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Das Wissenschaftsministerium ist derzeit im Gebäude der Stiftung Großes Waisenhaus in der Potsdamer Innenstadt untergebracht. Geführt wird das Ressort von Martina Münch (SPD). Sollte sie nach der Landtagswahl im Amt bleiben, hätte sie sicher nichts gegen einen Umzug: Sie wohnt in Cottbus.
© PNN / Ottmar Winter

Umbau Ost: Umzug des Wissenschaftsministeriums hat Konsequenzen

Erstmals soll in Brandenburg ein Ministerium die Landeshauptstadt verlassen. Die PNN geben einen Überblick über Reaktionen und Konsequenzen.

Potsdam - Es ist ein überraschender Paukenschlag knapp vier Monate vor der Landtagswahl: Erstmals soll in Brandenburg mit dem Wissenschaftsministerium ein Ressort aus der Landeshauptstadt Potsdam verlegt werden. Das beschloss das rot-rote Kabinett am Dienstag bei seiner Sitzung in Luckenwalde (Teltow-Fläming).

Warum ist der Umzug des Ministeriums überhaupt nötig?

Das hat zwei Gründe. Politisch soll damit „ein klares Signal für die Lausitz gesetzt werden“, wie Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) betont – zumal Potsdam mit dem gleichzeitigen Engagement der Bundespolizei in der Landeshauptstadt nicht geschwächt werde. Die Pläne der Polizei sind es, die die Rochade auslösen. Das Areal in der Potsdamer Heinrich-Mann-Allee 103, auf dem bislang Einrichtungen wie das Landesvermessungsamt ihren Sitz haben, wird bis 2021 vom Land geräumt, weil dort das neue Bundespolizeipräsidium für rund 1800 Mitarbeiter entsteht. Das Landesforstamt, das an dem Standort untergebracht ist, soll nach Eberswalde (Barnim) umziehen. Für die anderen Einrichtungen müssen neue Liegenschaften gefunden werden, auf den beiden Regierungsstandorten Heinrich-Mann-Allee 107 und Henning-von Tresckow-Straße wird es enger. Das Wissenschaftsministerium ist zur Miete im Gebäude der Stiftung Großes Waisenhaus in der Dortustraße untergebracht. Die nach Aufgabe der Heinrich-Mann-Allee 103 vorhandenen Räumlichkeiten reichten nicht aus, um alle Landesbediensteten in Potsdam unterzubringen.

Wie sind die Reaktionen in Potsdam?

Die Stadt Potsdam ist stinksauer. Und zwar nicht deshalb, weil Landesbehörden besser auf das ganze Land verteilt werden sollen, sondern weil mit der Stadt vorher niemand über die Pläne gesprochen hat. Solche weitreichenden strukturpolitischen Entscheidungen könnten nicht ohne Einbeziehung der betroffenen Kommunen getroffen werden, kritisiert Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). „Potsdam ist im Interesse einer guten Entwicklung in allen Landesteilen gerne zu gemeinsamen Diskussionen mit der Landesregierung und dem Städte- und Gemeindebund bereit“, sagt er. Der SPD-Politiker bezweifelt aber, dass das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur das richtige für den Umzug ist. Potsdam als Standort des größten Weltkulturerbes im Land, diverser Landesverbände kultureller Träger, mehrerer Hochschulen, zweier Unis und vieler Forschungseinrichtungen habe sich einen Ruf als Wissenschafts- und Kulturstadt erworben. Die räumliche Nähe zum Ministerium sei deshalb wichtig. Die Ansiedlung eines Energieministeriums in der Lausitz erscheine plausibler, so Schubert. Ähnlich äußert sich die Potsdamer Landtagsabgeordnete und frühere SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz. Sie fürchte, dass die vollständig überraschenden Reformideen in der Potsdamer Kulturszene für unnötige Irritationen sorgen werden. Wenn man der Lausitz nach dem Ende der Braunkohle eine Zukunft geben wolle, spreche sehr viel mehr dafür, das Ministerium für Wirtschaft und Energie dorthin zu verlegen.

Zieht der Landesrechnungshof nun auch noch nach Cottbus?

Potsdam ist auch deshalb irritiert, weil das Land erst kürzlich die Entscheidung traf, für den Landesrechnungshof, der aus dem Landtagsgebäude ausziehen muss, extra Räume in den Roten Kasernen anzumieten. Einen von CDU und Grünen ins Spiel gebrachte Umzug der Behörde nach Cottbus hatte Rot-Rot bislang ausgeschlossen – und lieber ein neues Domizil in der Landeshauptstadt gesucht. „Das Land hat hier durch den Wettbewerb um die Räumlichkeiten eine dringend benötigte Anmietung durch die Landeshauptstadt Potsdam verhindert“, so Oberbürgermeister Schubert. Nun erklärte Finanzminister Christian Görke (Linke), dass zusätzlich weitere 100 Landesbedienstete von Potsdam in die Lausitz verlegt werden sollen – etwa indem der Landesrechnungshof oder eine andere obere Behörde umziehe. Darüber solle aber der neue Landtag entscheiden, der am 1. September gewählt wird.

Was passiert mit den Mitarbeitern, die nicht umziehen wollen?

Das Land sichert zu, dass niemand zum Umzug gezwungen wird. Wer in Potsdam bleiben möchte, soll eine andere Beschäftigungsmöglichkeit innerhalb der Landesverwaltung bekommen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wertet die Umzugspläne grundsätzlich positiv, appelliert aber an die Landesregierung, umgehend mit Beschäftigtenvertretungen und Gewerkschaft über den Umfang des Umzugs und die neuen Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Die Landeshauptstadt Potsdam erklärte, sie sei gerne bereit, zu prüfen, welche Perspektiven sie im öffentlichen Dienst für diejenigen anbieten können, die aus familiären oder persönlichen Gründen nicht umziehen können. „Fachkräfte werden in Potsdam gesucht, nicht zuletzt auch für unsere öffentliche Verwaltung“, so Oberbürgermeister Schubert.

Wie werden die Pläne in Cottbus aufgenommen?

Die Stadt Cottbus, die Wirtschaft in der Region und die Universität haben den geplanten Umzug des Wissenschaftsministeriums als wichtiges Zeichen für die Lausitz begrüßt. Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) schrieb am Dienstag in einer Mitteilung: „Die Ansiedlung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur stärkt den Standort Cottbus, der im Strukturwandel von genau diesen Inhalten geprägt sein wird.“ Ähnlich äußerte sich die amtierende Präsidentin der Brandenburgisch-Technischen Universität (BTU), Christiane Hipp. Auch der Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative Lausitz, Michael Schulz, sieht die Entscheidung der Landesregierung als ein wichtiges Zeichen für die Menschen in der Region. Der Umzug könnte ein Baustein sein, die zu erwartenden Arbeitsplatzverluste in der Region nach dem Ausstieg aus der Braunkohle etwas aufzufangen, sagte Schulz.

Gibt es überhaupt Platz für ein Ministerium in Cottbus?

Ja, den gibt es. Das Land besitzt zwei Liegenschaften in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs, die jeweils bereits von Behörden genutzt werden. Damit gibt es zwei Alternativen: entweder an einem der beiden Standorte wird ein Neubau für rund 15 Millionen Euro errichtet oder auf dem zweiten Gelände wird ein bereits vorhandenes Gebäude für das Ministerium entkernt und saniert, was rund fünf Millionen Euro günstiger wäre. Schon am heutigen Mittwoch will Finanzminister Christian Görke (Linke) beide Standorte bei einem Pressetermin besichtigten.

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