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Im Potsdamer Rathaus gibt es vielfach Überlastung und vakante Stellen.
© Sebastian Gabsch

Personalsorgen und Überlastung im Potsdamer Rathaus: Brisante Statistik erst nach der Wahl

Im Sozialdezernat des designierten Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert herrscht in einigen Ämtern Überlastung, wie erst jetzt bekannt wird. Das Rathaus entschuldigt sich dafür.

Potsdam - Kurz nach der Oberbürgermeisterwahl werden brisante Daten aus dem Sozialdezernat des neu gewählten Rathauschefs Mike Schubert (SPD) bekannt. Es geht um eine hohe Zahl überlasteter Mitarbeiter und vakanter Stellen, nach deren genauer Höhe der Linken-Stadtverordnete Matthias Lack bereits Mitte September gefragt hatte – mit Frist zum 3. Oktober. Doch die SPD-geführte Stadtverwaltung veröffentlichte die erklärungsbedürftigen Zahlen erst am Montag, also 24 Stunden nach der Oberbürgermeisterwahl und zwölf Tage nach Ablauf der Frist. Dieses Vorgehen sorgt für heftige Kritik.

"Hilferufe" aus dem Rathaus

Der Reihe nach: Lack hatte seine Anfrage an das Rathaus am 17. September gestellt. Anlass seien „Hilferufe“ aus der Verwaltung gewesen, dass Mitarbeiter in einigen Fachbereichen unter zu hoher Arbeitsbelastungen ächzten. Daher fragte er unter anderem nach detailliert auf die Geschäftsbereiche aufgeschlüsselten Zahlen der sogenannten Überlastungsanzeigen von Mitarbeitern im vergangenen Jahr und nach der Anzahl der unbesetzten Planstellen. Zwei Wochen Zeit hat die Verwaltung für die Antworten auf solche Fragen – doch in diesem Fall dauerte es, trotz Nachfragen aus der Linke-Fraktion, doppelt so lange. Bis zum 15. Oktober.

Die Antwort – unterschrieben von Oberbürgermeister Jann Jakobs und Kommunikationsfachbereichsleiter Dieter Jetschmanegg (beide SPD) – ist vor allem für Schuberts Dezernat pikant: 146 aller 175 gestellten Überlastungsanzeigen in der Stadtverwaltung kommen aus seinem Bereich. Das entspricht 83 Prozent. Besonders der untergeordnete Fachbereich Soziales und Gesundheit kommt auf 96 solcher Anzeigen, die Arbeitnehmer stellen können, wenn sie wegen zu viel Stress erhebliche Fehler nicht mehr ausschließen können und sich und im Rahmen etwaiger Haftungsansprüche absichern wollen. Der besonders betroffene Fachbereich ist für Gesundheitsvorsorge, Tierschutz, Sozialhilfe, Grundsicherung sowie Wohnungsvermittlung und Wohngeld zuständig. Allein im April seien in dem Amt 49 Überlastungsanzeigen gestellt worden, damals hatte eine Grippewelle die Stadt im Griff. Die restlichen 50 Überlastungsanzeigen im Dezernat verteilen sich auf das Jugend- und das Ordnungsamt. Die anderen Verwaltungsbereiche sind unauffällig, einzig elf Überlastungsanzeigen im August 2018 im Fachbereich Stadtplanung ragen etwas heraus.

Kritik kommt von der Linken

Die brisanten Zahlen hätten die Linken gern für ihre Kandidatin Martina Trauth im OB-Wahlkampf gegen Schubert verwendet. Umso verärgerter gibt sich der Stadtverordnete Lack über die späte Antwort. „Es ist schon bezeichnend, dass diese Antwort erst jetzt vorliegt – wenn man sie sieht, weiß man auch warum.“ Angesichts der vielen Überlastungsanzeigen in Schuberts Geschäftsbereich müsse man sich ernsthaft fragen, was das für die anderen Mitarbeiter in der Stadtverwaltung bedeuten könnte – wo der SPD- Mann doch bald für das ganze Rathaus zuständig sein wird. „Sind dann bald alle Rathaus-Angestellten überlastet?“

Zudem hatte Lack auch die Zahl der unbesetzten Stellen abgefragt. Demnach waren in der Stadtverwaltung zum Stichtag Ende April rund 130 Arbeitsplätze vakant – davon wiederum 63 im Sozialdezernat, also knapp die Hälfte. „Dann muss man sich auch über die Belastung im Sozialdezernat nicht wundern“, meint Lack.

"Dafür bitten wir um Entschuldigung"

Das Rathaus nahm am Dienstag auf PNN-Anfrage Stellung zu der Kritik. Rathaussprecher Jan Brunzlow sagte, es sei bedauerlich, dass die Anfrage nicht fristgerecht beantwortet wurde. „Dafür bitten wir um Entschuldigung.“ Den Vorwurf, es habe eine wissentliche und absichtliche Verzögerung gegeben, weise die Stadtverwaltung aber zurück. Konkrete Gründe für die Verzögerung nannte er allerdings nicht.

Dafür gab Brunzlow Auskunft zu den Gründen für die vielen Überlastungsanzeigen. Die Ursachen dafür lägen in der steigenden Zahl von Bürgeranfragen und Fallzahlen in der wachsenden Stadt, aber auch in der lokalen Umsetzung neuer Gesetze, etwa dem Pflegestärkungs- und dem Bundesteilhabegesetz. Der Bedarf an neuen Stellen sei im Sozialdezernat bereits vor Monaten erkannt und ihre Besetzung in Angriff genommen worden. So sei bereits rathausintern angezeigt worden, dass mehr Stellen und damit auch mehr Gelder benötigt werden, um die Mitarbeiter zu entlasten. Leider seien diese Stellen bislang nicht genehmigt worden, sagte Brunzlow.

Wie berichtet hatte Schubert, bisher Sozialdezernent, sich am Sonntag bei der OB-Stichwahl mit rund zehn Prozentpunkten Vorsprung vor seiner Linken-Konkurrentin Trauth durchgesetzt. Auch sie hatte im Wahlkampf mehrfach eine neue Führungskultur im Rathaus angemahnt – nicht zuletzt, um den hohen Krankenstand zu senken.

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