Rubelts Halbzeitbilanz: Für ihn zählt nur Krampnitz
Vor vier Jahren trat Bernd Rubelt sein Amt als Baubeigeordneter Potsdams an. Die Stadtpolitik spart nicht mit Kritik und fürchtet ein „Desaster“ beim neuen Stadtteil im Norden.
Potsdam - Für Bernd Rubelt hängt vieles, wenn nicht alles, an Krampnitz. Das neue Wohnviertel für 10 000 Menschen im Potsdamer Norden ist das wichtigste Projekt für Potsdams parteilosen Baudezernenten. Am Gelingen wird er sich politisch messen lassen müssen. Ob er will oder nicht. Fast auf den Tag genau vor vier Jahren hat Rubelt sein Amt im Potsdamer Rathaus angetreten. Zeit für eine Halbzeitbilanz.
Dabei wird sehr deutlich: Rubelts politisches Schicksal, vielleicht eine zweite Amtszeit, ist an Krampnitz geknüpft. Das haben Stadtverordnete quer über Parteigrenzen auf PNN-Anfrage deutlich gemacht. Ihre Rückschau auf das Wirken Rubelts fällt zwiespältig aus. Sehr zufrieden mit seiner Leistung äußern sich nur wenige Kommunalpolitiker.
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Ein Rückblick: Vor vier Jahren war der heute 53 Jahre alte Rubelt unter besonderen Umständen im Potsdamer Baudezernat gelandet. Denn im Dezember 2016 war der zunächst favorisierte Kasseler Baustadtrat Christoph Nolda (Grüne) im Stadtparlament in drei Wahlgängen durchgefallen. Die Grünen-Fraktion kündigte daraufhin die damalige Rathauskooperation mit SPD und CDU/ANW auf. Als zweite Wahl wurde Rubelt ins Rennen geschickt und gewählt.
Das Stigma, eine Art Notlösung zu sein, wollte Rubelt, der früher selbst einmal bei den Grünen wirkte, möglichst schnell ablegen und sich von der Vorgeschichte möglichst freimachen. Er stehe nicht für Schnellschüsse, nehme Herausforderungen an und habe ein dickes Fell samt Rückgrat, gab er in Interviews zu Protokoll. Als Nachteil wurde Rubelt zu Beginn oft ausgelegt, dass er vor Potsdam nur das Bauamt der 17 000 Einwohner kleinen Stadt Eutin (Schleswig-Holstein) geführt hatte.
Begeistert sind viele Stadtpolitiker von Rubelts Wirken nicht
Doch das Problem möglicherweise fehlender Erfahrung sehen die Kommunalpolitiker jetzt nicht. Begeistert sind die meisten von Rubelts Wirken dennoch nicht. Sarah Zalfen als Chefin der wichtigen SPD-Fraktion im Rathaus lobt den Beigeordneten zwar für „glaubwürdige Beteiligungsformate“ und für „tragfähige Kompromisse“, ihr fehlt jedoch ein „echtes Gewerbeflächenmanagement der Stadt“.
Grundsätzlicher wird Zalfens Co-Chef Daniel Keller: „Wir wünschen uns schon an der einen oder anderen Stelle eine klarere Linie.“ Entscheidend für Rubelt sei aber, ob es ihm gelinge, Krampnitz zu einem modernen, sozialen und grünen Stadtteil zu machen. „An dem Erfolg des neu entstehenden Stadtteils wird sich Herr Rubelt messen lassen müssen“, so Keller.
Als Rubelt nach Potsdam kam, gab es die Pläne für Krampnitz schon – er arbeitete dann allerdings mit an der Verdopplung des Projekts auf bis zu 10.000 Einwohner, die inzwischen faktisch wieder auf Eis liegt: Denn die Liste der ungelösten Probleme ist noch lang. Sorgen macht vor allem die Verkehrsanbindung via Tramverlängerung im Norden. Anwohner drohen mit Klagen gegen die Trasse, die Finanzierung wackelt und auch andere Hindernisse – wie denkmalgeschützte Bauwerke – sind nicht ausgeräumt.
Darauf spielt die Linke-Fraktion in ihrer Einschätzung Rubelts an: Es gebe bei Rubelt ein „sehr starres Festhalten“ an der einmal begonnenen Krampnitz-Planung und es sei „nur wenig Bereitschaft erkennbar, aus neuen Entwicklungen und Rahmenbedingungen auch Konsequenzen zu ziehen und andere Optionen zu prüfen.“ Ein Plan B für Krampnitz sei bei Rubelt nicht erkennbar, so die Genossen.
Kritik auch an Umgang mit Personalfragen
Allerdings ist Krampnitz nicht Rubelts einziges Problem. Kritisch sehe die SPD-Fraktion auch den Umgang mit Personalfragen, sagte SPD-Mann Keller. Ein Ärgernis sei vor allem die „unbefriedigende Situation in der Denkmalpflege“. Für das Denkmalamt hatte Rubelt Andrea Behrendt als neue Besetzung auserkoren und sie gegen Widerstände nach Potsdam geholt.
Dann war Behrendt die meiste Zeit krank zu Hause und machte mit Bewerbungen in anderen Städten auf sich aufmerksam. Inzwischen soll der Posten wieder neu ausgeschrieben werden. Auch die Grünen-Fraktion mahnt in ihrer Stellungnahme an, „ein unglücklicher Verlauf wie bei der Besetzung der Stadtkonservatorenstelle sollte sich nicht wiederholen“.
Gleichwohl äußern sich die Grünen insgesamt wohlwollender Rubelt gegenüber als die SPD, sie beobachten ein „gestiegenes Bewusstsein für Ökologie und Klimabelange in der Verwaltung“, gerade mit Blick auf für sie wichtige Projekte wie die autofreie Innenstadt. Neue Themenwerkstätten wie zur Umgestaltung der Friedrich-Ebert-Straße würden als „wohltuend erlebt“, so die Grünen-Fraktion.
Weniger positiv ist der Blick der Linken, die der dritte Bündnispartner in der rot-grün-roten Rathauskooperation sind. Klimaschutz sei auch bei Rubelt allzu oft noch Verhandlungsmasse, kritisieren sie. Als positiv verbuchen die Linken eine „direkte Ansprechbarkeit“ und größere Transparenz im Baudezernat. Das Thema Verkehr werde nun eher aus Sicht von Radfahrern oder Nutzern von Bus und Bahn gedacht. Allerdings zeige Rubelt zunehmend die Tendenz, „Beteiligungsprozesse auf Informationsvermittlung statt Mitwirkung zu reduzieren“, so die Linken, die zudem eine gemeinwohlorientiertere Boden- und Liegenschaftspolitik fordern statt eine „Fixierung auf Investoren“.
Die CDU als größte Oppositionsfraktion findet Rubelt dagegen ziemlich gut. Man habe Rubelt als „solide, unaufgeregt, sachlich kompetent und zielorientiert aufmerksam“ erlebt, erklärt CDU-Fraktionschef Götz Friederich, der sich auch jetzt schon eine zweite Amtszeit für den Beigeordneten vorstellen könnte – eine Positionierung, die die Rathauskooperation bislang vermeidet. Als Erfolg nennt Friederich das geplante Digitalzentrum auf dem RAW-Gelände am Hauptbahnhof. Solche Projekte würden von Rubelt „mit Energie angepackt“.
Friederich betonte, Rubelt sei bei vielen Vorhaben „Gefangener“ früherer Entscheidungen der „doch ziemlich sozialistischen Kooperation aus SPD, Grünen und Linken“. Ausbaufähig sei die „kollegiale Zusammenarbeit“ mit den Ortsbeiräten – hier hatte Rubelt mehrfach durchblicken lassen, dass er bei Konflikten mit den nördlichen Ortsteilen stets das letzte Wort für sich beansprucht. Dabei sei das überhaupt nicht seine Art, meinen seine Unterstützer. Anders als beispielsweise sein Vorgänger Matthias Klipp (Grüne) versuche Rubelt zumindest die langfristigere Moderation, statt per Basta-Politik eine Entscheidung zu erzwingen.
Unklare Zukunft der Biosphäre eine weitere Baustelle
Kritisch sieht auch CDU-Mann Friederich das „überdimensionierte Projekt Krampnitz“. Ähnlich bewertet das die FDP. Bei Krampnitz sei „mehr Schatten als Licht“, sagt die FDP-Fraktionsvorsitzende Sabine Becker. Sie erinnert auch an andere Baustellen für Rubelt im Norden, zum Beispiel die immer noch unklare Zukunft der Biosphäre oder dem fehlenden Schwimmbad. „Da passiert zu wenig“, so Becker.
Noch deutlicher wird die Fraktion Die Andere: Rubelts Bilanz in Krampnitz „steuert auf ein Desaster zu“, so ihre Einschätzung. Allerdings fehle es bei Potsdams wichtigstem Bauprojekt auch an der nötigen Unterstützung durch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), der etwas mehr als ein Jahr nach Rubelts Amtsantritt zum Rathauschef gewählt worden war. Das Verhältnis der beiden Männer gilt als schwierig und wenig vertrauensvoll – zumal Schubert bei seinen Prestigeprojekten wie dem Stadtkanal immer wieder direkt in den Verantwortungsbereich von Rubelt grätscht.
Auch darüber hinaus geht Die Andere hart mit Rubelt ins Gericht: „Das Vertrauen in seine Seriosität hat darunter gelitten, dass er mehrfach nicht korrekt über wichtige Projekte informiert hat.“ Das betreffe den Wegfall von Sozialwohnungen am Humboldtring oder den Stand beim von Abrissverfügungen des Rathauses bedrohten Kinderbauernhof in Groß Glienicke.
Kritik an fehlender Transparenz
Doch das wichtigste Thema bleibt Krampnitz. Eine Gegenspielerin Rubelts ist Neu Fahrlands Ortsvorsteherin Carmen Klockow (Bürgerbündnis). Sie konstatiert: „Herr Rubelt verspricht bei dem Projekt hohe Transparenz, die bisher noch nicht zu beobachten ist. An diesen Versprechen wird er sich aber messen lassen müssen.“
Auffällig ist: Aus der Stadtpolitik gibt es weiter keinerlei offizielle Äußerung zu Rubelts Ehefrau, die seit diesem Jahr im Landesverband der Corona-Verharmloser- und Querdenker-Partei „Die Basis“ als „Säulenbeauftragte für Machtbegrenzung“ agiert. Allerdings werden im Rathaus hinter Rubelts Rücken darüber Witze gemacht. Ein Baudezernent sei ja auch so etwas wie ein Säulenbeaufragter, heißt es dann. Auch diese Kalauer auf seine Kosten zeigen: Zur Halbzeit in Potsdam ist Bernd Rubelts Machtbasis begrenzt.