen Immobilienservice (Kis) überwiesen werden. Wie berichtet sollen die Schulden des Kis, der die dringend nötigen neuen Schulen in Potsdam baut, wegen des Investitionsprogramms in den kommenden Jahren von jetzt 230 Millionen Euro auf fast 390 Millionen im Jahr 2019 steigen. Mit den Millionen-Mehreinnahmen, die aus zusätzlichen Schlüsselzuweisungen des Landes stammen, könnte der städtische Eigenbetrieb nun weniger Kredite aufnehmen. Damit bleibe die Stadt langfristig handlungsfähiger, argumentieren SPD und CDU.
Mehr Geld für Kita-Betreuung
Trotz des Sparkurses können auch Herzensanliegen der Linken – in abgeschwächter Form – berücksichtigt werden. Dafür sichert sich Jakobs Stimmen der größten Oppositionsfraktion. Vor allem geht es um die in den vergangenen Jahren immer heftiger kritisierte Betreuungsqualität in den rund 120 Potsdamer Kitas. Für diese hatten die Linken noch vor einem Monat 4,5 Millionen Euro pro Jahr mehr aus dem städtischen Haushalt gefordert, was für rund 160 zusätzliche Erzieher reichen würde. Zudem solle die Stadt das Geld notfalls gerichtlich vom Land einfordern, so die Fraktion damals. Vergangene Woche hatte die Linke die Forderung auf eine Million Euro pro Jahr reduziert. Man wolle damit die Verhandlungsposition des Rathauses gegenüber dem Land stärken, hieß es zur Begründung. Laut dem Antrag für die Haushaltsverhandlungen soll das Geld ab dem Kitajahr 2018/2019 fließen – egal, ob man sich mit dem Land einigt oder nicht. Zu diesem Punkt hat das Rathaus nach PNN-Informationen bereits Zustimmung signalisiert – auch weil sonst die Linke dem Haushalt nicht zustimmen würde.
Mit solchen Positionierungen gehen die Fraktionen nun in dieser Woche in die entscheidenden Verhandlungen und Ausschusssitzungen, bevor der Haushalt dann am 1. März im Stadtparlament beschlossen werden soll. Auffällig ist, dass bis zuletzt kaum öffentlich über den Etat gestritten wurde. Man sei optimistisch, dass der Haushalt verabschiedet werden könne, hieß es von Vertretern aus SPD, CDU/ANW und Linken unisono.
Das war nicht zwingend zu erwarten: Dieses Jahr sind die Vorzeichen bei der Haushaltsdebatte deutlich anders, nachdem die Grünen im vergangenen Dezember die bis dato reagierende Rathauskooperation mit SPD und CDU/ANW als beendet erklärt haben – weil der Grünen-Kandidat für das Amt des Baudezernenten im Stadtparlament dreimal in geheimer Wahl scheiterte und die Grünen sich von ihren bisherigen Partnern verraten fühlten (PNN berichteten). Damit muss sich Oberbürgermeister Jakobs erstmals seit vielen Jahren neue Mehrheiten suchen – und setzt mit SPD, Linken und CDU/ANW nun auf die drei größten Fraktionen im Stadtparlament. Jahrelang hatte die Linke ein solches Modell der wechselnden Mehrheiten als Gegenentwurf zur Rathauskooperation propagiert.
47.000 Euro für die Aufstellung der DDR-Plastik „Transparente Weltkugel“ am Marktcenter
Auch damit seien stabile Verhältnisse möglich, versicherte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg mehrfach. Daher ist er nun auch zu Kompromissbereitschaft gezwungen, damit der Haushalt nicht scheitert und Potsdam – wie in den 2000ern mehrfach geschehen – an den Rand der Unregierbarkeit gerät. Zugleich kommt das Rathaus den Linken entgegen: Als mehrheitsfähig gilt etwa ihr Antrag, dass die Stadt rund 47 000 Euro für die Aufstellung der lange Jahre eingemotteten DDR-Plastik „Transparente Weltkugel“ am Marktcenter ausgibt – den Rest will die Partei mit Spenden finanzieren. Auch im Sozialbereich gibt es Geschenke: Schon ab dem September soll ein kostenloses Frühstück für sozial benachteiligte Schüler eingeführt werden. Für das Modellprojekt wollen SPD, CDU/ANW und eben die Linke 50.000 Euro im Haushalt einplanen. Genauso teuer wäre eine weitere Langzeitforderung der Linken: das kostenlose Mittagessen für alle bedürftigen Schulkinder, das bisher einen Euro kostet und nur auf Antrag gratis ist – was aus Sicht der Linken diskriminierend ist. Ob dieser Punkt eine Mehrheit findet, ist angesichts der zuletzt ablehnenden Haltung von SPD und CDU/ANW unklar. Wie in der Kita-Frage könnte der Haushalt bei diesem Thema doch noch scheitern, haben führende Linke-Vertreter zuletzt intern deutlich gemacht. Andere Punkte sind unkritischer: Kaum eine Chance auf Zustimmung hat etwa die selbst innerhalb der Linken umstrittene Forderung, 50.000 Euro für Planungskosten auszugeben, um die Abfahrt Zentrum-Ost zur Nuthestraße wieder zu öffnen – was nur der auto-freundliche Teil der Genossen will.Klappt der Haushaltspoker von Jakobs mit SPD, CDU und der Linken, dann könnten die Grünen als viertstärkste Kraft im Plenum als Verlierer dastehen. Diese wollen als Hauptforderung zwei Millionen Euro mehr für den Klima- und Umweltschutz in Potsdam ausgeben. Mehr als fraglich ist allerdings, ob Jakobs angesichts der sich schon abzeichnenden Mehrheit für den Haushalt dann noch die Stimmen der Grünen nötig findet und ihnen bei den Mehrforderungen entgegenkommt – zumal die Stimmung zwischen den einstigen Partnern immer noch frostig ist. „Die Forderungen sind sehr grün“, kommentierte auch ein CDU-Vertreter.
Ein Gewinner der Haushaltsverhandlungen steht auch schon fest: der Kulturbereich. So setzen sich SPD, CDU, Linke und auch die Grünen für zusätzliches Geld für die Kulturträger ein, im Kulturausschuss gab es für die Pläne in der vergangenen Woche bereits grünes Licht. Unter anderem geht es um 50.000 Euro zusätzlich für das Tanztheater fabrik in der Schiffbauergasse, 50.000 Euro mehr für das T-Werk, 35.000 Euro für das Waschhaus, jeweils 25.000 Euro für die Festivals Unidram und Tanztage und 10.000 bis 15.000 Euro für das Theater Poetenpack. Insgesamt könnten sich die zusätzlichen Aufwendungen für die seit Jahren am finanziellen Limit arbeitende freie Kunst- und Kulturszene auf rund 300.000 Euro summieren, sollten sie alle beschlossen werden.
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