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Bleibt Biosphäre. Die Tropenhalle soll auch in den kommenden Jahren genutzt werden, aber eine neue Hülle bekommen. Auch in die Ausstellung selbst muss investiert werden. Insgesamt sind dafür zehn Millionen Euro fällig.
© Manfred Thomas

Potsdam sucht privaten Betreiber: Biosphäre soll Tropenhalle bleiben

Die Stadt Potsdam sucht einen Betreiber für die defizitäre Biosphäre, die als Tropenhalle auch künftig weiter genutzt werden soll. Die Millionenlast für den städtischen Haushalt bleibt.

Potsdam - Aus Schaden wird man klug, heißt es: „Man würde die Entscheidung heute sicher anders treffen, aber nach 15 Jahren ist man immer schlauer“, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Mittwoch in Bezug auf die defizitäre Biosphäre. Für eine andere Nutzung für die zur Bundesgartenschau im Jahr 2001 errichtete Tropenhalle im Bornstedter Feld wurden viele Varianten geprüft. Aber sowohl eine Schule, als auch eine Mehrzweckhalle, ein Jugendklub oder ein neues Domizil für das Naturkundemuseum erwiesen sich als wirtschaftlich nicht tragfähig (PNN berichteten).

Nun fügt sich die Stadt anscheinend in ihr Schicksal: Der kostspielige Glaskasten soll noch jahrelang öffentlich alimentiert werden – anfangs mit 1,9 Millionen Euro im Jahr. Ab Juni soll in einem EU-weiten Wettbewerbsverfahren ein privater Betreiber gefunden werden, der ab dem nächsten Jahr die Halle übernehmen könnte. Im Dezember soll es ein Ergebnis geben. Der Betrieb soll auf 20 Jahre vergeben werden. In ihrer Sitzung am 3. Mai sollen die Stadtverordneten über einen entsprechenden Beschlussvorschlag der Verwaltung abstimmen. Dieser sieht vor, die Biosphäre in einer modifizierten Tropenhalle mit erweiterter Gastronomie weiter zu betreiben. Die Halle soll auf die Betreibergesellschaft übertragen werden. Um sie vor Grundstücksspekulation zu sichern, soll die Nutzung als touristische Infrastruktur festgeschrieben werden. Die etwa 40 bestehenden Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. „Ich finde, das ist ein wunderbares Angebot für die Potsdamer sowie unsere Gäste“, sagte Jakobs.

151.000 Besucher: Die Biosphäre ist sehr beliebt

Die Biosphäre sei als außerschulischer Lernort, aber auch als tropische Eventlocation äußerst beliebt, hieß es. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 151 000 Besucher gezählt. Allerdings reichte das nicht aus, um den Bau wirtschaftlich zu betreiben. Jährlich fließen rund eineinhalb Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt, seit 2007 der erste private Betreiber Insolvenz anmeldete und eine Tochter der städtischen Bauholding Pro Potsdam die Halle übernahm. Mehrere Ausschreibungen, um einen neuen Investor zu finden, scheiterten. Wegen der hohen Folgekosten landete die Biosphäre bereits im Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds.

Ein künftiger Betreiber soll es leichter haben. Denn Ende November läuft die Zweckbindung der Fördermittel aus, die einst den Bau ermöglichten. Damit fallen auch Nutzungsbeschränkungen weg. So können bisher nur zahlende Besucher der Tropenhalle die Gastronomie nutzen. Eine Öffnung zum Volkspark soll neue zahlende Gäste anlocken. Außerdem sollen in der Orangerie mehr kommerzielle Veranstaltungen stattfinden. Im Rathaus hofft man deshalb, dass so der Zuschussbedarf mit wachsender Rentabilität gesenkt werden kann. „Wie das genau passiert, muss man später im Detail angehen“, so Jakobs. Das Konzept sei Sache der Bieter.

Sanierung kostet sechseinhalb Millionen Euro

Bleibt die Suche nach einem privaten Betreiber dennoch erfolglos, muss wohl weiterhin eine Tochter der kommunalen Immobilienholding Pro Potsdam herhalten. Anders als bisher, würde sie aber langfristig beauftragt. Klar ist schon jetzt: Erstmal kostet die Halle noch mehr Geld: „Die Fassade ist in einem Zustand, der einen dauerhaften Fortbetrieb der Halle unmöglich macht“, so Pro Potsdam-Chef Bert Nicke. Die Sanierung kostet sechseinhalb Millionen Euro. Außerdem müsse in die Gastronomie, in Sanitäranlagen und in die Ausstellung selbst investiert werden, was weitere rund dreieinhalb Millionen Euro kosten würde.

Ein Abriss würde hingegen nur etwa zwei Millionen Euro kosten. Aber dann hätte man auch keinen Nutzen. „Das wäre eine unpolitische Entscheidung“, so Jakobs. Wenn man ein Gebäude abreiße, das einst für insgesamt 29 Millionen Euro öffentlicher Gelder – 21,5 Millionen davon waren Fördermittel des Landes – errichtet wurde, würde sich die Stadt zurecht im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes wiederfinden. Außerdem, merkte Jakobs an, subventioniere die Stadt ja auch andere Kultureinrichtungen mit erheblichen Mitteln.

Finken (CDU): „Das Ziel, sie zu erhalten, kann man nur unterstützen“

Nun müssen sich zunächst einmal die Stadtverordneten wieder mit dem Thema beschäftigen. In einer ersten Reaktion bezeichnete CDU-Fraktionschef Matthias Finken die Biosphäre als weit über Potsdam hinaus bekanntes Unikat: „Das Ziel, sie zu erhalten, kann man nur unterstützen.“ Allerdings hatten im vergangenen Jahr sowohl SPD als auch Grüne darauf gedrungen, den städtischen Zuschuss zu drücken. Nun soll er sogar noch steigen.

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Die Biosphäre soll eine Tropenhalle bleiben und die Stadt Potsdam will dafür künftig mehr Geld ausgeben: 1,9 Millionen Euro pro Jahr. PNN-Autor Marco Zschieck kommentiert diese Entscheidung.

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