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Wenig Kunden, weniger Läden. In Potsdams Innenstadt hat die Zahl der leeren Geschäfte augenscheinlich zugenommen.
© Andreas Klaer

Hoffen auf die Zeit nach Corona: Händler in der Innenstadt leiden besonders unter Corona

Kaufleute und Kunden in Potsdam beklagen die Folgen der Corona-Pandemie vor allem für die Brandenburger Straße. "Das Flair ist verlorengegangen", heißt es. In Babelsberg ist die Stimmung etwas entspannter.

Potsdam - Große, leere Schaufensterscheiben an der verlassenen Starbucks-Filiale an der Brandenburger Straße, ebenso trostlos die kleine McDonald-Filiale ein paar Meter weiter. Immer noch große, leere Scheiben schräg gegenüber, wo einst der feine Italiener „Pfeffer & Salz” residierte. Und jetzt das nahe Schaufenster von Schuh-Baar mit einem Aufkleber in großen Lettern, der wie ein Hilfeschrei wirkt: „Räumungsverkauf”. In kleineren Buchstaben steht klein darunter: „um Geschäftsaufgabe zu verhindern.”

Im Potsdamer Zentrum ist die Stimmung düster. Ein Grund ist, sicher, dass die Restaurants im sogenannten Lockdown light zum zweiten Mal schließen mussten, um die hohe Zahl von Neuinfektionen zu verkleinern. Es liegt aber auch daran, dass die Innenstadt nach der Absage des Weihnachtsmarkts „Blauer Lichterglanz” nun kaum Weihnachtliches vermittelt – und auch daran, dass die Krise an etlichen Orten spürbar ist.

Gedrückte Stimmung

Bärbel Schälicke, die den 122 Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Innenstadt vorsteht, die von inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften getragen wird, kennt die Probleme der Geschäfte. Die Stimmung sei vor allem bei Kaufleuten „sehr gedrückt”, die mit Damen- und Herrenmode oder mit Schuhen handeln: „Lockdown im März und April. Die Sommerware kam und landete gleich im Lager, weil die Geschäfte schließen mussten.” Nicht alle Geschäftsaufgaben seien wegen Corona erfolgt, in der Summe sei das Ende des Keramik-Händlers Leonardo, des Cafés Maximilian und von WMF „in der Zahl viel”.

Schälicke hofft auf bessere Tage nach Corona, wann immer das sein wird. „Potsdam hat ja nicht nur die Brandenburger Straße. Aber das besondere Flair dieser Stadt ist durch die Pandemie verloren gegangen, und darunter leiden alle.” Es sei ein Teufelskreis. Keine Touristen, kein Kaffeetrinken oder Essen: „Es fehlt das Verweilen.”

Bewerbung für Post-Corona-Fördergeld

Patrick Großmann, Chef der Potsdamer „Espressionisten” und Vorsitzender der in diesem Jahr neugegründeten Händlergemeinschaft „Ici”, hat seinen Optimismus nicht verloren. Potsdam verfüge über „extrem gute Fachhändler: Super-Weinläden, Super-Buchläden”. Die Gemeinschaft bewirbt sich jetzt für die bundesweit ausgeschriebene Projektförderung „Post-Corona-Städte”, deren zehn Sieger mit je 325.000 Euro gefördert werden. So will „Ici” Potsdam verändern: Eine App fasst alle Restaurants und Shops zusammen, Waren, ob Modeartikel, Wein oder Kaffee, werden online bestellt und mit einer Flotte von Lastenrädern in Shops oder auf Parkplätzen zur Abholung bereitgestellt. „Das ist eine nachhaltige Lösung für die Zukunft”, sagt Großmann.

Händler sind in Schwierigkeiten - vor allem auf der Brandenburger Straße in der Potsdamer Innenstadt.
Händler sind in Schwierigkeiten - vor allem auf der Brandenburger Straße in der Potsdamer Innenstadt.
© Andreas Klaer

Die Zahlen, die das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am Montag vorlegte, wirken auf den ersten Blick beruhigend. Die Schließung von Geschäften während des ersten Lockdowns habe in einigen Bereichen zu massiven Umsatzeinbrüchen geführt. Der Lebensmitteleinzelhandel aber verbuchte schon ab Februar, als die sogenannten Hamsterkäufe begannen, „ein großes Umsatzplus”. Nur: Zum Teil verlagerte sich das Geschäft in den Online-Handel. Der Einzelhandel freute sich deswegen in den ersten neun Monaten über „kräftig gewachsene Erlöse”. Allerdings eben maßgeblich online.

Fixkosten werden zum Problem

Die Pandemie beschwert auch die Lage für die 85 Shops im Stern-Center. Vor allem bei exklusiveren Textilien und besonders bei der Abendgarderobe seien die Umsätze eingebrochen, sagt Centermanager Frank Kosterka: „Keine Hochzeiten, keine großen Feiern. Wer weniger rausgeht, braucht weniger neue Sachen.”

Weniger Umsatz bedeutet für die Betreiber mehr Schwierigkeiten, die festen Kosten bezahlen zu können. Die für Vermietungen zuständige Abteilung des Unternehmens in Hamburg habe „etliche Gespräche” mit Mietern geführt, die in Not geraten waren: „ Wir sind ihnen entgegengekommen. Es hat niemand wegen Mietproblemen kündigen müssen.” „Weniger als eine Handvoll” der Geschäftsinhaber hätten wegen der Lage in diesem Jahr Insolvenz anmelden müssen. Laut Kosterka können sie ihre Läden während des Insolvenzverfahrens aber offenhalten: „Wir sind im Augenblick voll vermietet.”

Entspannte Babelsberger

In Babelsberg gibt es noch keinen nennenswerten Leerstand. Manche Ladeninhaber wie Andrea Siede von der Parfümerie „M” an der Karl-Liebknecht-Straße haben ihre Produkte schon vor drei Jahren online angeboten. Die Laufkundschaft ist gerade in der Krise rückläufig, „aber wir machen immerhin schon zehn bis 15 Prozent unseres Umsatzes übers Internet, am meisten mit Damen- und Herrendüften, gefolgt von Pflegeartikeln”.

Andrea Siede und Matthias Müller von der „Parfümerie M“.
Andrea Siede und Matthias Müller von der „Parfümerie M“.
© Andreas Klaer

Es entspricht nicht der Haltung der Babelsberger, die schwierige Lage auch noch schwarzzumalen. „Wir haben ja hier den Vorteil, dass wir nicht so wie unsere Kollegen in der Potsdamer Innenstadt unter dem Einbruch des Tourismus leiden”, sagt Burkhard Baese, einst Geschäftsführer der örtlichen Filiale von Schuh-Baar und jetzt Rentner und stellvertretender Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Babelsberg. „Mit unseren Stammkunden kommen wir über die Runden.”

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