Wölfe in Brandenburg: Bauernbund Brandenburg fordert Recht auf Wolfsjagd
Der Bauernbund fordert wolfsfreie Zonen in Brandenburg und das Recht zum Jagen des Raubtiers in bewohnten Gebieten.
Krielow/Potsdam - Landwirt Marco Hintze hat eine tierisch laute Alarmanlage zum Schutz seiner 80 Mutterkühe installiert. Wenn seine Esel unablässig „iah“ rufen, weiß er, dass womöglich ein Wolf an seiner Weide in Krielow (Potsdam-Mittelmark) vorbeistreift. Das Wolfsfrühwarnsystem habe er sich aus Ländern wie Bulgarien und Rumänien abgeschaut, erklärt der Rinderhalter. Die Esel – Hintze hat ein Muttertier mit zwei Jungen – schlagen Alarm, wenn sich ein Raubtier nähert, ergreifen aber nicht die Flucht, was den Jagdtrieb des Wolfes nur anheizen würde. Das Eselprinzip funktioniert, seit 2012 wurde auf dem dörflichen Hof kein Kalb mehr gerissen. „Noch“, sagt Hintze, der seit knapp einem Jahr Präsident des Brandenburger Bauernbundes ist und nun statt sanfter Esel härtere Geschütze gegen den Wolf einsetzen will: Wolfsfreie Zonen müsse es in der Mark geben und die Möglichkeit, die Tiere zum Schutz des Eigentums legal zu schießen.
„Es kann nicht sein, dass wir unsere Tiere wahllos dem Raubtier zum Opfer fallen lassen müssen“, sagt Hintze. Das Wolfsmanagement des Landes sei gescheitert. Der Bauernbund, Vertretung von rund 400 Familienbetrieben im Land, ist massiv unzufrieden mit der Wolfsverordnung, die Ende 2017 unterzeichnet wurde und eigentlich Ruhe in die verhärteten Fronten zwischen Naturschützern und Wolfsgegnern bringen sollte. Er werde jetzt „den Widerstand der Landbevölkerung gegen den Wolf organisieren“ und eine Unterschriftensammlung im Netz starten, kündigt Hintze am Mittwoch bei einer Pressekonferenz auf seinem Hof an – wenige Stunden bevor sich in Potsdam der Agrarausschuss des Landtags unter Anwesenheit des Bundesamtes für Naturschutz mit dem Dauerstreitthema befasste.
„Überall, wo Menschen und Weidetiere sind, müssen Wölfe konsequent gejagt werden“, fordert Hintze. Im Moment ist das streng verboten. Der Wolf steht EU-weit unter Schutz. Die Tötung kann nur in Notwehr erfolgen. Der Bauernbund will nun juristisch klären, ob der Notstandsparagraf auch angewendet werden kann, wenn Eigentum in Form einer Viehherde in Gefahr ist.
In Brandenburg dürfen Wölfe getötet werden - bisher aber nur um Extremfall
Die Wolfsverordnung des Landes sieht vor, dass verhaltensauffällige „Problemwölfe“ im Extremfall getötet werden dürfen – aber erst nach einer Einzelfallbeurteilung durch das Landesumweltamt. Auch wenn Wölfe zum zweiten Mal auf eine – gut geschützte – Weide eindringen und Tiere reißen, dürfen sie getötet werden. Die vorgegebenen Schutzzäune hält der Bauernbund für unzumutbar. „Die sind zu teuer und verschandeln die Landschaft“, sagt Geschäftsführer Reinhard Jung. Die Zäune, für deren Anschaffung es einen Landeszuschuss gibt, müssen 1,20 Meter hoch sein und bei einer Spannung von 4000 Volt fünf Litzen haben, wobei der Abstand der unteren zum Boden nur 20 Zentimeter betragen darf, erläutert Jung, der selbst einen Hof in der Prignitz betreibt. Damit das hochwachsende Gras den Strom nicht ableitet, müsste es bei dem geringen Abstand zum ersten Draht ständig gemäht werden. „Der Aufwand ist nicht darstellbar, 2000 Euro Unterhalt im Jahr“, beklagt Jung. Also helfe nur eines: Wölfe, die sich einer Weide nähern, töten zu können. Das passiere bereits jetzt, ist Jung nach Gesprächen mit Jägern überzeugt. „Schießen, schippen, schweigen“, sei eine gängige Methode. Manche Landwirte würden gar nicht melden, wenn eines ihrer Tiere gerissen wurde – auch wenn der Bauernbund seine Mitglieder dazu auffordere, wie Jung betont. Das lasse das Problem harmloser erscheinen, als es sei.
Schon bei der Frage, wie viele der Raubtiere es in Brandenburg gibt, gehen die Schätzungen weit auseinander. Klar ist: Aus Rainald Grebes berühmter Liedzeile „In Brandenburg soll es wieder Wölfe geben“ kann das „soll“ längst gestrichen werden. Laut Wolfsmonitoring des Landes sind es 200 Tiere. Der Bauernbund geht von der doppelten Anzahl aus. Einig ist man sich in der Zuwachsrate: Die Population wächst jährlich um 30 Prozent.
„Der Wolf hat einfach Hunger, so hat ihn der liebe Gott gemacht“
Das Wolfsmonitoring sei fehlerhaft, moniert Marco Hintze. Der Bauernbund sei auf das Ministerium zugegangen, aber die Argumente seien nicht gehört worden. Bei der Erarbeitung der Wolfsverordnung hätten viele Akteure Anregungen einbringen können, man habe nicht nur auf die Expertise in der Landesverwaltung gesetzt, erklärte hingegen Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) im Dezember bei der Unterzeichnung der Verordnung.
Vogelsänger habe sich dem Diktat der Naturschutzverbände gebeugt, meint Reinhard Jung. Der Nabu etwa wirbt aktiv für die Akzeptanz des Wildtieres. Potsdamer Grundschüler bekommen bei einem Besuch eines Schullandheimes in Teltow-Fläming dann schon mal Ansteckbuttons mit der Aufschrift „Rotkäppchen lügt“ überreicht. „Ahnungslosen Städtern wird Idylle vorgegaukelt“, sagt Landwirt Jung. „Der Wolf hat einfach Hunger, so hat ihn der liebe Gott gemacht.“ Dass Kälber bei lebendigem Leib aufgefressen würden, interessiere hingegen nicht. Am 9. März wollen die Bauern an 15 Standorten in Brandenburg und Berlin Mahnfeuer organisieren – um das Interesse der Bevölkerung für ihre Belange zu wecken.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität