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Die umstrittenen Pläne für den Waldstadtcampus wurden beschlossen. 
© Stadt Potsdam

Neuer Schulstandort: BUND will gegen Waldstadt-Campus klagen

Die Stadtverordneten haben den Bau des neuen Schulstandorts beschlossen. Kontrovers diskutiert wurden aber die geplante Sportanlagen im Landschaftsschutzgebiet.

Der Streit um den Waldstadt-Campus wird wohl bald juristisch ausgefochten: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat angekündigt, gegen den Bau von Sportplätzen im Landschaftsschutzgebiet in der Waldstadt vor Gericht zu ziehen. „Wir werden diesen Plan prüfen und wir werden auch dagegen klagen“, sagte Axel Kruschat, Geschäftsführer des BUND Brandenburg, am Mittwochabend vor den Stadtverordneten.  Diese haben nach heftiger, teils wenig sachlicher Debatte ihren Grundsatzbeschluss für den Waldstadt-Campus gefällt. Mit deutlicher Mehrheit stimmten die Stadtverordneten für den Bau des umstrittenen Projekts. Mit Stimmen von SPD, Grünen, CDU, FDP und zwei Linken-Abgeordneten wurde der Bebauungsplan beschlossen, der vorsieht, nahe dem Bahnhof Rehbrücke eine Gesamtschule, eine Förderschule, eine Kita und wettkampftaugliche Sportanlagen zu errichten. Die meisten Linken und die Fraktion Die Andere stimmten dagegen, AfD und Bürgerbündnis votierten uneinheitlich. 

Sicherung des Landschaftsbildes

Für das Projekt soll ein Teil des Kiefernwaldes vor Ort abgeholzt werden. Eine Sportanlage soll im angrenzenden Landschaftsschutzgebiet entstehen – das war auch der Punkt, an dem sich die Debatte am heftigsten entzündete. Bei einem Landschaftsschutzgebiet gehe es um die Sicherung des Landschaftsbildes. „Die vorgesehene Bebauung würde dieses Landschaftsbild zerstören“, sagte Kruschat. Der Schulkomplex selbst und dessen Notwendigkeit wurden kaum infrage gestellt. „Die Schule muss gebaut werden, der Bedarf ist unstrittig!“, betonte Daniel Keller (SPD). 
Umso mehr gestritten wurde über die geplanten Sportplätze. „Warum brauchen wir auf engster Fläche in der Waldstadt vier Großsportfelder?“, fragte Lutz Boede (Die Andere). Diese deckten vor allem einen überregionalen Bedarf, das könne auch an einem anderen Ort umgesetzt werden. „Dieses hier ist nur der Anfang, ein Entrée“, warnte Michél Berlin (Linke), der fürchtet, der Neubau im Landschaftsschutzgebiet könnte andere Projekte nach sich ziehen. 
Die Pläne zum Schulcampus in der Waldstadt hatten bereits mehrere Runden durch die Ausschüsse und die Stadtverordnetenversammlung gedreht und sind mehrfach überarbeitet worden. Nun soll das Ensemble wie berichtet aus Klimaschutzgründen in ökologischer Bauweise und mit klimaneutraler Energieversorgung errichtet werden, etwa durch die Verwendung von Holz. Der Protest von Anwohnern war von Anfang an vehement. Die eigens gegründete Bürgerinitiative „Bürger für Waldstadt“ trommelt seit zwei Jahren gegen das Projekt, war bei Begehungen, auf Bürgerversammlungen und organisierte Demos. Erst am vergangenen Samstag hatten 70 Menschen, darunter Klimaaktivisten und Mitglieder der Anwohnerinitiative, gegen die Pläne für den Schulcampus demonstriert. 

Mehr als 3000 Unterschriften gegen das Projekt

Am Mittwochabend übergab Sabine Blossey von „Bürger für Waldstadt“ 3049 Unterschriften, davon 2276 aus Potsdam – auf USB-Stick, um Papier zu sparen. Die Signaturen wurden über eine Onlinepetition gegen das Projekt gesammelt. Der Hauptkritikpunkt der Initiative sind die geplanten Baumfällungen und die Pläne innerhalb des Landschaftsschutzgebietes. „Wir haben hier gesehen, wenn Wald erst einmal gekauft und Bauland daraus gemacht wird, dann zählen Alternativen nicht mehr“, kommentierte Blossey mit einer gewissen Bitterkeit. 
Eine Reihe von Stadtverordneten nahm Bezug auf den kürzlich ausgerufenen Klimanotstand. „Wir haben jetzt die Möglichkeit zu entscheiden, ob wir einen Wald erhalten“, sagte Anja Laabs (Die Andere). „Wenn wir für dieses Projekt stimmen, stimmen wir gegen den Klimaschutz“, warnte sie. Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos), hielt dagegen: „Klimanotstand heißt doch nicht, nie wieder Bäume zu fällen.“ Es gebe Ausgleichspflanzungen, außerdem verlange das Wachstum der Stadt nun einmal nach neuen Standorten. 
An diesem Streitpunkt glitt die Debatte ins Grundsätzliche. Steffen Pfrogner (Die Andere) griff andere Fraktionen frontal an. Die Grünen seien bei der Kommunalwahl nicht wegen ihrer Kommunalpolitik gewählt worden, behauptete er, „sondern nur wegen dem Grün in ihrem Namen“. Und der SPD gehe es „nur noch um den Machterhalt“. Daniel Keller setzte dagegen und warf seinerseits der Fraktion Die Andere vor, gegen ihr Wahlprogramm zu agieren, das mehr Sportflächen vorsehe. Andreas Walter (Grüne) unterstellte ferner, der Klimanotstandsbeschluss werde bei jedem Beschluss missbraucht – „nicht immer nur da, wo es passt“.

Ziel: Eröffnung im Sommer 2024

Nach dem Votum am Mittwoch kann nun das Verfahren für den Bebauungsplan Nummer 142 fortgesetzt werden. Als nächstes muss die Auslegungsfassung erstellt, im nächsten Jahr ausgelegt und beschlossen werden. Parallel soll der Kommunale Immobilienservice (Kis) einen Wettbewerb für die Bauten durchführen. Das Ziel ist es, dass mindestens die Gesamtschule im Sommer 2024 eröffnen kann. Die Stadt muss allerdings einen Teil der Fläche noch vom Land kaufen. Dieses lehnt bislang aus haushaltsrechtlichen Gründen eine preisgünstige Übertragung ab. Als weiteres Fragezeichen kommt nun die angekündigte Klage des BUND. Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) äußerte sein Unverständnis ob der fehlenden Reaktion darauf. „Das kann man doch nicht einfach wegdrücken“, so Scharfenberg. Hier werde „sehenden Auges das Risiko in Kauf genommen“.(mit HK)

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