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Problempunkt. Die Trasse führt auch nahe der Villa Adlon entlang. Die dortige Straße Am Lehnitzsee wird gesperrt, Anwohner müssen künftig den Heinrich-Heine-Weg nutzen.
© Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP)

Verzögerung bei Tram-Trasse: Die Furcht vor dem "Verkehrsdrama“ in Potsdam

Die Verzögerungen bei der Tramstrecke nach Krampnitz sorgen für Ärger und Unverständnis. Anwohner schließen Klagen nicht aus.

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Potsdam - Nach der Vorstellung der Pläne für die um vier Jahre verschobene Tramtrasse nach Krampnitz hagelt es Kritik. Auch stellt sich die Frage, ob Bauverwaltung und Verkehrsbetrieb (ViP) das Großvorhaben mit seinen mehr als 200 Millionen Euro Gesamtkosten noch einmal deutlich umplanen müssen.

Schon bei der öffentlichen Vorstellung der Pläne am Dienstagabend im Krampnitz-Forum gab es erhebliche Bedenken. So sagte Karl-Ludwig Böttcher, der frühere Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg: „Die Grundstückssicherung für die Tramerweiterung hat überhaupt noch nicht stattgefunden.“ Er habe Bedenken, ob das noch zu schaffen sei und und was das kosten werde. „Man hätte sich darum bereits viel früher kümmern müssen.“ So muss die Stadt für die Tramtrasse noch 60 Grundstücke von diversen Eigentümern kaufen, ferner führt die Plantrasse an einigen Stellen eng an bestehenden Immobilien vorbei. Von einzelnen Eigentümern vor Ort hieß es gegenüber den PNN, es werde „mit großer Sicherheit“ Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren für den Trambau geben. Das werde man noch öffentlich erklären, sagte einer der Anrainer.

Auf die Risiken machte auch Matthias Finken aufmerksam, Sprecher der Bürgervertretung im Bornstedter Feld und CDU-Verkehrsexperte im Stadtparlament. Das zukunftsorientierte Konzept halte er zwar für durchdacht, sagte er den PNN: „Ich hoffe nur, dass wir es zügig realisieren und die Eigentumsfragen bei der Trasse schnell und einvernehmlich mit den Eigentümern gelöst werden können – ebenso wie die Finanzierung“ Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) hatte angekündigt, all dies wolle man Schritt für Schritt mit den Anliegern besprechen.

Karl-Ludwig Böttcher.
Karl-Ludwig Böttcher.
© Nestor Bachmann/ dpa

Kritik an Trassen-Planung

Angesichts dieser Unsicherheiten forderten einzelne Anwohner auch ein vom restlichen Potsdamer Tramnetz abgekoppeltesTeilstück, etwa von Krampnitz bis zum Bahnhof Marquardt. Dem schloss sich gegenüber den PNN die Linken-Stadtverordnete Tina Lange aus Fahrland an – so könne man Entlastung für den Verkehr im Norden schaffen. Ansonsten zeigte sich Lange enttäuscht von den Plänen: Bekannte Risikostellen seien nicht ausgeräumt, nur die Zeitspannen nach hinten gerückt worden. Kritik übte sie daran, dass auf der erst 2017 gebauten Strecke vom Volkspark zum Campus Jungfernsee nun ein zweites Gleis verlegt werden soll – das hätte gleich in einem Schritt passieren müssen. Die Rathausplaner hatten versucht zu begründen, das geplante Wachstum von Krampnitz sei beim Bau dieser Trasse an der viel befahrenen Bundesstraße 2 nicht absehbar gewesen. Wegen des Baus hatte es monatelang Staus auf den Umleitungsstrecken gegeben.

Matthias Finken
Matthias Finken
© promo

An dieses Chaos erinnert sich Neu Fahrlands Ortsvorsteherin und Bürgerbündnis-Stadtverordnete Carmen Klockow nur ungern. Sie fürchtet, dass mit dem Bau der Trasse ein „Verkehrsdrama“ droht, über Jahre hinweg. Das Problem aus ihrer Sicht: Die Menschen würden schon nach Krampnitz ziehen, bevor die Tram gebaut ist – dadurch wäre eben besonders die B2 von langwierigen Verkehrsbehinderungen betroffen. Die Stadt hatte übergangsweise Busverbindungen in Aussicht gestellt, allerdings mangels Platz mit nur kürzeren eigenen Fahrspuren in Richtung Innenstadt. „Es gibt keine Idee, wie die Leute umgeleitet werden sollen“, sagte Klockow den PNN.

Tina Lange.
Tina Lange.
© promo

Mehr Verkehr auf der B2 befürchtet

Auch im Forum Krampnitz, einer öffentlichen Veranstaltung, die regelmäßig stattfinden, stand am Dienstagabend der Verkehr im Mittelpunkt. Rathausplaner rechneten vor, dass auch angesichts des Bevölkerungswachstums der Region mit deutlich steigendem Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße zu rechnen sei – es geht um ein Plus von etwa 20 Prozent. Ein Anwohner kritisierte die Zahl der Park-and-Ride-Plätze rund um die Tramtrasse – mit 270 sei diese viel zu gering. Auch wegen des Radschnellweges, der nach Krampnitz führen soll, gibt es Bedenken. Am Fahrländer See würde dieser durch ein Landschaftsschutzgebiet führen, gab eine Frau zu bedenken. Rathausverkehrsplaner Norman Niehoff räumte ein, erst der Planungsprozess werde zeigen „wie wir das machen“. Allerdings könne man auch eine Ausnahmegenehmigung dafür beantragen oder eben diesen Weg anders legen.

Laut Klockow wäre es angesichts der Unklarheiten besser, Krampnitz zunächst – wie ganz am Anfang vorgesehen – nur mit 3800 Menschen zu planen. „Wenn überhaupt“, fügte die Ortsvorsteherin hinzu und verwies auf weitere Baugebiete in Fahrland oder Groß Glienicke. Auch anderswo wurde debattiert. Der Linken-Stadtverordnete Sascha Krämer schlug unterdessen vor, über Alternativen wie Hybrid-Busse nachzudenken, die ihre Energie aus Oberleitungen beziehen.

Weiterführende Schule zunächst abgesagt

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte angesichts der ungenügenden Planungen bereits dieses Jahr verfügt, Krampnitz dürfe vor Start der Trambahn nicht auf über 5000 Einwohner wachsen – trotz der dringend nötigen Wohnungen. Das hat wie berichtet auch Auswirkungen auf die geplante Infrastruktur in dem Viertel: Eine weiterführende Schule ist zunächst abgesagt. Allerdings soll es den Plänen nach schon 2022 eine erste Kita geben, laut Rubelt ein Jahr später auch Einzelhandel. Der komplett fertiggestellte Grundschul-Campus sei für 2024 vorgesehen, so Rubelt. „Deswegen wird der Verkehr sich auch schon vor der Inbetriebnahme der Tram beruhigen.“ Erste Bewohner sollen laut den bisher bekannten Plänen Ende 2021 einziehen.

Georg Bittcher von der Fraktion Die Andere stellte im Forum eine grundlegende Frage, nämlich warum nun genau der Tramstart von Ende 2025 auf Ende 2029 verschoben worden sei, er verstehe diese große Diskrepanz nicht. Rubelts Antwort: „Dass die ersten Zahlen mutiger und schneller waren liegt daran, dass man Risiken nicht genau kannte.“

Ortsvorsteherin Carmen Klockow.
Ortsvorsteherin Carmen Klockow.
© promo

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