Interview | Finanzministerin Katrin Lange (SPD): „Die Spielräume werden geringer“
Brandenburgs Landeshaushalt kämpft mit den Folgen der Coronakrise. An der inneren Sicherheit werde aber nicht gespart, sagte Finanzministerin Katrin Lange (SPD).
Frau Ministerin Lange, wie wird der Landeshaushalt nach Corona aussehen?
Mit gut 15 Milliarden Euro gibt das Land derzeit so viel Geld aus, wie noch nie. Das wird im nächsten Haushalt vermutlich ähnlich sein – je nachdem, wie sich die Corona-Lage entwickelt. Wir werden vieles fortführen, was begonnen wurde. Aber: Die Spielräume werden geringer, die Rücklagen schrumpfen, das strukturelle Defizit nimmt zu. Der Haushalt der Zukunft steht massiv unter Druck.
Als Ministerin führen Sie gerade die so genannten Chefgespräche mit den Fachkollegen... Wie läuft das denn?
Nicht ganz einfach, aber auch nicht schwerer als erwartet. In den letzten Jahren hatten wir immer Steuermehreinnahmen. Jetzt dagegen ist die Lage anders. Wir rechnen mit Mindereinnahmen von 1,6 Milliarden Euro in diesem und im nächsten Jahr. Meine Aufgabe ist, mit dem bekannten Prignitzer Einfühlungsvermögen den Kabinettkollegen diese neue Lage zu verdeutlichen und ihnen sehr sensibel zu erklären, dass diese bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt werden muss. Im September soll das Kabinett den Haushaltsentwurf beschließen. Das wird auch so sein.
Manchmal scheint es ja vorauseilenden Gehorsam zu geben: Der Innenminister hat ja als erstes die Zielzahl bei den Polizistenstellen herabgesetzt, dann haben Sie verhandelt, und jetzt sind Sie am Ausgangspunkt...
In meinem Finanzministerium gibt es eine klare Linie: An der inneren Sicherheit in diesem Land wird nicht gespart. Ende der Durchsage. Das betrifft die Polizei, das betrifft auch die Justiz. Das Finanzministerium hilft immer gern, diese Linie durchzusetzen. Zur Wahrheit gehört, dass die Zielzahl von 8500 Polizisten auch auf meine Veranlassung in den Koalitionsvertrag gekommen ist. Ich war damals Innenstaatssekretärin, ich weiß, wovon ich rede. Die SPD hatte übrigens als einzige Partei eine konkrete und realistische Zahl im Wahlprogramm.
Braucht es einen Stellenabbau in der Verwaltung?
Wir sind jetzt bei knapp 50.000 Stellen im Landesdienst. Über viele Jahre wurden Stellen abgebaut. Das wurde schon in der in der letzten Wahlperiode grundlegend geändert. Denn man merkte, man hatte den Bogen überspannt. Dieser Fehler muss jetzt wieder gutgemacht werden. Wir verstärken daher die Ausbildung und forcieren die Einstellung von Nachwuchs. Deswegen werden wir aufs Ganze gesehen kein Personal abbauen, sondern zusätzlich gewinnen.
Ein Projekt aus dem Koalitionsvertrag, dessen Sinn bisher noch niemand so richtig verstanden hat, sind die „Regionalbeauftragten“. Ist das eigentlich noch aktuell?
Eine sehr gute Frage. Das wird sich zeigen. Warten Sie den Haushaltsentwurf ganz entspannt ab.
Sie hatten auch den Umzug von 250 Landesbediensteten nach Cottbus geplant...
Das war die Koalition insgesamt. Es geht dabei nicht allein um Cottbus, sondern um die Stärkung des Verwaltungsstandortes Lausitz. Als Bau- und Liegenschaftsministerium sind wir Dienstleister, wenn Behörden Platz und Büros brauchen. Derzeit gibt es an das Finanzministerium keine solchen konkreten Anforderungen anderer Ministerien. Ich sehe solchen Anforderungen indes mit Interesse entgegen.
Ihr Vorgänger, Christian Görke (Linke), tritt im Moment für die Wiedereröffnung von Banhnlinien ein, auch in der Prignitz. Wäre so etwas überhaupt finanzierbar?
Das Thema Verkehrsverbindungen spielt eine große Rolle. Im berlinnahen Raum ebenso wie an der polnischen Grenze, wo bestimmte Verbindungen immer noch nicht so sind, wie sie eigentlich längst sein sollten. Der Bund wird höhere Regionalisierungsmittel als bisher zur Verfügung stellen. Da wird sich das Infrastrukturministerium dann überlegen, wo man mehr Verkehre bestellt. Ich sehe aber ein anderes Problem...
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Nämlich welches?
Unser größtes Problem sind die Planungserfordernisse und -geschwindigkeit im Land. Es kann nicht sein, dass es bei jedem Verkehrsprojekt eine Flut von Klagen gibt und sich 66 Gruppen mit Einsprüchen zu Wort melden. Hier brauchen wir deutlich mehr Tempo.
Als Europaministerin sind sie in den letzten Wochen entlang der deutsch-polnischen Grenze unterwegs gewesen. Wie ist Ihr Eindruck vom Verhältnis zu Polen?
Ich habe insgesamt eine Erfolgsgeschichte erlebt. Das Verhältnis ist völlig intakt, trotz Corona. Guben und Gubin haben mich sehr beeindruckt. Ich begrüße sehr, dass beide Kommunen einen grenzüberschreitenden Ausschuss gebildet haben. Da wächst wirklich etwas zusammen. Woran wir arbeiten, ist die Beziehung zu Warschau. Denn wir brauchen beide Ebenen, um zu weiteren Fortschritten zu kommen: die nationale und die regionale. Ich habe auch ein gutes Verhältnis zum polnischen Botschafter. Das hilft durchaus. Wir werden die Corona-Lage gemeinsam auswerten und beraten, was in Zukunft besser gemacht werden kann. Die Situation war für uns alle neu.
Haben Sie den Eindruck, dass Warschau Interesse an einer Zusammenarbeit mit Brandenburg hat?
Ja, durchaus. Ich will dieses Interesse auch befördern. Es ist nämlich beiderseitig.
Was wünschen Sie sich denn als nächste Schritte im Verhältnis zu Polen?
Dass wir die positive regionale Entwicklung, die wir zum Beispiel in Gartz haben, vorantreiben. Es ist vorbildlich, was dort geleistet wird. Und dass wir die Verkehrsverbindungen ausbauen: Im Metropolenraum Stettin zum Beispiel brauchen wir deutlich bessere Zugverbindungen. Ich finde, man kann es heute niemandem mehr erklären, wie lange es dauert, die Strecke dort auszubauen und wie langsam die Verbindungen dort sind. Daneben sind wir dabei, eine Konzeption für den brandenburgisch-polnischen Verflechtungsraum zu erarbeiten.
Worum geht es dabei?
Wir haben in den einzelnen Ressorts sehr gute Initiativen für die Zusammenarbeit mit Polen. Wir möchten das aber besser koordinieren und intensivieren, dazu haben wir jetzt auch den Polenbeauftragten in meinem Haus. Wir wollen schauen: Was läuft schon gut, welche Meilensteine haben wir erreicht - und was können wir besser machen? Das Ziel ist immer dasselbe: Die Zusammenarbeit zwischen Polen und Brandenburg weiter zu vertiefen. Das liegt im Interesse der Menschen diesseits und jenseits der Grenze.
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