Stadtentwicklung: Baustart für die Speicherstadt
Bislang ist die nördliche Speicherstadt neben der Langen Brücke eine Brache. Doch nun sollen die Sandberge bald einem neuen Stadtquartier weichen.
Potsdam - Die Entwicklung der nördlichen Speicherstadt dauert erheblich länger und wird deutlich teurer als ursprünglich geplant. Statt 2022 werde das neue Wohn- und Gewerbequartier wohl erst 2024 oder 2025 fertig, sagte Johannes Hegeman, Geschäftsführer des Investors Reggeborgh, am Freitag bei einem Baustellenrundgang. Grund für die Verzögerung sei neben komplizierten Abstimmungen mit den Baubehörden vor allem die Logistik, erklärte Klaas Vollbrecht vom Projektentwickler Asenticon. Weil die Stadt den Umbau des Leipziger Dreiecks vorgezogen hat, könne das Vorhaben nur abschnittsweise umgesetzt werden. Wegen gestiegener Baukosten hat sich zudem auch die Investitionssumme erhöht – von 180 auf inzwischen knapp 200 Millionen Euro.
Für Januar ist der Baubeginn geplant
Der Baustart für das neue Stadtviertel zwischen Langer Brücke, Leipziger Straße, Havel und Bahntrasse steht indes unmittelbar bevor. Zum Jahresende, spätestens aber im Januar soll mit der Errichtung des 190-Betten-Hotels nebst Boardinghaus mit 80 Apartments begonnen werden, sagte Projektleiter Karsten Seiler. Firmieren wird das Drei-Sterne-Haus wie berichtet unter dem Label niu, eine Marke der familiengeführten Hotel-Gruppe Novum Hospitality, die auch das speziell für Gastforscher der nahe gelegenen Wissenschaftseinrichtungen auf dem Telegrafenberg gedachte Boardinghaus betreiben wird.
Während man auf die Baugenehmigung für Hotel und Boardinghaus noch wartet, liegt sie für den Wohn- und Gewerbekomplex parallel zur Bahnlinie, im oben abgebildeten Lageplan H genannt, bereits vor. Dessen beide U-förmigen Gebäude sollen zeitgleich zum Hotel errichtet werden und jeweils Mitte bis Ende 2022 fertig werden. Neben Wohnungen soll im Erdgeschoss, das dem neuen Quartiersplatz zugewandt ist, unter anderem Gastronomie untergebracht werden. Mit dem Rohbau der Wohnhäuser E und F will Reggeborgh im Sommer 2020 starten und spätestens Anfang 2023 fertig sein. Das Bürohaus G in der Leipziger Straße soll im Zeitraum zwischen Anfang 2021 bis Ende 2023 entstehen, ganz zuletzt kommen die beiden ebenfalls U-förmigen Gebäude des Komplexes I an die Reihe, deren Baustart allerfrühestens 2022 und Fertigstellung 2024/25 zu erwarten ist, weil die Fläche möglichst lange für die Baustelleneinrichtung genutzt werden soll.
Mehr als 320 Wohnungen sollen entstehen
Erstmals nannte Hegeman am Freitag auch Details zur Aufteilung des Quartiers. So sollen „mindestens 323 Wohnungen“ entstehen, die ganz überwiegend im Bestand gehalten und vermietet werden sollen. Die Höhe der zu erwartenden Kaltmieten stehe aber noch nicht fest. Die wegen ihrer Lage am Wasser lukrativsten Wohnungen im Gebäude E – insgesamt sind es 54 vor allem Zwei- und Drei-Raum-Wohnungen – würden voraussichtlich verkauft, so Hegeman.
Noch offen ist, welche Mieter in die geplanten Gewerberäume einziehen. Geplant sind mindestens drei Cafés oder Restaurants, im Erdgeschoss des Hotels sind außerdem Flächen für den Einzelhandel vorgesehen. Möglich sei dort ein Lebensmittel-Nahversorger mit maximal 400 Quadratmetern Fläche, auch mit einem Bäcker sei man im Gespräch, erklärte Vollbrecht. Unter den Gebäuden entstehen außerdem mehrere Tiefgaragen mit rund 250 Stellplätzen. Oberirdisch sind ebenfalls etwa 80 öffentliche Parkplätze geplant, die von der Stadt bewirtschaftet werden sollen und daher kostenpflichtig sind.
Viel Wert habe man auf die Durchgrünung des Areals gelegt, so Vollbrecht. Wer von der Langen Brücke aus den geplanten Durchgang im Hotelkomplex durchschreitet und die große Freitreppe hinabsteigt, blickt auf den baumbestandenen Quartiersplatz, auf dem auch Spielmöglichkeiten entstehen sollen. „Grünes Wohnen und Arbeiten mitten im Zentrum von Potsdam“, beschrieb Vollbrecht die Vision. Von der Treppe aus soll ein Weg am Platz vorbei direkt zu einem acht Meter langen Steg am Wasser führen, der nicht als Bootsanleger, sondern als Aussichtspunkt gedacht ist.
Kaum Hoffnung auf den Uferweg
Wenig Hoffnung machten die Investoren den Anwohnern, die auch während der Bauzeit einen zumindest provisorischen Uferweg fordern. Wie berichtet hatten Anrainer der mittleren Speicherstadt kritisiert, dass der vorhandene Weg abgerissen wurde und etwa Rollstuhlfahrer weite Umwege zum Bahnhof in Kauf nehmen müssten. Stadt und Investor hatten dies abgelehnt, dennoch haben die Stadtverordneten beschlossen, dass der Uferweg wieder anzulegen ist. Das sei allerdings nicht umsetzbar, sagte Vollbrecht. Wegen der verschiedenen Bauphasen müsste man einen solchen Weg immer wieder verlegen, auch eine Feuerwehrzufahrt und diverse, noch anstehende Leitungsarbeiten verhinderten einen Uferweg. Vollbrecht und Hegeman verwiesen darauf, dass im Zuge der Arbeiten die gesamte marode Uferzone neu gestaltet und mit Liegewiesen und Aufenthaltsflächen ausgestattet werde. Zudem beteilige man sich mit einem sechsstelligen Betrag am Bau des Uferwegs. Öffentlich begehbar werde er aber erst 2024 oder 2025 sein, hieß es.
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