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Die Brandenburger Landesregierung will Mediziner auch in Cottbus ausbilden lassen und damit nicht nur der Lausitz helfen.
© Kitty Kleist-Heinrich (Archiv)

Gastbeitrag: Neugründung einer Medizin-Hochschule wenig sinnvoll

In Cottbus soll, so will es die rot-rote Landesregierung, eine Medizin-Hochschule gegründet werden. Stattdessen sollte die Lausitz Teil des Gesundheitscampus Brandenburg werden, meinen unsere Gastautoren.

Cottbus/Potsdam - Mit der Einrichtung des Gesundheitscampus Brandenburg hat die amtierende Landesregierung 2015 den Grundstein gelegt für einen signifikanten Ausbau des brandenburgischen Gesundheitswesens und der medizinischen Forschung und Lehre.

Zunächst nur als Kooperationsplattform einschlägig engagierter Hochschulen und Institute sowie einiger Krankenhäuser angedacht, erfolgte 2018 aus dem Gesundheitscampus heraus die Gründung einer gemeinsamen Fakultät für Gesundheitswissenschaften, die von der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) und der Universität Potsdam getragen wird. Eine bundesweit einmalige Konstruktion, die nun die institutionelle Fundierung des Gesundheitscampus darstellt. Die BTU bringt hier insbesondere ihre Expertise in der Medizintechnik und die in Senftenberg angesiedelte akademische Ausbildung von Pflegekräften ein. Die von Kliniken in Brandenburg an der Havel, Ruppin, Rüdersdorf und Bernau finanzierte private MHB bietet seit 2014 Studiengänge in Medizin und Psychologie an. Die Universität Potsdam ist als größte brandenburgische Universität in den Natur- und Kognitionswissenschaften, der Sportmedizin und der Digitalisierung hervorragend ausgewiesen.

Schnittstelle zwischen Medizin und Informatik

Mit der gemeinsamen Fakultät bietet sich die einmalige Chance, insbesondere an der Schnittstelle von Medizin und Informatik internationale Sichtbarkeit zu erreichen. Über die dort angesiedelte Versorgungsforschung lassen sich die spezifischen medizinischen Anforderungen eines relativ dünn besiedelten Flächenlandes wie Brandenburg – gerade auch in Komplementarität zu Berlin und seiner Charité – hervorragend abbilden. Das Thema Gesundes Altern wird hierbei eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie die Versorgung insbesondere bei Herzkreislaufproblemen, Stoffwechselstörungen oder psychischen Erkrankungen.

Die neueren Entwicklungen in der Lausitz bieten eine einmalige Chance, diesen Ausbau der Gesundheitsversorgung und der medizinischen Forschung und Lehre noch zu verstärken. So sollte unbedingt ein Teil der als Kompensation für den Kohleausstieg fließenden Mittel für genau einen solchen Ausbau verwendet werden. Denn derartige Investitionen wirken sich indirekt auch auf das mittelfristige Wirtschaftswachstum aus. Medizinische Forschung und Versorgung bringen qualifizierte Unternehmen und Arbeitsplätze in die Region. Medizinisch orientierte Start-Ups ziehen Talente an und stehen für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand.

Sinnvoll und weniger sinnvoll

Welche konkreten Maßnahmen sind hierzu erforderlich? In der gemeinsamen Fakultät für Gesundheitswissenschaften werden gerade Masterstudiengänge in Versorgungsforschung und Public Health ausgearbeitet. Mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Mitteln ließe sich in die Fakultät auch problemlos eine in Cottbus konzentrierte staatliche Ausbildung von Ärzten integrieren.

Über die gemeinsame Fakultät lassen sich Lehrimporte und -exporte zwischen den beteiligten Hochschulen vergleichsweise leicht organisieren, außerdem ließe sich auf diesem Weg die wichtige kritische Masse in der Forschung am schnellsten erreichen.

Weitere brandenburgische Kliniken, die sich neben Cottbus in die Ärzteausbildung einbringen wollen, könnten an die gemeinsame Fakultät angebunden werden – wenn sie es nicht schon sind. So ließe sich der gewünschte Impuls für die Lausitz mit einer landesweiten Verbesserung der medizinischen Versorgung sowie einem Schub für die einschlägige Forschung und Lehre kombinieren.

Was hingegen wenig sinnvoll erscheint, ist die anscheinend ebenfalls diskutierte Neugründung einer separaten staatlichen medizinischen Hochschule oder auch nur einer weiteren staatlichen Fakultät. Diese Lösung wäre nicht nur wesentlich teurer, sondern auch deutlich komplexer, was Gründung und Betrieb angeht. Der Wert einer solchen weiteren Struktur erschließt sich uns nicht. Sie würde im Gegenteil dazu beitragen, die ohnehin schwierige hochschulpolitische Lage in der Lausitz weiter zu komplizieren. Die über die gemeinsame Fakultät erzielbare enge Zusammenarbeit aller brandenburgischen Akteure wäre hingegen sehr zeitnah zu erreichen und aufgrund der auf der Hand liegenden Synergien wesentlich kosteneffektiver.

Prof. Dr. Joachim Dudenhausen, ehemals Dekan der Charité, ist Dekan der Brandenburgischen Fakultät für Gesundheitswissenschaften.
Prof. Dr. Joachim Dudenhausen, ehemals Dekan der Charité, ist Dekan der Brandenburgischen Fakultät für Gesundheitswissenschaften.
© Andreas Klaer

Joachim Dudenhausen, Oliver Günther

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