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Bunt zwischen Backsteinen. Die Holländische Marching Band zog am Wochenende immer wieder zwischen den Ständen des Tulpenfests durch das Holländische Viertel. Die Männer in knalligen Kostümen sammelten mit ihrer Gute-Laune-Musik jedes Mal eine Menschentraube um sich.
© Andreas Klaer

Tulpenfest in Potsdam: Früher war mehr Holland

Das Tulpenfest, das am Wochenende im Holländischen Viertel in Potsdam stattfand war im Vorfeld von Querelen überschattet. Das Traditionsfest mit neuer Ausrichterin lockte dennoch 18 000 Besucher an.

Potsdam - Um die Männer mit den knallig bunten Anzügen und wild dekorierten Hüten hat sich ein Kreis gebildet. Viele klatschen mit, wippen im Takt von Posaune, Trompete und Saxofon. Die Truppe zog am vergangenen Wochenende bei sommerlichem Wetter immer wieder über das Tulpenfest im Holländischen Viertel. „Die holländische Marching Band ist einer der Höhepunkte, die sorgten für Stimmung“, sagt Alice Paul-Lunow, die das Fest in diesem Jahr erstmals ausrichtete.

18 000 Besucher waren an den beiden Tagen nach Angaben der Organisatorin insgesamt da, 2000 weniger als im Vorjahr. Damit ist Paul-Lunow, Chefin der Veranstaltungsagentur Fine Emotions, zufrieden. „Das ist ein guter Anfang“, sagt sie, fest überzeugt, dass sie das Fest auch 2019 ausrichten wird. Wie berichtet war das Tulpenfest zunächst aus gesundheitlichen Gründen abgesagt worden. Der Gründer des Fests und Vorsitzender des Vereins zur Pflege niederländischer Kultur in Potsdam, Hans Göbel, hatte die Veranstaltung ins Leben gerufen und ausgerichtet. Paul-Lunow sprang kurzfristig ein und hatte Anfang März verkündet, das Fest doch stattfinden zu lassen, in Zusammenarbeit mit der Händlervereinigung Aktionsgemeinschaft Holländisches Viertel. Der frühere Veranstalter Göbel hatte sich jedoch über die Übernahme geärgert – er nannte es „schlechten Stil“, das Fest 21. Tulpenfest zu nennen, obwohl sein Verein nicht eingebunden war, ja nicht einmal mit ihm gesprochen worden sei. Wie berichtet ist mittlerweile sogar ein Rechtsstreit um den Namen Tulpenfest entbrannt.

„Ich will keine Kopie machen"

Paul-Lunow ist es aber wichtig, klarzustellen, dass sie mit ihrem Fest auch etwas Neues schaffen will. „Ich will keine Kopie machen, deshalb habe ich gezielt neue Elemente einbezogen“, sagt sie. So etwa die Blumenwand – eine über und über mit Tulpen besteckte Fotowand. „Das ist eine modernere Art der Präsentation, die sehr gut angenommen wird“, so Paul-Lunow. In der Tat stehen die Besucher Schlange, um sich vor den bunten Blüten ablichten zu lassen oder ein Selfie zu schießen. Nur dass sie so kurzfristig nicht mehr holländische Händler gewinnen konnte, findet Paul-Lunow selbst schade. „Wir haben noch viel Potenzial im Bereich holländische Spezialitäten für nächstes Jahr, zum Beispiel ein Käsestand wäre schön.“ Sie habe bereits jetzt Zusagen von zwei Holländern für das kommende Jahr.

Wer zwischen den Ständen durch Mittelstraße und Benkertstraße schlenderte, konnte in der Tat kaum holländische Stände entdecken: mexikanische Tacos, indische Tücher, Schirme, Seife und Käse aus den Alpen. Einige haben sich Mühe gegeben, ihren Ständen zumindest eine holländische Note zu geben. Ein Frittenverkäufer hat handschriftlich auf dem Schild ergänzt, dass es sich um „holländische“ Pommes handelt. Roswitha Couvee, die in der Mittelstraße Waffeln verkauft, betonte: „Ich habe extra holländischen Kakao gekauft und Fähnchen aufgehängt.“ Sie ist das erste Mal dabei – wie viele der insgesamt 70 Standbetreiber. Auch Nicole van Aarle aus Holland war noch nie da. Sie verkaufte Holzschuhe und schnitzte immer wieder selbst für das Publikum. „Ich kann nicht klagen“, sagte sie. Sie habe schon einiges verkauft und „die Menschen sind fröhlich“.

„Viel mehr Flair“: Lob von Händlern und Besuchern aus dem Holländischen Viertel

Der geringe Anteil der niederländischen Stände stieß bei den Besuchern auf ein geteiltes Echo. „Der Tiroler Bauernstadel gehört einfach nicht hierher“, betont das Potsdamer Ehepaar Peter. „Früher war es spezifischer holländisch, das würden wir uns anders wünschen.“ Dass es insgesamt weniger Stände sind, finden sie aber positiv. „Da kann man besser laufen, es ist übersichtlicher.“ Manche kommentieren dagegen, es sei leer. Anderen ist noch gar nicht aufgefallen, dass weniger Holländer da sind als sonst.

Nach mehreren Jahren auf dem Bassinplatz, wohin das Fest aus Sicherheitsgründen verlegt worden war, hat es Paul-Lunow bei ihrer Premiere geschafft, die Stände wieder ins Holländische Viertel zu holen. Das stieß bei Besuchern und Händlern auf viel Lob. „Es ist viel gemütlicher hier“, sagt etwa Familie Wachsmuth, die aus Brandenburg/Havel gekommen ist. „Viel mehr Flair“ habe die Kulisse der Backsteinhäuser, findet auch Waffelverkäuferin Couvee. „Das Tulpenfest gehört einfach hier ins Viertel“, sagt auch Anwohnerin Beate Eisner. Von Seiten der Stadtverwaltung kommt eine denkbar kurze Antwort auf die Frage, warum das Sicherheitskonzept es nun doch wieder erlaubt, im Viertel zu feiern: „Die Feuerwehr hält den Bassinplatz prinzipiell für den geeigneteren Ort, es gab aber keine Handhabe, die Veranstaltung im Holländischen Viertel zu untersagen.“

Von dem Streit darum, wem das Tulpenfest gehört, haben viele der Besucher nichts mitbekommen. Sie suchen die Atmosphäre, die Blumen in der Backsteinkulisse. Anwohnerin Eisner kommentiert: „Diese verletzten Eitelkeiten sind doch lächerlich. Den Leuten ist egal, wer es ausrichtet. Hauptsache, das Fest findet statt und wir können hier zusammen feiern.“

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