Buch über den Potsdamer Brauhausberg: Brauereien, Kinos und Schlachthöfe
Einst Weinberg, dann Heimat von Brauereien und Ort des märkischen Kremls: Gernot Neubauer rollt in „Der Potsdamer Brauhausberg“ die 500-jährige Geschichte des Berges auf.
Potsdam - Die Geschichte des Brauhausberges stößt auf wachsendes Interesse: Der Rundfunk Berlin-Brandenburg widmete ihm in der Reihe „Geheimnisvolle Orte“ im Oktober eine eigene Folge, kurz zuvor erschien im August das Buch „Der Potsdamer Brauhausberg“ von Gernot Neubauer. Der 80-jährige Potsdamer, der selbst auf dem Brauhausberg wohnt, hatte sich in den letzten drei Jahren eingehend mit dessen Geschichte beschäftigt. Damit liegt nun erstmals ein Buch vor, das sich der Potsdamer Landmarke in seiner Gänze widmet und nicht nur einzelnen Gebäuden wie dem ehemaligen Landtag oder dem Terrassenrestaurant Minsk.
500 Jahre sind es, die Neubauer auf rund 60 Seiten betrachtet: Von der ersten Erwähnung als „Churfürstlicher Weinberg“ im Jahr 1515, als dieser noch über einen ausladenden Tiergarten verfügte, über den Bau zahlreicher Bierkeller für die angrenzenden Brauereien, die dem Berg ab 1716 seinen heutigen Namen gaben, bis hin zum Bau der Kriegsschule im Jahr 1902, deren Turm noch heute das Stadtbild dominiert.
Sächsische Gesellen schufen wichtigen Grundstein
Einen wichtigen Grundstein für die spätere Wohnbebauung auf dem Brauhausberg schufen 1752 zugereiste Maurer- und Zimmermannsgesellen aus Sachsen: Sie errichteten 20 Wohnhäuser für sich und ihre Familien in der Schützenstraße, der heutigen Max-Planck-Straße. Schon um das Jahr 1800 herum galt der Berg als schönster Aussichtspunkt Potsdams, Alexander von Humboldt bezeichnete ihn gar als Potsdams Chimborazo, in Anlehnung an den von ihm bestiegenen Andengipfel gleichen Namens.
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Großen Raum im Buch nimmt natürlich die 1902 errichtete Reichskriegsschule ein, über deren Aussehen die Publizistin Margarete Buber-Neumann in einer Erinnerung an ihre Jugend in Potsdam schrieb: „Nach Entwürfen Kaiser Wilhelms II. gebaut, stellt es etwa eine Kreuzung zwischen englischem Landhaus und deutscher Ritterburg dar.“
Zahlreiche Gaststätten und zwei Kinos
Auch andere zeitgenössische Dokumente geben ein farbiges Bild des Brauhausberges, auf dem sich damals noch viele beliebte Ausflugslokale befanden: „Er ist von einem schönen Mischwald bestanden, der, bis hinter die Ravensberge sich hinziehend, den ganzen Zauber eines großen Hochwaldes spendet“, heißt es im „Illustrierten Führer durch Potsdam“ von 1908. „Der rechts abzweigende Weg führt nach dem jedermann wohlbekannten altrenommierten Gartenlokal ,Wackermanns Höhe’, wo es die Original Potsdamer Stange gibt.“
Überhaupt ging es auf dem Brauhausberg recht vergnügt zu: Neben der Wackermanns Höhe listet Neubauer über ein dutzend Gaststätten wie das Restaurant Petershöhe oder das Wirtshaus Cecilienhöhe, die sich hier zwischen 1800 und 1940 befunden haben. Neben der guten Aussicht dürften auch die nahen Brauereien das ihrige dazu getan haben, etwa die 1716 gegründete Königliche Bierbrauerei und später die Brauerei Adelung und Hoffmann.
Letztere wurde 1896 von der Vereinsbrauerei Rixdorf übernommen, die laut eigenen Angaben zwischen 1896 und 1897 insgesamt 6 077 000 Flaschen Bier absetzten konnte. Auch zwei Kinos befanden sich auf dem Berg: 1929 eröffnete das „Alhambra“, 1940 das „Bergtheater“ mit 700 Plätzen in der Leipziger Straße. Beide wurden wie viele andere Gebäude am Berg am 14. April 1945 beim Bombenangriff in der „Nacht von Potsdam“ zerstört.
Fast vergessene Orte kommen zu Wort
Der untere Teil des Berges wurde von Gewerbebauten dominiert, etwa vom 1894 errichteten Städtischen Schlachthof in der Leipziger Straße, auf dem sich auch Eis-, Darm-, Gewürz- und Wurstgroßhandlungen befanden. „Die Einrichtung war nötig geworden, weil rund 40 Privatschlachtereien in Potsdam mit ihren Abfällen die Luft und das Grundwasser verpesteten.“ Auch Eisenbahn-Schuppen und -Werkstätten befanden sich hier, Korn-, Mehl- und Hafermagazine, das städtische Wasserwerk, Bootsbauwerften und natürlich Brauereien.
Akribisch geht Neubauer etliche Grundstücke der Leipziger Straße, Schützen-Straße und der Luckenwalder Straße (heute Albert-Einstein-Straße) durch, und listet auf, was sich dort einst befand. Dabei geht leider nicht immer klar hervor, um welche Zeiträume es sich handelt, auch bei den Fotos fehlen immer wieder Jahreszahlen. Dafür kommen fast vergessene Orte zu Wort, etwa der heute nicht mehr existierende Schützenplatz, der sich einst zwischen Luckenwalder Straße und dem heutigen Minsk befand und durch den Bau der Straße Am Brauhausberg verschwand. Neubauer erinnert auch an das gescheiterte Bauprojekt „Wald-Potsdam“ Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem 29 000 Potsdamer der gehobenen Schicht wohnen sollten; die Weltwirtschaftskrise machte dem einen Strich durch die Rechnung.
Für seine Recherchen nutzte Neubauer viele Veduten, Archivdokumente, Postkarten und Fotos, von denen einige abgebildet sind und teils überraschende und ungewohnte Ansichten liefern, etwa auf den verschwundenen Schützenplatz oder den Städtischen Schlachthof. Zur Orientierung wären allerdings hier und da Karten hilfreich gewesen, um die Standorte der früheren Gebäude im heutigen Stadtbild besser bestimmen zu können. Insgesamt liefert das Buch aber einen wichtigen Beitrag zur Potsdamer Lokalgeschichte, nicht nur für Brauhausberg-Fans.
Gernot Neubauer: „Der Potsdamer Brauhausberg“, Eigenverlag, 66 Seiten, 12,95 Euro, erhältlich unter anderem im Internationalen Buch, bei Hugendubel und der Bürgel Buchhandlung Babelsberg