Verschwörungsmythen: Corona-Proteste mit Kindern und Kuscheltieren
Am Freitag demonstrierten Corona-Skeptiker vor dem Landtag gegen die Maskenpflicht an Schulen. Auch ein verurteilter Brandstifter war dabei.
Potsdam – Etwa 50 Menschen haben am Freitagnachmittag vor dem Landtag gegen die Maskenpflicht an Schulen protestiert, darunter etwa ein Dutzend Kinder. Um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen, hatten die Veranstalter Dutzende Kuscheltiere auf den Steubenplatz gelegt. Aufrufe zu dieser “Kuscheltieraktion” waren zuvor in einschlägigen Chatgruppen verbreitet worden, in denen sich Verschwörungsideologen austauschen. Auch der Rechtsextremist Maik Schneider nahm teil.
Schluchzend trat eine Frau an das Mikrofon. Sie wisse gar nicht, ob sie ihre geplante Rede halten könne, weil sie so von Gefühlen überwältigt sei. Unter Tränen fragte sie: “Was ist das für eine Welt, in der Kinder nicht frei atmen dürfen?”. Sie selbst sei “Mutter und Großmutter” und mache sich Sorgen, dass das Maskentragen gravierende Langzeitschäden verursachen könne. Fest stehe: Masken seien gefährlicher als das Coronavirus.
Danach ergriff ein Mann das Mikrofon. Er ging einen Schritt weiter und behauptete, das Virus sei nicht real, sondern “am Rechner von Christian Drosten entstanden”. Dahinter stecke eine Verschwörung der Digitalwirtschaft, die den Mittelstand zerstören wolle. Mithilfe der Verordnungen würden die Eliten aus Politik und Wirtschaft eine “neue Wirtschaftsordnung” errichten wollen.
Für die Kundgebung war ein Bereich mit Flatterband markiert worden. Dort sollten eigentlich bestimmte Auflagen gelten, die unter anderem das Tragen einer Maske vorschrieben. Die meisten Teilnehmer standen aber außerhalb der Absperrung nah beieinander und trugen keine Masken. Die Anmelder behaupteten, das seien nur "Passanten". Die anwesenden Polizisten schritten gegen diese Verletzung der Auflagen nicht ein. Unter den Teilnehmern befand sich auch der wegen eines Brandanschlags verurteilte Rechtsextremist Maik Schneider.
Ein bundesweites Netzwerk formiert sich
Die krude Veranstaltung wurde organisiert von einer Initiative namens “Eltern stehen auf” (ESA), die bundesweit aktiv ist und eine ganze Reihe von Chatgruppen beim Messengerdienst Telegram betreibt. Eine Gruppe namens “Brandenburg West” soll offenbar Aktivisten aus dem Potsdamer Raum versammeln und hat 201 Mitglieder (Stand Freitagabend).
Dort wird unter anderem ein vorgefertigtes Anschreiben verbreitet, mit dem sich Eltern an die Schulen ihrer Kinder wenden sollen. Darin wird die Schulleitung aufgefordert, eine “Gefährdungsbeurteilung” durchzuführen und medizinische Untersuchungen für Schüler anzubieten. Ziel ist offenbar, die Maskenpflicht als illegal darzustellen und den Schulen die Umsetzung so schwierig möglich zu machen.
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Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sagte am Freitag vor Journalisten, in Zusammenhang mit der Pandemie werde auch in Potsdam systematisch Desinformation verbreitet. Eltern würden aufgehetzt, sowohl gegen die Hygienemaßnahmen als auch gegen nötige Impfungen.
So seien gerade in Potsdam-West großflächig mit Handzetteln Stimmung gegen Impfung gemacht worden – mit Warnungen vor angeblich tausenden Impftoten, die nun drohen würden. Kundgebungen von Pandemie-Leugnern verglich Nonnemacher mit früheren Masernpartys.
Saskia Ludwig weist Coronaleugner zurück
Die Kundgebung wurde auch in der Gruppe „Nicht ohne uns Potsdam“ beworben. Dort wurde außerdem dazu aufgerufen, bei Politikern vor Ort anzurufen und gegen das geplante Bevölkerungsschutzgesetz auf Bundesebene zu agitieren. Eine Teilnehmerin behauptet dort, die Bundes- und Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) habe ihr zugesagt, sie werde gegen dieses Gesetz stimmen. Ludwig „könnte direkt eine Querdenkerin sein“, vermutete sie in Anspielung auf die gleichnamige Corona-Protestbewegung. Allerdings stellte ein Sprecher von Ludwig auf PNN-Anfrage klar: „Frau Ludwig hat mit Corona-Leugnern und so genannten Querdenkern nichts zu tun. Diese Leute irren in ihrem gesamten Ansatz.“
Am Samstag steht bereits die nächste krude Kundgebung in Potsdam an. Reichsbürger wollen vor dem Neuen Palais aufmarschieren, um die Rückkehr zu Monarchie zu fordern.