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Georg Friedrich Prinz von Preußen beim Neujahrsempfang der Uni Potsdam 2020  
© Ottmar Winter PNN

Showdown im Hohenzollern-Konflikt: Zieht Georg Friedrich von Preußen Konsequenzen aus NS-Verstrickungen seiner Vorfahren?

Georg Friedrich von Preußen will Kunstschätze aus Schlossmuseen der Hauptstadtregion - und präsentiert nun ein Buch zur Rolle seiner Vorfahren im Dritten Reich.  

Potsdam - Georg Friedrich Prinz von Preußen drängt im Vermögensstreit mit der öffentlichen Hand um früheren Familienbesitz der Hohenzollern auf einen Schlussstrich. „Mir geht es vor allem darum, einmal, und zwar ein für alle Mal zu klären, wie die Eigentumsverhältnisse sind“, sagte der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers jüngst dem ZDF. Und: „Rückblickend betrachtet kann man durchaus sagen, dass die NS-Zeit durchaus einen moralischen Tiefpunkt meiner Familiengeschichte markiert.“ 
Es waren bemerkenswerte Töne, beides hängt zusammen. Bei den Forderungen des Hauses Hohenzollern geht es um tausende Kunstschätze in Schlossmuseen der Hauptstadtregion von kaum zu bezifferndem Wert, nach Schätzungen von über 300 Millionen Euro. Darüber hinaus wird eine 1,4-Millionen-Euro-Entschädigung der öffentlichen Hand für nach 1945 in der sowjetischen Besatzungszone enteignete Hohenzollern-Immobilien reklamiert, aber auch für enteignete Bankkonten, Aktienbesitz und Hypotheken. 
Das Ausmaß der Forderungen und vorherige Geheimverhandlungen von Hohenzollern und öffentlicher Hand über einen Vergleich hatten 2019 Tagesspiegel und Spiegel publik gemacht. Nach geltender Rechtslage in der Bundesrepublik ist eine Entschädigung und eine Rückgabe bei einem Teil der Kunstwerke ausgeschlossen, und zwar nur dann, wenn der damalige Kronprinz Wilhelm dem NS-Regime erheblich Vorschub leistete, was Gutachten der Historiker Stephan Malinowski und Peter Brandt im Auftrag Brandenburgs für die Verwaltungsverfahren belegten. Der Historiker und Preußen-Spezialist Christopher Clark, der es vor einigen Jahren in einem Gutachten für die Hohenzollern noch anders sah, hat seine damalige Auffassung inzwischen revidiert. 

Selbst Hohenzollern-Historiker Machtan sieht Kollaboration des Kronprinzen mit den Nazis 

Der Zeitpunkt des Schlussstrich-Wunsches des Hohenzollern-Oberhauptes und die Selbstreflexion zur Familienrolle in der NS-Zeit lassen aufhorchen. Denn es stehen mit Spannung erwartete Termine an: Am Mittwochabend (18.8.) wird Georg Friedrich von Preußen mit einem „Grußwort“ auftreten, wenn im Berliner Kronprinzenpalais Unter den Linden das mit seiner Unterstützung entstandene Buch des Historikers Lothar Machtan „Der Kronprinz und die Nazis“ vorgestellt wird. Er hatte Zugang zu bislang unbekannten Dokumenten im Familienarchiv der Hohenzollern, lobte die Unterstützung des Hauses. Gegen andere Historiker waren die Hohenzollern nach öffentlichen Aussagen zum Vermögensstreit juristisch vorgegangen. 

Selbst Machtan kommt zum Ergebnis, dass der Kronprinz das NS-Regime befördert hat. In den Jahren 1931, 1932, sagte er dem ZDF, habe es „eine gewisse Kollaboration des gewesenen Thronfolgers des zweiten mit dem Möchtegernführer des dritten Reiches gegeben“.  Und nach der Machtergreifung habe Wilhelm als „royales Aushängeschild“ geholfen, das dritte Reich zu legitimieren. Machtan bezweifelte sogar, dass „die Gerichte im Sinne der Hohenzollern urteilen werden“. Nach diesen Aussagen kann Georg Friedrich von Preußen eigentlich seine Klage gegen die vom Land Brandenburg abgelehnte Entschädigung für enteignete Immobilien zurückziehen. 

Daniel Wesener (Grüne): Hohenzollern-Auftritt von Bundesminister Peter Altmaier skandalös  

Bemerkenswert ist auch, dass bei der Buchpremiere ein Mitglied der Bundesregierung auftritt, nämlich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), was prompt Kritik provoziert. „Ich finde es skandalös, dass eine Bundesregierung, die sich seit Jahren mit den Hohenzollern über das Eigentum am nationalen Kulturerbe streitet, dieser Familie nun in einer bundeseigenen Immobilie und im Beisein eines Bundesministers auch noch ein Forum für ihre Agenda bietet“, sagte Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen und kulturpolitischer Sprecher im Berliner Abgeordnetenhaus dieser Zeitung. 
Am Tag darauf, am Donnerstag, werden am Kammergericht Berlin erstmals in zweiter Instanz Verfahren verhandelt, bei denen das Hohenzollern-Oberhaupt massiv gegen Historiker wie Stephan Malinowski (Edinburgh) oder Winfried Süß (ZZF Potsdam), Medien und Politiker wie Wesener vorgegangen war. In erster Instanz am Landgericht, wo Georg Friedrich von Preußen über 80 Verfahren anstrengte, hatte er überwiegend gewonnen. Die Klageflut ist umstritten und inzwischen vom Historikerverband Deutschlands dokumentiert worden.   

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) lehnt jedwede Verhandlungen mit Georg Friedrich von Preußen strikt ab, solange das Hohenzollern-Oberhaupt solche Klagen nicht zurückzieht. Das ist auch Linie in den Parlamenten Berlins und Brandenburgs. Georg Friedrich von Preußen hat es selbst in der Hand, den Weg für neue Gespräche mit der öffentlichen Hand freizumachen. 

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