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Das hat Kraft gekostet. VfL-Kapitän Yannik Münchberger übernahm Verantwortung, hatte mit seinem Team aber einen schweren Stand.
© Julius Frick

VfL Potsdam unterliegt Liga-Primus Empor Rostock: Erst Geduld, dann Tempo

Drittliga-Spitzenreiter Empor Rostock ließ sich vom VfL Potsdam nicht aus der Ruhe bringen. Nach zehn guten Anfangsminuten der Potsdamer Handballer hatten die Gäste von der Küste das VfL-Spiel decodiert und letztlich einen Klassenunterschied deutlich gemacht.

Potsdam - 230 Kilometer liegen zwischen Potsdam und Rostock. Für Ostsee-Liebhaber ein kurzes Stück, um aus der Mark schnell ans Meer zu kommen. Im Handball ist der Abstand zwischen Potsdam und Rostock etwas größer: Zumindest am gestrigen Sonntag zeigte der Tabellenführer von der Küste beim 27:17 (13:9)-Sieg gegen den VfL Potsdam einen Klassenunterschied. Der HC Empor Rostock ist auf dem Weg in die 2. Bundesliga, der VfL ist durch die Niederlage auf den siebten Tabellenrang der Drittliga-Nordstaffel abgerutscht. 

Drei Ausfälle im Rückraum der Adler

„Wir hatten uns mehr ausgerechnet“, gestand VfL-Torhüter Fabian Pellegrini nach der Schlusssirene. Doch lediglich in den ersten zehn Minuten konnten die Adler vor 1024 Zuschauern in der heimischen MBS-Arena gegen den Spitzenreiter mithalten – und diesen sogar etwas verblüffen. Jedenfalls zückte Empor-Trainer Till Wiechert nach nicht einmal elf Minuten das erste Mal die Time-Out-Karte. 4:1 führte da der VfL durch jeweils zwei Tore vom Kreis von Rolando Urios Gonzales und durch Distanzwürfe von Yannik Münchberger. Vor allem durch Anspiele am Kreis auf Gonzales und Christian Schwarz wollte VfL-Trainer Daniel Deutsch die Ausfälle von Matti Spengler, Marek Kovaceh und Dominik Steinbuch im Rückraum kompensieren. Sein Rostocker Kollege hatte das schnell durchschaut, sodass Wiechert in der Auszeit seine Spieler auf die Potsdamer Taktik einstellte. Und allein die kurze Unterbrechung hatte gereicht, um die Heimmannschaft aus ihren Rhythmus zu bringen. Während sie sich innerhalb von fünf Minuten vier Fehlwürfe leisteten, erhöhten die Rostocker die Schlagzahl und stellten den Anschluss und schließlich nach knapp 20 Minuten erstmal die Führung her. 

VfL-Kapitän Münchberger war es in dieser Phase, der spürte, dass seine Mannschaft jetzt nicht den Anschluss verlieren darf, doch scheiterte er mehrfach mit seinen Abschlüssen. „Es wirkt mitunter, als wolle er die Situationen mit der Brechstange lösen“, meinte Trainer Deutsch, „aber ich finde gut, dass Yannik in solchen Momenten vorangeht und die Verantwortung übernimmt.“ 

„Das war schnell ausrechenbar, wenn alles über Münchberger läuft"

Nur war am gestrigen Nachmittag Münchberger als alleiniger Lastenträger zu wenig. Den verletzungsbedingten Ausfall von Matti Spengler konnte der Leader allein nicht kompensieren, da „andere nicht an ihr Leistungsniveau herankamen“, wie Deutsch bemängeln musste. Ein Gegner wie Rostock nutzt das gnadenlos aus. „Deren Selbstvertrauen war deutlich zu spüren“, gab VfL-Schlussmann Pellegrini zu. Die Gäste zeigten Tempo-Handball auf höchstem Drittliga-Niveau sowie Spielzüge, wie sie das Publikum in der MBS-Arena in dieser Spielklasse selten zu sehen bekommt. Selbst Trainer Wicherts war begeistert: „Wenn wir 50 Minuten so ein klasse Spiel machen, kann ich die ersten zehn Minuten auch akzeptieren.“ Seine Mannschaft hat sich nicht – wie von VfL-Trainer Deutsch gewünscht – durch den starken Beginn der Potsdamer aus der Ruhe bringen lassen, sondern geduldig mehr und mehr die eigenen Stärken eingebracht und vor allem das Potsdamer Angriffsspiel decodiert. „Das war schnell ausrechenbar, wenn alles über Münchberger läuft“, meinte Wiechert. 

Den Vier-Tore-Vorsprung zur Halbzeit verdoppelten die Gäste nach dem Seitenwechsel binnen sechs Minuten, während dem VfL in dieser Phase kein einziger Treffer gelang. „Irgendwann war dann auch der Glaube nicht mehr da“, musste Deutsch eingestehen. Im Angriff führte das zu reihenweise Fehlwürfen oder Ballverlusten, sodass die Schlussphase gleichfalls minutenlang keine Ausbeute für den VfL brachte, während die Gäste schließlich für eine Zehn-Tore-Differenz sorgen. Als deren Fans „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ fünf Minuten vor Ende sangen, mag das ein klein wenig getröstet haben, dass das Spiel gegen den Liga-Primus verloren geht. Doch sein Gefühl der Enttäuschung konnte Deutsch nicht verleugnen – vielleicht auch, weil die Distanz nach Rostock größer ist als gedacht. 

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