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Der Garnisonkirchturm soll im Herbst 2023 eröffnet werden.
© Ottmar Winter

Sondersitzung der Stadtverordneten: Garnisonkirchen-Verträge werden transparent

In einem Sonder-Hauptausschuss haben sich Potsdams Kommunalpolitiker auf die Offenlegung alter Verträge verständigt. Debattenbedarf gibt es zum Erhalt des Rechenzentrums. 

Potsdam - Mehrere Verträge zwischen der Stadt und der Stiftung Garnisonkirche, etwa zur Übertragung des Grundstücks für das umstrittene Wiederaufbauprojekt, sollen veröffentlicht werden. Zumindest darauf haben sich am Mittwochabend die Stadtverordneten bei einer Sondersitzung im Hauptausschuss verständigt, der im großen Saal des IHK-Hauses vis-à-vis der Turmbaustelle tagte. 

Ansonsten zeichnete sich noch einiger politischer Diskussionsbedarf zum ausgehandelten Kompromiss zwischen Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sowie Vertretern der Stiftung und des Rechenzentrums ab, das nun bekanntlich doch stehen bleiben soll – während ein Kirchenschiff mit dem Vorschlag endgültig beerdigt würde, zugunsten eines „Hauses der Demokratie“ samt einem kommunalen Plenarsaal.

Grundsatzbeschluss noch im Januar?

Dazu sollen die Stadtverordneten eigentlich noch am 26. Januar einen Grundsatzbeschluss fällen. Hier sagte Schubert zu, er sei durchaus zu Nachschärfungen von missverständlichen Stellen für den Beschlusstext bereit. Allerdings mahnte er durchaus zügige Beschlussfassungen an. 

Denn ohne beschlossenen Kompromiss müssten „im schlimmsten Fall“ bis Ende 2023 die Nutzer des Kreativhauses Rechenzentrum ausziehen – während die Stiftung voraussichtlich nicht genügend Mittel für ein eigenes Kirchenschiff habe, also der Turm und daneben über Jahre eine Ruine des zu DDR-Zeiten errichteten Rechenzentrums stehen bliebe.

Einige bekannte Argumente

Viele Argumente in der Debatte waren schon bekannt. So kamen aus der rot-grün-roten Rathauskooperation erneut durchaus wohlwollende Töne, wenn auch mit Änderungsbedarf in Detailfragen. So hatte zum Beispiel auch die Linke schon mehrfach betont, dass weiter kein städtisches Geld an die Stiftung fließen dürfe – nämlich über den geplanten Erbpachtvertrag mit der Stadt zu dem Kirchenschiff-Areal für das „Haus der Demokratie“. Hier schlug Stadtpräsident Pete Heuer (SPD) eine Lösung mit Hilfe eines symbolischen Euros vor, der gezahlt werden könne. 

Pete Heuer (SPD) ist seit 2019 Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Potsdam.
Pete Heuer (SPD) ist seit 2019 Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Potsdam.
© promo

Außerdem plädierte er dafür, in dem geplanten internationalen Architekturwettbewerb für das Gelände auch das Rechenzentrum einzubeziehen. Hier müssten auch Varianten für einen Abriss möglich sein, über die am Ende final entschieden werden könnte, sagte Heuer: Wichtig sei ihm vor allem eine hohe städtebauliche Qualität für das Areal, er hänge da weniger an einzelnen Gebäude. Dafür erhielt er auch Zustimmung aus der FDP, die den Kompromiss durchaus kritisch sieht - gerade weil eben der DDR-Bau so zwingend stehen bleiben würde.

Scharfenberg: Muss der Plenarsaal wirklich zum Turm?

Hingegen sagte Rathauschef Schubert, man müsse den Platz in Gänze betrachten, im Sinne einer Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte - gemeint war offensichtlich, dass das Rechenzentrum als ein Zeugnis bewahrt werden solle. Linke-Urgestein Hans-Jürgen Scharfenberg gab zu bedenken, ob die Nutzung als Plenarsaal wirklich vom Rathaus in der Friedrich-Ebert-Straße gelöst werden solle. Das müsse dringend beraten werden.

Von Seiten der Befürworter eines originalgetreuen Wiederaufbaus der Kirche, die seit Wochen gegen den Kompromiss mobil machen, sprach unter anderem der frühere Pfarrer Reinhard Kwaschik, der gerade auch erst in einem offenen Brief den Rücktritt der Spitzen von Stiftung Garnisonkirche und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau gefordert hatte. 

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In der Sitzung sagte Kwaschik, er engagiere sich als ehrenamtliches Mitglied der Nagelkreuzgemeinde vor Ort seit Jahren für den originalgetreuen Wiederaufbau – doch die Gemeinde sei nicht an den Verhandlungen beteiligt worden. Die Gegner des Projekts seien dagegen privilegiert worden, kritisierte Kwaschik. Zudem könne man nicht einfach Satzungsziele einer Stiftung – nämlich den Wiederaufbau der Kirche - rückgängig machen.

Die Sprecherin der Bürgerinitiative „Mitteschön“, Barbara Kuster, sagte, hier solle mit Rechenzentrum und Garnisonkirche etwas zusammengefügt werden, „was nicht zusammengehört“. Zudem würden einstige Verträge ausgehebelt. Das Areal sei ein städtebaulicher Missstand, wegen des DDR-Baus – der teuer saniert werden müsse. Man habe ein eigenes Konzept für ein möglichst originales Kirchenschiff, in dem auch ein Stadtparlament tagen könnte, sagte Kuster.

Barbara Kuster von "Mitteschön"
Barbara Kuster von "Mitteschön"
© Andreas Klaer

Der Rathauschef hält dagegen

Schubert erinnerte wiederum daran, dass selbst die Evangelische Kirche kein originalgetreues Kirchenschiff wolle und auch die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau längst entsprechend ihre Satzung geändert habe. Der Prozess an sich sei demokratisch von den Stadtverordneten so beschlossen worden. 

Zum Thema Kosten erinnerte er, dass auch „Mitteschön“ eine öffentliche Finanzierung des bis zu 200 Millionen Euro teuren Kirchenschiffs vorsehe. Dies solle zudem auch als Konzertsaal genutzt werden können, gleich in der Nähe des kommunalen Nikolaisaals. Schubert erklärte auch, einen guten Kompromiss zeichne es aus, dass alle Seiten unzufrieden seien.

Kuster wiederum bemerkte, sie könne sich für eine finale Entscheidung auch eine Bürgerbefragung vorstellen, was auch CDU-Fraktionschef und Kirchenschiff-Anhänger Matthias Finken als Möglichkeit nannte. Auch Schubert hatte so eine Befragung zuletzt nicht ausgeschlossen - diesmal allerdings sagte er dazu nichts. 

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