zum Hauptinhalt
Potsdam-Express. Wie bei der EM 2018 in Berlin ist das Trio Nils Brembach, Hagen Pohle und Christopher Linke auch in Doha bei der WM am Start.
© Sven Hoppe/dpa

Potsdam und die Leichtathletik-WM in Doha: Geher-Quartett ist vorbereitet auf eine heiße Nacht

Sechs Potsdamer Leichtathleten starten bei den Weltmeisterschaften in Doha. Vor allem die vier Geher erwartet eine Hitzeschlacht - und das zu ungewohnter Wettkampfstunde. Christopher Linke zählt zum erweiterten Kreis der Medaillenkandidaten.

Potsdam - Christopher Linke hatte es eilig wegzukommen. „Wenn ich hier bleibe, verliere ich an Spannung“, sagte der Geher vom SC Potsdam, kurz bevor er Anfang September nach Südafrika aufbrach. Dort holt sich der 30-jährige Olympiafünfte von Rio den letzten Schliff für den nächsten internationalen Höhepunkt: Am Freitag beginnen in Doha (Katar) die Leichtathletik-Weltmeisterschaften – Linke wird gemeinsam mit seinen Potsdamer Vereins- und Trainingskollegen Nils Brembach und Hagen Pohle am Donnerstag kommender Woche über die 20 Kilometer starten. Und das mit reichlich Selbstbewusstsein: „Ich bin sehr gut drauf und sehr zuversichtlich“, sagte er kurz vor seinem Abflug ins südafrikanische Potchefstroom.

Eine Woche später flogen auch Brembach und die Potsdamerin Saskia Feige mit Bundestrainer Ronald Weigel und den drei deutschen 50-Kilometer-Gehern ans Kap der guten Hoffnung, dessen Name nahezu programmatische Bedeutung hat. Genauso wie Linke zieht Nils Brembach seine Hoffnung und Zuversicht auf einen guten WM-Wettkampf in Doha aus einer optimalen Vorbereitung. „Ich bin sehr gut durchs Training gekommen“, sagt der 26-Jährige, der im vergangenen Jahr bei der Heim-Europameisterschaft in Berlin als Fünfter seinen bislang größten internationalen Erfolg feierte und im Schneeregen im vergangenen April in Naumburg Deutscher Meister über 20 Kilometer wurde. In dem Rennen schlug er nicht nur seinen favorisierten Trainingskameraden Linke, sondern ging mit 1:20:48 Stunden die zweitschnellste Zeit seiner Karriere und die Norm für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Die widrigen Bedingungen waren kein Problem für ihn. „Das Wetter kann noch so wild“, sagte er damals, „man muss die Bedingungen akzeptieren und sich mental darauf einstellen.“

Training bei 40 Grad Celsius unter Aufsicht von Charité-Ärzten

Gut, dass er das so sieht. Was die Geher und auch die Marathonläufer in den kommenden Tagen in der Hauptstadt des Wüstenstaates erwartet, sind alles andere als optimale Bedingungen für Leichtathleten und schon gar nicht für Langstreckensportler. Temperaturen von 40 Grad Celsius herrschen dort im September und Oktober. Die Starts für die Geher und die Marathonläufer sind in die Nacht auf 22.30 Uhr gelegt worden – auch dann sind es noch 30 Grad. Um sich auf die Hitze vorzubereiten, haben die Potsdamer Geher für einige Trainingseinheiten die katarischen Bedingungen simuliert und – unter Aufsicht von Ärzten der Berliner Charité – in Räumen bei 40 Grad Celsius trainiert, sodass sich auch die Körperkerntemperatur auf dieses Maß erhöht hat. „Das war schon sehr hart und mental herausfordernd“, sagt Brembach. Auch auf die späte Wettkampfzeit haben sich die Potsdamer Geher versucht einzustimmen und ihre Trainingseinheiten teils auf den Mittag und späten Abend gelegt sowie eine Leistungsdiagnostik um 23 Uhr durchgeführt.

Debütantin. Saskia Feige absolviert ihre erste Weltmeisterschaft bei den Erwachsenen.
Debütantin. Saskia Feige absolviert ihre erste Weltmeisterschaft bei den Erwachsenen.
© Sebastian Gabsch

Saskia Feige, die mit 22 Jahren ihrer ersten WM-Teilnahme über 20 Kilometer (Sonntag, 22.30 Uhr) entgegenfiebert, war überrascht, wie schnell sie sich bei den Hitzetests an die Bedingungen gewöhnt hat. Nur wegen der späten Startzeit ist sie skeptisch: „Ich bin absolut kein Nachtmensch. Gewöhnlich schlafe ich um die Zeit“, sagt sie. Doch werde das der Konkurrenz ähnlich gehen. „Die wenigsten haben Erfahrungen mit solchen extremen Bedingungen“, meint sie.

Linke, Brembach und Pohle, der sich anders als seine Gefährten die letzten Wochen vor der WM in St. Moritz in der Schweiz vorbereitet, erwarten aufgrund der hitzigen Umstände ein taktisches Rennen. „Das wird vielleicht ein Ausscheidungswettkampf“, sinniert Linke. Wer zu Beginn zu sehr aufs Tempo drückt, werde dafür am Ende büßen. Daher ein Zeitziel zu definieren, sei wenig sinnvoll, meint Brembach. Bei der vergangenen WM 2017 in London wurde er 15. in noch immer gültiger persönlicher Bestzeit von 1:20:42 Stunden. „Jetzt unter die Top 12 oder drunter zu kommen, wäre super. Damit wäre ich happy“, sagt er. Ähnlich dürfte es Hagen Pohle sehen, im Vorjahr EM-Achter.

Linke stellte dieses Jahr den Deutschen Rekord ein

Christopher Linke strebt hingen nach mehr. Für ihn endete die EM im vergangenen Jahr in der Berliner City mit Platz 13 enttäuschend, galt er doch als Medaillenkandidat. Als dieser geht er mit seinen bisherigen Saisonleistungen auch in Doha an den Start. Mit 1:18:42 Stunden ging der Werderaner in diesem Frühjahr in La Coruna Deutschen Rekord und eine Weltklassezeit. Bei den nationalen Meisterschaften über 10 Kilometer auf der Bahn im August gewann er in 38:57 Minuten – ein weiterer Fingerzeig an die internationale Konkurrenz.

Auch Pohle und Brembach gingen bei diesem Wettkampf unter 40 Minuten, was ihren Trainer Ronald Weigel staunen ließ, weil seine Schützlinge erst drei Tage zuvor aus einem intensiven Trainingslager vom Belmeken aus Bulgarien zurückgekehrt waren. Dort hatten sie in 2000 Metern Höhe große Umfänge trainiert, während es in Südafrika, etwa 1400 Meter über dem Meeresspiegel, um die Entwicklung von Tempo und Intensität geht. Drei Tage vor dem WM-Rennen geht es aus der leistungsfördernden Höhe nach Doha – direkt vom Kap der guten Hoffnung.

Zur Startseite