Potsdam: Demo für Erhalt des Gutshauses Satzkorn
Das Gutshaus Satzkorn im Potsdamer Norden verfällt seit der Wende. Eine Aktionsgemeinschaft kämpft nun für den Erhalt des historischen Hauses.
Potsdam - Wer in der DDR durch Städte und Dörfer fuhr, der konnte vielerorts annehmen, hier werde nach dem Motto gehandelt: Trümmer schaffen ohne Waffen. Waren doch viele historische Bauwerke dem Verfall preisgegeben. Geschundene Gebäude mit undichten Dächern und kaputten Fassaden oder auch ganz eingefallene Häuser prägten so manches Ortsbild.
Gutshaus Satzkorn verfällt seit 1990er Jahren zusehends
Doch im Falle des Gutshauses Satzkorn im Norden Potsdams scheint die Zeit Kapriolen zu schlagen: Während das Gebäude – mehr oder weniger intakt – den Sozialismus überdauert hatte, verfällt es zusehends seit Anfang der 1990er Jahre. Auf diese bedauerliche Situation machte die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum am Freitag mit einer Demonstration vor dem Gutshaus aufmerksam und forderte den Erhalt des historischen Gebäudes. Die Veranstalter hatten unter dem Motto „macht Schloss!“ zu der Veranstaltung eingeladen. Die Kundgebung war Teil eines Kongresses, den die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum am Freitag hauptsächlich in der Marquardter Kulturscheune veranstaltete und auf dem eigentumsrechtliche Fragen in der Bundesrepublik diskutiert wurden.
So entrollte man auf der Demonstration auch Banner, mit denen die Abschaffung von Artikel 143 Absatz 3 des Grundgesetzes gefordert wurde. Die Vorschrift hatte man anlässlich der Wiedervereinigung in die deutsche Verfassung aufgenommen, um die Unumkehrbarkeit der in den 1940er Jahren in der sowjetischen Besatzungszone durchgeführten Bodenreform verfassungsrechtlich abzusichern. Manfred Graf von Schwerin, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, forderte auf der Veranstaltung am Freitag, Bodenreformland, das sich heute in Staatsbesitz befindet, an die Alteigentümer zurückzugeben. Er stellte zugleich ausdrücklich klar, dass nicht auch die Rückgabe des Grund und Bodens verlangt werde, welchen die Siedler im Zuge der Bodenreform erhalten hatten.
80 Demo-Teilnehmer wollen Gutshaus erhalten
Unter den rund 80 Teilnehmern der Demonstration vor dem vom Verfall bedrohten Gutshaus war auch Kurt Brandhorst-Satzkorn, Sohn des letzten Gutsbesitzers Friedrich Brandhorst-Satzkorn. „Ich bin so froh, dass sich so viele Menschen heute hier treffen“, sagte der 89-Jährige, der aus Schweden, wo er seit Jahrzehnten wohnt, zu der Veranstaltung angereist war. Anfang der 1990er-Jahre habe er sich darum bemüht, dass seine Familie das Gutshaus zurückerhalte. Die Verhandlungen mit den staatlichen Stellen seien damals jedoch erfolglos geblieben. Konkret habe man seinerzeit versucht, das Anwesen zurückzukaufen oder es wenigstens zu pachten, erläuterte auf der Veranstaltung Fredrik Brandhorst-Satzkorn, Sohn von Kurt Brandhorst-Satzkorn. Die Familie war nach dem Krieg enteignet worden, das Gebäude wurde Sitz eines Volkseigenen Gutes. Heute, so die Familie, wolle man das Gutshaus jedoch nicht mehr in den Familienbesitz zurückbekommen.
Stadt Potsdam führte Notsicherungsmaßnahmen durch
Das Anwesen wurde seit den 1990er- Jahren mehrfach veräußert. Derzeit gehört das unter Denkmalschutz stehende Gutshaus einer Privateigentümerin. Und es verfällt in den letzten Jahren immer mehr. Allerdings wurden von der Stadt Potsdam in der Vergangenheit Notsicherungsmaßnahmen durchgeführt. Die Notbedachung ist deutlich zu erkennen. Nach Angaben des Satzkorner Ortsvorstehers Dieter Spira (SPD) hatte Potsdam für die Notmaßnahmen am Gutshaus etwa 60 000 Euro ausgegeben. Ob sie letztlich den Verfall des Gebäudes nur verlängern oder ob es doch noch eine Rettung für den Barockbau gibt, erscheint ungewiss. Ein Vorstoß der Stadtfraktion der Grünen zur Rettung des Hauses steht auf der Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung. Die Stadt Potsdam möge prüfen, ob sie das Haus selbst erwerben könnte. Dann, so die Grünen, müsste es saniert werden, damit es „für öffentliche Funktionen nutzbar gemacht werden“ kann (PNN berichteten).
1945 wurde Friedrich Brandhorst-Satzkorn erschossen
Das Gutshaus stammt in wesentlichen Teilen aus dem 18. Jahrhundert und wurde damals auf einem mittelalterlichen Keller errichtet. Johann Conrad Friedrich Brandhorst, Leibarzt Friedrich Wilhelms I., ließ sich ab 1739 das Haus erbauen. Da er jedoch 1740 starb, konnte er den repräsentativen Bau nicht mehr selbst bewohnen. Mit Friedrich Brandhorst-Satzkorn ging 1945 die Ära der Brandhorsts in Satzkorn zu Ende. In den letzten Kriegstagen wurde Friedrich Brandhorst-Satzkorn – offenbar von Viehdieben – im Pferdestall erschossen. Der 16-jährige Sohn Kurt musste dies gemeinsam mit einer Schwester aus nächster Nähe miterleben. „Wir sind türmen gegangen durch die Hintertür“, erzählte der heute 89-Jährige am Freitag. „Wir dachten, jetzt sind wir auch dran.“ Einige Tage nach dem Tod des Vaters musste die Familie das Haus verlassen.