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Im Potsdamer Friedenssaal stellten sich die Bewerber für das Spitzenduo der Basis, Ursula Nonnemacher, Alexandra Pichl, Clemens Rostock und Benjamin Raschke (v.r.n.l.).
© Thorsten Metzner

Landtagswahl 2019: Brandenburgs Grüne wollen zweistellig werden

Umfragehoch, Mitgliederrekord, Urwahl der Spitzenkandidaten: Brandenburgs Grüne sehen sich bestens gerüstet für die Landtagswahl. Und dann?

Potsdam - Brandenburgs Grüne wollen nach der Landtagswahl am 1. September das Land als Regierungspartei verändern, um einen Richtungswechsel in Klima- und Umwelt-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik durchzusetzen. Das erklärte Landeschefin Petra Budke am Sonntag nach einer gemeinsamen Klausur von Landesvorstand und Landtagsfraktion im Gut Liebenberg. „Für die Landtagswahl streben wir ein Ergebnis im zweistelligen Bereich an.“

Deutlich mehr Neueintritte bei den Brandenburger Grünen

Tatsächlich starten die Grünen hochmotiviert ins Superwahljahr. Zum einen, weil es einen regelrechten Run gibt – mit allein 400 Neueintritten im Jahr 2018. Das entspricht einer Steigerung um 28 Prozent in nur einem Jahr, womit die Grünen nun 1412 Mitglieder zählen, wie jetzt mitgeteilt wurde. Grund seien nicht nur grüne Ur-Themen, „auch der Rechtsruck im Land motiviert viele Leute, besonders Jüngere, Position zu beziehen“, sagte Co-Landeschef Clemens Rostock. Das wurde am Sonntag auch auf dem Urwahlforum zur Spitzenkandidatenkür der Grünen in Potsdam deutlich, als die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock im Friedenssaal die hiesigen 18er Neulinge auf die Bühne holte und ein junger Mann auf die Frage nach seinen Beweggründen für den Eintritt diese Antwort gab: „Weil die Grünen inzwischen die einzige nichtpopulistische Partei sind.“

Grünen könnten zum Zünglein an der Waage werden

In den Umfragen sind die Grünen mit dem bisherigen Umfragehöchstwert von zwölf Prozent ins Wahljahr gestartet. Alles sieht so aus, dass die Grünen zum Zünglein an der Waage werden, ob Brandenburg künftig Rot-Rot- Grün oder einer dunkelroten „Kenia“-Koalition aus CDU, Linken und Grünen regiert wird. Denn für eine Zweier-Koalition, egal in welchen Farben, wird es wohl nicht mehr reichen. 

Umfrage: Wen würden Sie bei der Landtagswahl wählen? (Für eine vollständige Ansicht bitte auf das Bild klicken.)
Umfrage: Wen würden Sie bei der Landtagswahl wählen? (Für eine vollständige Ansicht bitte auf das Bild klicken.)
© Bartel/Tsp; Forsa

Ursula Nonnemacher, Co-Chefin der Landtagsfraktion und designierte Spitzenkandidatin, sprach sich vor der Parteibasis in Potsdam gegen einen rot-rot-grünen Lagerwahlkampf aus, gegen eine Vorfestlegung auf die SPD. „Wir wollen maximale grüne Inhalte durchsetzen – egal mit wem.“ Zugleich verwies sie darauf, dass die SPD „das Land als Erbhof betrachtet“ und in der Energie- und Agrarpolitik eher eine rechtsgerichtete SPD sei.

Grünen entscheiden in Urwahl über Spitzenduo

Die 1412 Mitglieder der Grünen können sich in einer Urwahl entscheiden, welches weiblich-männliche Spitzenduo die Partei in den Wahlkampf führen soll. In Regionalforen wie am Sonntag in Potsdam stellen sich derzeit die Bewerber der Basis. Für den ersten Listenplatz kandidiert neben Nonnemacher, die als klare Favoritin gilt, die Kommunikationsberaterin Alexandra Pichl aus Kleinmachnow. „Wir müssen im Wahlkampf dorthin gehen, wo wir noch nicht so stark sind“, sagte Pichl. „Unterstützt auch den Wahlkampf in der Uckermark!“ 

Ursula Nonnemacher könnte einen Platz im Spitzenduo der Grünen bekommen.
Ursula Nonnemacher könnte einen Platz im Spitzenduo der Grünen bekommen.
© Bernd Settnik/dpa

Nonnemacher präsentierte sich mit ihrer breiten Fachkompetenz – sie beackert in der Fraktion Inneres, Soziales, Frauen („alles Übriggebliebene, was keiner so gern machen wollte“) – und als Urgestein der Grünen. Sie habe in Falkensee 1997 den ersten Ortsverein gegründet, der inzwischen 62 Mitglieder habe. „Ich kann Kommunalpolitik“, sagte sie. „Ich kann Wahlkampf, auch im Fernsehstudio mit den Herren Kalbitz, Senftleben und Woidke.“

"Essen ist hochpolitisch"

Um die Spitzenkandidatur bei den Männern bewerben sich Co-Parteichef Rostock und der Landtagsabgeordnete Benjamin Raschke, der sich in den Feldern Umwelt, ländliche Räume und Landwirtschaft profiliert hat. „Essen ist hochpolitisch“, sagte Raschke. Es sei auch eine Frage von Gesundheits- und Sozialpolitik, von Gerechtigkeit. So habe der rot-rot-grüne Senat in Berlin mal proben wollen, 50 000 Berliner Kinder eine Woche mit gesundem Bio-Essen aus der Region zu versorgen. „Es ist nicht gelungen, dafür genügend Apfelmus und Kartoffeln aus Brandenburg zu bekommen.“ Die seien aus Sachsen-Anhalt und dem Alten Land bezogen worden. Er persönlich stehe für einen „Politikstil im Dialog“, grundsätzlich, aber gerade auch in diesem Wahlkampf, der von Hetze geprägt sein werde, sagte Raschke. Er bringe da Erfahrung mit, er sei in Veranstaltungen beschimpft worden, man habe ihm Biberkochrezepte vorgelesen, so Raschke. Es zahle sich dennoch aus, ruhig zu bleiben und dem Gegenüber das Gesicht wahren zu lassen. Rostock hingegen, seit vier Jahren Co-Parteichef, warb so für seine Kandidatur: „Meine Stärke: Ich kenne die Partei. In allen Ecken des Landes.“ Die aktuellen Zwölf-Prozent-Werte bezeichnete er als „riesige Chance“ für die Grünen, jetzt die größere Breite grüner Kompetenz – etwa in der Verkehrspolitik – zu vermitteln, „nachdem wir früher um Aufmerksamkeit kämpfen mussten“. Auch Rostock, der sich als linker Grüner verortet, „in der Potsdamer Nordkurve zu finden“ ist, wollte sich nicht auf Rot-Rot- Grün festlegen lassen. Rot-Rot habe einen Runden Tisch „Kinderarmut“ gegründet, der 2019 Ergebnisse vorstellen wolle. Rostock: „Nach zehn Jahren rot-roter Regierung ein bisschen lütt.“

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