Der Querdenker: Hasso Plattner feiert 75. Geburtstag
Hasso Plattner, SAP-Mitgründer, Potsdam-Mäzen und überzeugter Havelländer, wird heute 75 Jahre alt Er hat die Landeshauptstadt geprägt wie kaum ein anderer – mit HPI, Landtagsschloss und Barberini.
Potsdam - Sein Leben ist von etlichen Zufällen geprägt. Eigentlich wollte sich Hasso Plattner für Physik einschreiben, doch ein Physikstudent aus Karlsruhe überzeugte ihn, auf Elektrotechnik umzusteigen. Das erzählte der SAP-Mitgründer im November, als ihm der renommierte Werner-von-Siemens-Ring verliehen wurde. Dass der geborene Berliner nach seinem Studium nicht für Siemens, sondern für IBM arbeitete, war hingegen eine bewusste Entscheidung: „Die haben 200 Mark mehr geboten.“
1972 gründete Plattner das Softwareunternehmen SAP
Obwohl ihn die Arbeit an den Maschinen aus „schwerem Eisen“ frustrierte und Plattner am liebsten gekündigt hätte, ließ er sich von Dietmar Hopp zum Bleiben überreden. Mit dem Schlüssel zur Bibliothek ausgestattet, entdeckte Plattner das damals brandaktuelle Thema „virtuelle Betriebssysteme“ – und war fasziniert. 1972 gründete er mit Hopp und drei weiteren Mitstreitern das Softwareunternehmen Systemanalyse und Programmentwicklung. Ihre ersten Projekte ermöglichten es, Lohnabrechnungen statt mit Lochkarten und magnetischen Speicherbändern per Großrechner abzuwickeln.
Mitgründer Hopp beschreibt Plattner als einen „konstruktiven Querdenker“. Der langjährige SAP-Chef Henning Kagermann, den Plattner einst anwarb, nannte ihn vor drei Jahren in einer Laudatio einen „unerschöpflich kreativen Menschen“, der zugleich den Blick für das Machbare, Erfolgreiche habe. Tatsächlich ist es wohl Plattners Verdienst, dass SAP zum Marktführer wurde. Die USA, die Firmen im Silicon Valley, waren Plattners großes Vorbild. Anfang der 1990er Jahre kam er von dort zurück und überzeugte seine Kollegen, das aus ihrer Sicht noch nicht ganz reife Softwarepaket R3 zu verkaufen. Es ging auf: Heute ist SAP der viertgrößte Softwarehersteller der Welt. Das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 12,5 Milliarden US-Dollar.
Potsdam als zweite Heimat
Nach seinem Vordiplom, damals in Karlsruhe, wollte Plattner zurück nach Berlin, an der Technischen Universität studieren. Doch ein Schein fehlte. Er wurde abgelehnt: „Das war mein Ende vom Berliner sein.“ Später wählte er Potsdam als zweite Heimat: Sein Zweitwohnsitz liegt am Griebnitzsee in Babelsberg, seit genau zwei Jahren ist er Ehrenbürger der Landeshauptstadt. Mit gutem Grund: Vor zwanzig Jahren gründete er das Hasso-Plattner-Institut (HPI) für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, das weltweit als Exzellenz-Zentrum für den IT-Nachwuchs gilt und Potsdam für Tech-Unternehmen attraktiv macht.
Für die Finanzierung des privaten Instituts der Uni Potsdam stiftete er mehr als 200 Millionen Euro, jetzt steht der Ausbau an. Geplant ist ein „Waldcampus“ nach dem Vorbild der kalifornischen Stanford University, vier neue Studiengänge wird es geben, zwölf neue Professoren und perspektivisch werde die Zahl der Studierenden an der HPI-Fakultät sich somit von aktuell 750 auf 1500 verdoppeln. Seit Plattner sich 2003 aus dem Management bei SAP zurückgezogen hat, baut er das HPI stetig weiter aus und leitet den Fachbereich „Enterprise Platform and Integration Concepts“.
Plattner ließ das Barberini wiederaufbauen
Der SAP-Gründer ist außerdem ein langjähriger Kunstsammler, was spätestens seit der Eröffnung des Museums Barberini heute vor zwei Jahren kein Geheimnis mehr ist. Nach dem Widerstand gegen eine moderne Kunsthalle an der Stelle des Hotels Mercure – was dessen Abriss bedeutet hätte – ließ Plattner das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Palais Barberini am Alten Markt zum Museum wiederaufbauen. Die Barberini-Besucherzahlen brechen seither alle Potsdamer Rekorde. Allein im Eröffnungsjahr wurde eine halbe Million Besucher gezählt, zur Gerhard-Richter-Ausstellung kamen im vergangenen Jahr 150 000 Menschen.
Gut 70 000 vor allem Potsdamer und Berliner haben eine Dauerkarte für das Museum. Als nächste Schau wird Anfang März eine Picasso-Ausstellung eröffnet. Das Museum Barberini zieht Kunstliebhaber aus ganz Deutschland, ja aus Europa und der Welt an – seit seiner Eröffnung steigen die Potsdamer Tourismuszahlen stetig an.
"Ich will etwas schaffen, was Wert hat"
Doch Plattner bezahlte bekanntlich nicht nur das Barberini, sondern auch die historische Fassade und das Kupferdach des Landtagsschlosses nebenan – für insgesamt 21,6 Millionen Euro. „Ich will etwas schaffen, was auch in einhundert Jahren noch da ist und Wert hat, wenn sich niemand mehr erinnert, wer Hasso Plattner war“, sagte er den PNN damals. Für die Eröffnungsausstellung im Barberini ließ Plattner nicht nur einige Bilder aus seiner Privatsammlung im kalifornischen Palo Alto kommen, sondern animierte nach eigenen Worten auch Microsoft-Gründer Bill Gates dazu, ein Bild nach Potsdam zu schicken – und das Museum zur Eröffnung zu besuchen, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Unvergessen das symbolhafte Foto des Eröffnungsabends, das Merkel von hinten zeigt, versunken in die Betrachtung eines Monet-Werkes – während zur selben Zeit in Washington D.C. der neue Präsident Donald Trump ins Amt eingeführt wurde.
Der Schwerpunkt des Museum Barberini liegt auf der laut Plattner zu Unrecht vernachlässigten DDR Kunst. „Ich verstehe nicht, warum sie in den Museen auch heute nach vielen Jahren immer noch kaum vertreten ist“, erklärte der Mäzen einmal der Süddeutschen Zeitung.
Ähnliche Motive brachten Plattner zu seinem Engagement in und für Potsdam. „Ich bin ja Westberliner, der Osten hat mich immer interessiert“, sagte er 2012 in einem PNN-Interview. Und weiter: „Ich hatte keine Berührungsängste, habe Ostfernsehen geguckt, mich an Olympiasiegern aus der DDR genauso erfreut, besonders, wenn sie aus Berlin oder dem Umland kamen.“ Und er habe „nicht pauschal mitgemacht, wenn alles, was nur irgendwie mit DDR zu tun hatte, als schlecht bezeichnet wurde“. Außerdem gestand Plattner, dass er „eine nostalgische Beziehung zu dem Landstrich, der Berlin umgibt“ habe. Das sei der Grund gewesen, warum er das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam angesiedelt habe: „Als ehemaliger Havelländer fühle ich mich dieser Region verpflichtet, obwohl ich in Baden-Württemberg mein Geld verdient habe.“
Schubert: Verdienste für Potsdam unermesslich
In seiner Gratulation zu Plattners heutigem Geburtstag nennt Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) die Verdienste des Mäzens für die Stadt „unermesslich“. Schon vor 20 Jahren habe er mit dem HPI wissenschaftliche Maßstäbe gesetzt, „von denen inzwischen tausende Studierende profitieren konnten“. Er wünsche sich, dass Plattner „ Potsdam weiter so verbunden bleibt, wie wir es von ihm kennen und schätzen“, so Schubert. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gratulierte Plattner öffentlich. „Wir sind sehr stolz, dass mit Ihnen einer der bedeutendsten deutschen Unternehmer und großzügigsten Gönner unser Brandenburg als zweite Heimat gewählt hat“, schrieb Woidke. Es sei Plattner „nicht nur Pflichtbewusstsein, die Früchte Ihres Erfolgs zu teilen, sondern eine Herzensangelegenheit“.
In früheren Zeiten wetterte Plattner gern mal gegen das deutsche Steuersystem oder brachte die SAP-Belegschaft gegen sich auf, indem er unbequeme Entscheidungen traf.
Inzwischen scheint es um Plattner ruhiger geworden zu sein. Die legendären Segelwettfahrten gegen Oracle-Chef Larry Ellison sind inzwischen Geschichte. Dennoch zieht Plattner wie selbstverständlich auch bei seinem Unternehmen als letzter der SAP-Gründer noch die Strippen. Wie lange noch, ist allerdings unklar. Auf der Hauptversammlung 2017 kündigte Plattner für die diesjährige Aufsichtsratswahl an: „Ich bin durchaus bereit weiterzumachen, aber nicht volle fünf Jahre.“ (mit dpa, Sabine Schicketanz)
Viola Heeger