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2018 holte Franziska John, damals noch als Weber (r.), überraschend WM-Gold zusammen mit Tina Dietze
© Ute Freise

Saisonstart für Potsdams Kanuten: „Die neue Franzi“

Kanu-Olympiasiegerin Franziska Weber heißt jetzt John. Der Nachname hat sich geändert, doch ihr Ehrgeiz nicht. Allerdings muss die Potsdamerin nach einem Jahr mit wenig Training einiges aufholen.

Potsdam - Die Titelsammlung von Franziska Weber ist beeindruckend. Im Kanu-Rennsport wurde sie Europameisterin, fünfmal. Sie wurde Weltmeisterin, viermal. Und sie fuhr 2012 zum Olympiasieg. Weitere Titel werden für Franziska Weber allerdings nicht hinzukommen. Doch keine Sorge, die Top-Athletin des KC Potsdam im OSC hat nicht ihre Karriere kurzerhand beendet. Sie will weiterhin zu Erfolgen paddeln, doch das nunmehr als Franziska John. Im Herbst heiratete sie. Beim Saisonauftakt am Wochenende, der ersten nationalen Sichtung in Duisburg, startet die 29-Jährige erstmalig unter dem Nachnamen, den sie von ihrem Mann angenommen hat. „Mal sehen, ob die neue Franzi auch das kann, was die alte Franzi konnte“, sagt sie und lacht herzlich.

"Nix trainiert" - und dennoch WM-Gold geholt

Kurz zuvor sah ihre Miene noch ganz anders aus. Die Erschöpfung war ihr anzumerken, als sie am Luftschiffhafen aus dem Boot kletterte. Das Training der vergangenen Wochen schlaucht. Viele Kilometer, hohe Intensitäten. „Das ist umso härter, wenn einem gewisse Grundlagen fehlen“, sagt Franziska John. Der Mangel resultiert vor allem aus der zurückliegenden Saison, in der die Kajakfahrerin ihre Prioritäten anders setzte. Der Sport rückte in den Hintergrund. Dafür stand ihr Studium des Bauingenieurwesens an der Fachhochschule Potsdam im Mittelpunkt. Nur eines der drei großen Trainingslager im Winter und Frühjahr machte sie mit, auch danach investierte sie fürs Paddeln nur das, was das Studienpensum zuließ. „Ungefähr 50 Prozent von dem, was eigentlich trainiert hätte werden sollen, hat Franzi gemacht“, ordnet KCP-Chefcoach Ralph Welke ein.

Eigentlich wollte die gebürtige Potsdamerin daher 2018 dem Wettkampfbetrieb völlig fern bleiben, aber die Trainer überzeugten sie, doch anzutreten. „Dafür bin ich nachträglich dankbar“, sagt Franziska John. Ihr Resümee: „Ich hatte nix trainiert, konnte also auch nix erwarten – und dann kam so eine Überraschung heraus.“ Bei der Weltmeisterschaft in Portugal fuhr sie mit ihrer langjährigen Bootspartnerin Tina Dietze aus Leipzig zum Zweier-Titel über 200 Meter. Eine nicht-olympische Strecke. „Trotzdem für uns eine super Sache“, meint John. Im Vierer über 500 Meter, der auch bei Olympia zum Programm gehört, reichte es für Platz fünf. „Da hatten wir natürlich auf mehr gehofft.“ Nichtsdestotrotz sei 2018 ein Jahr gewesen, auf das sie zufrieden zurückblickt.

Tokio rückt näher: "Ich werde noch nicht unruhig"

Besonders den Vortrieb im Studium schätzt Franziska John als wertvoll ein. Sie möchte Sicherheit für die Karriere nach dem Sport. „Das nimmt eine große Last von den Schultern. Wenn du in dieser Hinsicht Sorgen hast, bist du nicht frei beim Sport“, sagt sie. Daher hätte Brandenburgs sechsfache Sportlerin des Jahres am liebsten gerne nochmal so eine Intensivkur in der Fachhochschule gemacht, um dem Abschluss näher zu kommen. „Aber ich habe gar nicht gefragt. Die Trainer hätten gesagt: ,Kannst du voll vergessen, du hast wohl eine Macke.’“ Schließlich ist die aktuelle Saison die vorolympische. Eine, in der bei der Weltmeisterschaft in Ungarn der Großteil der Quotenstartplätze für Tokio 2020 vergeben werden. Der Deutsche Kanu-Verband braucht Franziska John dafür – in guter Form.

Einige Abstriche beim Training machte sie dennoch. So ließ sie beispielsweise zugunsten des Studiums wieder einen Lehrgang über den Winter aus. „Das ist nicht einfach. Sie ist auf einem guten Weg, aber muss schon noch reichlich aufholen“, urteilt Ralph Welke. Tokio wirft seine Schatten voraus. Nur 16 Monaten bleiben zum Leistungsaufbau. „Ich werde noch nicht unruhig“, meint Franziska John. „Die Zeit passt schon, allerdings muss ich jetzt wieder konsequenter werden. Schritt für Schritt.“ Dem deutschen Team beim Ergattern von Olympia-Startplätzen zu helfen, ist der wichtigste, den sie sich 2019 vornimmt. Auch wenn der Nachname inzwischen ein anderer ist, so bleibt ihr Ehrgeiz unverändert. Die Sammlung von 35 Medaillengewinnen bei internationalen Elite-Meisterschaften, die die „alte Franzi“ angehäuft hat, soll nunmehr die „neue Franzi“ erweitern.

+++ Nationale Sichtung und Potsdams Anpaddeln +++

Am Wochenende startet die neue Kanusaison. Für die Rennsportler des KC Potsdam im OSC geht es bei der ersten nationalen Sichtung in Duisburg darum, sich gut für den Kampf um Plätze in der Nationalmannschaft zu positionieren. 24 KCP-Athleten sind gemeldet. Am Sonntag findet zudem Potsdams traditionelles Anpaddeln statt. Dazu treffen sich die Wassersportfreunde um 11 Uhr wieder in der Neustädter Havelbucht, wo sie dieses Jahr von den „Neuen“ begrüßt werden: Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), dessen Vater Manfred viel für den Potsdamer Kanusport getan hat und es immer noch tut, sowie Dajana Pefestorff, die unlängst zur Präsidentin des Landes-Kanu-Verbands Brandenburg gewählt worden ist

Tobias Gutsche

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