Tourismus in Potsdam: Hart getroffen, aber im Wandel
Potsdams Tourismus, jahrelang erfolgsverwöhnt, kämpft mit den Folgen der Coronabeschränkungen. Doch die Branche passt sich auch mit neuen Konzepten an.
Potsdam - Individualreisende statt Kongressteilnehmer, deutsche Touristen statt Gäste aus dem Ausland, die Nähe zu Berlin als Last statt als Trumpf: Potsdams Tourismusbranche hat nicht nur unter der Corona-Pandemie gelitten - sie verändert sich durch diese derzeit auch stark. Das wurde bei der traditionellen Sommer-Tourismus-Fahrt von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag deutlich. Erstmals bereiste Woidke dabei die Landeshauptstadt.
So hat sich etwa das Publikum des Kongresshotels, mit 475 Zimmern das größte Hotel Potsdams, seit der Wiedereröffnung nach dem Lockdown merklich gewandelt. Tagungen und Kongresse finden noch immer kaum statt, viele Firmen setzen derzeit auf Videokonferenzen, und im Hotel fasst der größte Saal durch die Abstandsregeln nur noch 100 statt vorher 500 Plätze. Zudem steigt der Aufwand: Im Restaurant sind bei gleicher Belegung doppelt so viele Bedienungen nötig, weil das Frühstücksbuffet durch einen Service am Platz ersetzt wurde.
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Wellness-Bereich im Kongresshotel
Doch es kommen deutsche Touristen auf Inlandsurlaub. Locken will das Hotel diese auch durch den neuen Wellness-Bereich. Am 1. Juli eröffnet, bietet die so genannte "Wellbeing Area", in die mehr als drei Millionen Euro investiert wurden, ein Schwimmbad mit wechselnder Beleuchtung, drei Saunen, Ruhebereiche und Massageräume.
"Am Wochenende hatten wir auch einige Gäste aus Berlin, die hier einen Kurzurlaub im Grünen und am Wasser machten", beschrieb Hotelchefin Jutta Braun. Kompensieren können diese neuen Besucher den Wegfall des wichtigsten Standbeins Kongresse aber nicht: "Wir rechnen mit Umsatzeinbußen von 50 Prozent im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr", sagte Braun.
Kaum Geschäftsreisen, kaum Gruppenreisen
Die Erfahrungen des Hotels decken sich mit den Zahlen und Beobachtungen der Potsdam Marketing und Service GmbH (PMSG). "Nur noch null bis zehn Prozent der Hotelgäste sind Geschäftsreisende", sagte Raimund Jennert, Chef der PMSG. Auch Gruppenreisen gebe es fast gar nicht.
Aber immerhin: Die Auslastung der Hotels erhole sich langsam wieder. Im August liege diese bereits zwischen 70 und 80 Prozent. Der April war mit etwa sieben Prozent Auslastung beinahe ein Totalausfall. Im Mai stieg sie auf rund 20 Prozent. Im Juli machte sich bereits eine Erholung bemerkbar, Jennert nennt eine Auslastung zwischen 40 und 50 Prozent. Unter den Gästen seien viele deutsche Inlandstouristen. "Das ist neu für uns, das müssen wir pflegen", so Jennert. Viele buchten kurzfristig, "aber zwei Wochen im Voraus sind Ferienwohnungen ausgebucht".
Abschreckung durch den Ballungsraum
Ein früherer Standortvorteil jedoch habe sich nun ins Gegenteil verwandelt: die Nähe zu Berlin. Kamen früher viele Berlin-Touristen für einen Tag nach Potsdam, schrecke die Assoziation mit dem Ballungsraum Besucher nun eher ab, erläutert Jennert. Im ländlichen Brandenburg habe sich deshalb der Tourismus schneller erholt, als in der Landeshauptstadt. "Wir versuchen nun noch mehr, auf Potsdam als grüne Stadt, als Wasserstadt zu setzen." Ob das sich auszahlen werde und sich der Tourismus erhole, werde sich im Winter zeigen, glaubt er - denn dann benötigten die Hotels, Gastronomen und andere Anbieter ihre Reserven aus dem Sommerhalbjahr.
Aus diesem Grund blickt auch Jan Lehmann, Geschäftsführer der Weissen Flotte, mit Sorge in die Zukunft. "Wir sind ein Saisonbetrieb", sagte Lehmann, als er mit Woidke und der versammelten Presserunde auf der Tour auf dem Hybridschiff über die Havel schipperte. Zwei Monate später als üblich startete diese Saison. Und so zählte die Weisse Flotte auf ihren acht Schiffen und zwei Wassertaxis bislang in diesem Jahr nur 65.700 Fahrgäste - im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum etwa doppelt so viele. Lehmann hofft auf eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, um mit seinen 150 Mitarbeitern über die Runden zu kommen.
Der Schiffsbetrieb sei damit ein "Seismograf der Branche", sagte Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. Brandenburg bleibe eine Saison-Destination. Punkten will er nun mit einem Slogan, den Brandenburg schon lange verwendet, der nun aber eine neue Zugkraft entwickelt: "Das Weite liegt so nah". Oder, um es mit dem Schriftzug auf Woidkes Maske auszudrücken: "Brandenburg. Auch mit Abstand schön."
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