Oberbürgermeisterwahl: Wahlsieger auf dünnem Fundament
SPD-Kandidat Mike Schubert wird mit historisch schlechter Wahlbeteiligung neuer Rathauschef. Linke-Bewerberin Trauth gewinnt Teile der Platte zurück
Mit einer so aufregenden Stichwahl hatte wohl niemand gerechnet. Doch es wurde zwischenzeitlich noch einmal richtig spannend. Denn es war lange unsicher, ob einer der Oberbürgermeisterkandidaten, Mike Schubert (SPD) oder Martina Trauth (parteilos / Die Linke), das Quorum erreichen und die erforderliche Zahl von Ja-Stimmen – nötig waren exakt 21 167 – würde auf sich vereinen können.
Mit fortschreitendem Stand der Auszählung zeichnete sich aber ab, dass es doch einigermaßen deutlich für Schubert reichen würde: Er bekam 28 803 und damit 55,3 Prozent der Stimmen, bei seiner Kontrahentin Trauth machten 23 283 Potsdamer ihr Kreuz (44,7 Prozent).
SPD zeigt sich erleichtert
Die Erleichterung war Schubert und seinen Genossen deutlich anzumerken. Auf der Wahlparty der SPD wurde der Wahlsieger am Abend schließlich mit donnerndem Applaus empfangen. Schubert wertete sein Ergebnis als den „gemeinsamen Erfolg“ der SPD. Die Wahl habe gezeigt, dass die Potsdamer den Versuchungen des Populismus widerstehen.
Die Wahlbeteiligung war schlechter als vermutet
Das taten sie allerdings zu Lasten der Wahlbeteiligung. Sie war nämlich noch um einiges schlechter, als vorab ohnehin vermutet worden war. Nur 37,8 Prozent der Potsdamer gingen am gestrigen Sonntag zur Urne, das ist der niedrigste Wert bei einer Oberbürgermeisterwahl seit der Wende in Potsdam und die viertschlechteste Quote bei Wahlen in diesem Zeitraum überhaupt. Nur die Europawahlen 1999, 2004 und 2009 hatten noch weniger Wähler zur Urne gelockt.
Der Wahlsieger war darüber auch nicht begeistert: „Ein Wermutstropfen ist die Wahlbeteiligung“, sagte Schubert, „viele dachten wohl, dass es gelaufen ist.“
Das Rennen war knapp
Das war es keineswegs, wie das Endergebnis widerspiegelt. Das Rennen verlief knapper, als selbst von Experten angenommen – hatte Schubert im ersten Wahlgang mit 32,2 Prozent die Zweitplatzierte Trauth mit 19,1 Prozent doch recht klar auf Distanz gehalten. Viele hatten erwartet, dass dieser Vorsprung eher noch wächst, doch stattdessen schmolz er zusammen. Und nicht nur das: Der Linken-Kandidatin gelang es sogar, Stadtteile zurück- oder erstmals überhaupt für die Partei zu erobern. So gewann Trauth etwa die Brandenburger Vorstadt mit 53,0 Prozent sowie Potsdam-West und Wildpark mit 55,6 Prozent – bei den vergangenen Oberbürgermeisterwahlen hatte hier Noch-Amtsinhaber Jann Jakobs stets deutlich vor seinem Linken-Herausforderer Hans-Jürgen Scharfenberg gelegen.
In Satzkorn fuhr Trauth 50,8 Prozent ein. Mit der Waldstadt II (55,3 Prozent) und dem Schlaatz (54,2 Prozent) holte sie zwei Plattenbaugebiete von der SPD zurück, die Schubert im ersten Wahlgang noch gewonnen hatte. Insgesamt holte Trauth, in absoluten Zahlen gesehen, sogar mehr Stimmen als Scharfenberg bei der Stichwahl vor acht Jahren. Für diesen hatten 2010 exakt 20 768 Potsdamer votiert – und damit rund 2500 weniger jetzt für als Trauth. Nun ist seitdem zwar auch die Zahl der Wahlberechtigten um mehr als 14 000 gewachsen. Doch auch beim absoluten Stimmenanteil lag Scharfenberg hinten: Er erreichte seinerzeit 16,3 Prozent der Wahlberechtigten, Trauth diesmal 16,5 Prozent. Die Unterlegene sprach von einem „guten Ergebnis“, mit dem sie „sehr zufrieden“ sei.
Linke-Fraktionschef Scharfenberg, der Trauth im Wahlkampf kaum oder zumindest nicht öffentlichkeitswirksam unterstützt hatte, erklärte ebenfalls, seine Partei könne zufrieden sein. „So groß ist der Abstand ja nicht.“ Das Ergebnis zeige, dass die Linke eine starke politische Kraft in Potsdam sei. Er zollte der Parteilosen, deren Kandidatur er zuvor als Experiment bezeichnet hatte, Respekt. „Sie hat einen guten Wahlkampf gemacht.“
Im Gegensatz zum ersten Wahlgang am 23. September wurde die Stichwahl nicht im Süden der Stadt entschieden. Die guten Ergebnisse, die Trauth in den Plattenbaugebieten einfuhr, täuschen darüber hinweg, dass die Wahlbeteiligung dort auch am niedrigsten war, das Ergebnis also nicht maßgeblich beeinflusst haben. Am Schlaatz etwa betrug sie lediglich 14,3 Prozent, nur knapp 1000 der gut 6600 Bewohner rafften sich zu einem Besuch in ihrem Wahllokal auf. Ähnlich schlecht war die Quote in Drewitz. Schubert fuhr sein bestes Ergebnis mit 78 Prozent in Sacrow ein, auch in der noblen Berliner Vorstadt holte er 71 Prozent. Auch hier war allerdings nur gut jeder Vierte zur Wahl gegangen.
Schubert tritt sein Amt Ende November an
Noch-Rathauschef Jakobs, der am 27. November seinen letzten Arbeitstag hat, erklärte, er wünsche seinem Nachfolger „ein gutes Händchen“. Er sei „überzeugt davon, dass er die Aufgaben hervorragend bewältigen wird“, so Jakobs. Schubert habe sich auch gegen „innerparteiliche Widerstände“ durchgesetzt. Es sei der vorläufige Punkt einer Entwicklung, die Schubert „schon vor Jahren ins Auge gefasst“ habe, sagte Jakobs in Anspielung auf den bekannten Ehrgeiz des neuen Rathauschefs. Der drang bereits in der ersten Pressemitteilung durch, die die Stadt am Abend herausgab. Schubert, der sein Amt am 28. November offiziell antritt, kündigte darin an, „sofort“ damit zu beginnen, die „Herausforderungen einer wachsenden Stadt anzupacken“. Als einen wichtigen Punkt nannte er das Thema Verkehr. Er werde sich mit dem Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD), und dem Oberbürgermeister von Brandenburg/Havel, Steffen Scheller (CDU),<TH>verabreden und gemeinsam mit beiden über die Verkehrsinfrastruktur in der Region sprechen, erklärte Schubert.