Neue Wohungen am alten Tramdepot: Ein neuer Stadtteil
Am alten Tramdepot entsteht ein neues Stadtviertel. Bis zu 700 Wohnungen sollen dort gebaut werden, ein Teil davon werden Sozialwohnungen. Doch einige Potsdamer sind skeptisch.
Potsdam- Ortstermin im alten Tramdepot: In der großen Halle steht am Samstag Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius. Durch die hohen Wände verstärkt schallt seine Stimme durch die alte Straßenbahnwerkstatt. „Potsdam benötigt dringend neuen Wohnraum“, sagt er. Und der soll in den kommenden Jahren unter anderem auf dem alten Gelände des Verkehrsbetriebs zwischen den Friedhöfen und dem Gelände der Bundespolizei entstehen.
Die Planzeichnungen dafür hängen an der alten Backsteinmauer. Davor stehen mehr als 100 Anwohner und Interessenten. Zum Rundgang eingeladen hatte die Potsdamer SPD. Die Besucher wollen erfahren, wie die künftige Wohnsiedlung aussehen soll. Obwohl viele Details noch offen sind – das Verfahren für einen Bebauungsplan bei der Stadt ist noch nicht abgeschlossen –, eines ist angesichts der Dimension des Vorhabens deutlich: Etwa zwei Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt soll ein neues, innenstadtnahes Stadtviertel entstehen.
Kommunale Pro Potsdam will 400 bis 500 Wohnungen bauen
75 Millionen Euro wird das Großprojekt kosten, schätzt Müller-Zinsius – inklusive der Kosten für den Abriss von Bestandsgebäuden und der Erschließung. Insgesamt sollen 700 Wohnungen in drei- bis viergeschossiger Bauweise auf dem Gelände des Tramdepots und der jetzigen Tennisanlage gebaut werden. Entlang der Heinrich-Mann-Allee könnte auch Kleingewerbe und Einzelhandel unterkommen. Den Löwenanteil von 400 bis 500 Wohnungen will die kommunale Immobilienholding Pro Potsdam selbst errichten. Der Rest soll an private Investoren vergeben werden. 300 der Pro-Potsdam-Wohnungen sollen dank Fördermitteln des Landes Sozialwohnungen sein und zu Mieten von fünf Euro bis 6,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden, hieß es.
Selbst die Mieten der Sozialwohnungen scheinen einigen Besuchern am Samstag zu hoch. „Ich könnte mir das nicht leisten“, ruft ein Mann. „Das sind doch wieder keine Wohnungen für Potsdamer, sondern nur für Zuziehende.“ Müller-Zinsius entgegnet, dass man Neubauten nicht billiger vermieten könnte. Er verweist auf gestiegene Baukosten und moderne Standards für Wärmedämmung. „Wenn sie einen alten Mietvertrag haben und günstig wohnen möchten, rate ich ihnen, dort wohnen zu bleiben“, sagt er.
Verkehrsanbindung bewegt viele
Einige der Besucher sind skeptisch. Dirk Morawitz ist besorgt, dass es in seinem Wohngebiet bald um einiges lauter und hektischer zugehen könnte. „Bereits jetzt fahren 7,5-Tonner durch unsere Straßen, obwohl sie es nicht dürfen“, sagt der 51-Jährige. „Wie soll das erst beim Bau der neuen Siedlung werden?“ Für so viele Autos gebe es gar keine Straßen, meint der Anwohner aus der Kolonie Daheim. „Außerdem leben hier von Nachtigall bis Zaunkönig und Fledermaus viele schützenswerte Tierarten.“
Vor allem Fragen der Verkehrsanbindung beschäftigen viele Teilnehmer am Samstag. Müller-Zinsius verweist dabei am Samstag allerdings auf die Stadtverwaltung. Das kommunale Wohnungsunternehmen sei dafür nicht verantwortlich. Ohnehin bleibt noch etwas Zeit, um die offenen Fragen zu klären. Mit einem Baubeginn rechnet die Pro Potsdam frühestens im Jahr 2017.
Verlagerung des Tennisclubs kostet zwei Millionen Euro
Vorher muss erstmal der Tennisclub Rot-Weiß das Gelände frei machen. Jahrelang hatten sich der Tennisclub und die Stadt über einen Umzug des Sportvereins gestritten. Den Pachtvertrag hatte die Stadt bereits Ende 2009 gekündigt, den Verein aber seitdem auf dem Gelände geduldet. Weil das Rathaus im eigenen Bestand keine geeigneten Flächen für ein Ersatzquartier verfügte, kam bereits vor Jahren ein neuer Standort auf dem Plattenwerksgelände im Potsdamer Süden ins Spiel. Zwei Millionen Euro soll die Verlagerung kosten – inklusive Abriss der alten Sportanlagen und Neubau von zehn Tennisplätzen am neuen Standort. Bezahlen wird die Pro Potsdam. „Die große, von der Stadtverwaltung geforderte Summe scheint hoch für einen Club, dessen Mitglieder größtenteils aus Kleinmachnow kommen“, gesteht auch Müller-Zinsius. Allerdings werde so der Weg für viele dringend benötigte Wohnungen frei.
Das Bauvorhaben an der Heinrich-Mann-Allee bildet einen Schwerpunkt im ausgeweiteten Neubauprogramm der Pro Potsdam. Erst kürzlich hatte das kommunale Wohnungsunternehmen verkündet, bis zum Jahr 2019 insgesamt 1500 neue Wohnungen bauen zu wollen. 458 der ursprünglich geplanten 1000 Wohnungen wurden bislang weitgehend fertiggestellt, wobei der größte Teil nicht zum sozialen Wohnungsbau zu zählen ist.
Außerdem gibt die Pro Potsdam in den kommenden Jahren rund 32 Millionen Euro für die Sanierung bestehender Quartiere aus. So sollen 90 Wohnungen in der sogenannten Heidesiedlung in Babelsberg saniert werden. Auch am Brauhausberg sind ähnliche Projekte geplant. Die sanierten Wohnungen sollen für die Anwohner ab einer Kaltmiete um die 6,50 Euro zu haben sein. Mieter mit Wohnberechtigungsschein müssen weiterhin nur 5,50 Euro je Quadratmeter zahlen. Für neue Mieter werden jedoch 9,50 Euro kalt fällig. (Mit Marco Zschieck)
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