Kita-Gebühren in Potsdam: Falsch gerechnet
Die Stadt prüft, ob und wie Potsdamer Eltern mutmaßlich überhöhte Kita-Beiträge zurückerstattet bekommen. Das wird kompliziert.
Potsdam - Die Frage ist naheliegend. „Sollen Eltern jetzt ihre Kita-Beiträge nur noch unter Vorbehalt überweisen?“, fragte Lothar Wellmann, Stadtverordneter für die CDU und Eltern-Vertreter für die Kita „Sandscholle“ in Babelsberg. Doch eine solche Empfehlung wollte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) am Dienstagabend ausdrücklich nicht abgeben – schließlich würden die Eltern ihre Beiträge an die privaten Potsdamer Kita-Träger zahlen und nicht an das Rathaus. „Ich reite doch nicht auf fremden Hintern durch das Feuer“, sagte Schubert.
Die Frage und die Antwort zeigen, wie komplex die Gemengelage im Skandal um die mutmaßlich überhöhten Kita-Elternbeiträge in Potsdam ist. Für eine erste Aufklärungsrunde hatte Schubert am Dienstag zahlreiche Eltern- und Trägervertreter ab 17 Uhr ins Bürgerhaus am Schlaatz geladen. Dabei räumte Schubert gleich anfangs ein, die Stadt habe bei der – unter seiner Vorgängerin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) beschlossenen – Elternbeitragssatzung falsch gerechnet. Das habe am Dienstag ein Gespräch im Landesjugendministerium ergeben, so Schubert. Nun gehe es um nötige Korrekturen. Er hoffe auf eine rechtskonforme Lösung bis Mitte kommenden Jahres. Zugleich appellierte er an Eltern- und Kita-Vertreter, nun gemeinsam zu arbeiten. „Wir müssen zusammen eine Lösung finden.“ Sonst drohe auch ein Szenario, dass privat betriebene Kitas verschiedene Preise für die Kinderbetreuung erheben – was weder im Interesse von Eltern noch Trägern sei.
Je nach Betreuungsform Krippe, Kita oder Hort – zwischen 43 und 358 Euro pro Monat zu hoch angesetzt
Vor der Sitzung hatte bereits der Kita-Elternbeirat der Stadt, der die Vorwürfe nach einer Akteneinsicht im Rathaus erhoben hatte, seine Position präzisiert. In einem aktuellen Schreiben an alle Elternvertreter in den Potsdamer Krippen, Kitas und Horten hieß es, die Elternbeiträge müssten – möglichst ohne Klageverfahren – rückwirkend zum 1. Januar 2016 gesetzeskonform festgelegt und erhoben werden. Nach „vorsichtigen Berechnungen“ seien die Höchstbeiträge für Eltern – je nach Betreuungsform Krippe, Kita oder Hort – zwischen 43 und 358 Euro pro Monat zu hoch angesetzt worden, heißt es in dem Schreiben weiter. Den jeweiligen Höchstsatz zahlen Eltern ab einem Jahreseinkommen von 150 000 Euro, die sich daraus ableitenden Gebührenhöhen sind sozial gestaffelt. Dadurch seien auch alle anderen Elternbeiträge nicht gesetzeskonform ermittelt worden, so der Kita-Beirat.
Zur Frage der Rückzahlung von Teilen der Beiträge sagte Schubert am Dienstag, dem wolle er nicht vorgreifen. Er habe auch juristischen Beistand angefragt, um solche Fragen zu klären – unter anderem auch die Kanzlei, die die Arbeiterwohlfahrt bei ihrer schon anhängigen Klage gegen die Potsdamer Kita-Satzung unterstützt. Diese Juristen seien mit der Thematik bereits vertraut, begründete Schubert die Entscheidung – ansonsten laufe man auch Gefahr, „sich im Kreis zu drehen“.
Schubert kündigt an: „Wir werden Rechtssicherheit herstellen“
Ohnehin wird das Procedere komplex, sollte es Rückzahlungen geben – gerade für kleinere Kita-Träger ohne einen größeren bürokratischen Apparat, wie es bei der Zusammenkunft hieß. Denn nicht die Stadt hat die mutmaßlich überhöhten Beträge eingesammelt, sondern die Träger, die das Geld für ihre Arbeit benötigten – und die sich auf die Satzung der Stadt eingelassen hatten. Ergo müssten also die Träger auch zurückzahlen – und die Stadt ihnen dieses Geld überweisen. Schubert sicherte jedenfalls zu: „Wir werden Rechtssicherheit herstellen.“ Die Stadt dürfe nicht mehr Geld einnehmen, als ihr gesetzlich zustehe.
Zugleich ging es um die Aufarbeitung. „Wer trägt denn nun die Verantwortung?“, fragte Wiebke Kahl vom Kita-Elternbeirat. Schubert sagte eine Aufarbeitung der Fehler zu. Dazu wollen die Stadtverordneten heute auf SPD-Antrag auch einen entsprechenden Beschluss fassen, „bei den Kita-Gebühren für Klarheit zu sorgen und den gegen die Landeshauptstadt Potsdam erhobenen Vorwürfen zu begegnen“.
Angesichts der schnell wachsenden Stadt immer mehr Aufgaben
Und noch eine Nachricht hatte Schubert. Für sein Jugendamt, das in den vergangenen Jahren angesichts der schnell wachsenden Stadt immer mehr Aufgaben – etwa beim Kinderschutz – schultern müsse, habe er nun eine Organisationsuntersuchung eingeleitet. Dabei würde erfasst, wo es personelle Engpässe gebe, wo Nachsteuerungsbedarf bestehe. Details, um welche Kosten es hier gehen könnte, nannte Schubert nicht. Allerdings machte auch das Detail deutlich: Zusammen mit den möglichen Rückzahlungen von Elternbeiträgen könnten dem ohnehin angespannten Potsdamer Haushalt von Kämmerer Burkhard Exner (SPD) weitere Mehrkosten in Millionenhöhe drohen.
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