Pläne für nördliche Speicherstadt: Am Wasser wandeln
Die Investorenfrage für die nördliche Speicherstadt ist geklärt, nun werden die Pläne für das neue Quartier konkreter. Es gibt aber doch noch offene Fragen.
Potsdam - Bis 2022 könnte die nördliche Speicherstadt, Potsdams letzte innenstadtnahe Brache in Filetlage, fertig bebaut sein. Das sagte Klaas Vollbrecht vom Potsdamer Projektentwickler Asenticon am Mittwoch auf PNN-Anfrage. Am Tag zuvor hatte der Aufsichtsrat der kommunalen Bauholding Pro Potsdam, der das Gelände gehört, grünes Licht für das neue Wohn-, Handels- und Gewerbequartier gegeben.
Wie berichtet will die Asenticon in einem Joint-Venture mit dem neu gefundenen Investor Reggeborgh Projektentwicklung Deutschland GmbH die gesamte rund 24 000 Quadratmeter große Fläche zu einem speziell für Wissenschaftler geeigneten Kiez machen. Vorgesehen sind unter anderem 250 Wohnungen, breite Grünzüge, ein Hotel, ein Casino und weitere Gewerbeflächen. Die Reggeborgh ist die private Investmentgesellschaft des niederländischen Baukonzerns Kondor Wessels, der in Potsdam unter anderem schon in der Potsdamer Mitte und im Wohngebiet Ruinenbergkaserne massiv investiert und gebaut hat.
Entwicklungskonzept für die rund 24 000 Quadratmeter große Brache
Anfang des Jahres hatte die Asenticon gemeinsam mit den renommierten Architekturbüros „Hilmer & Sattler“ und „Albrecht, Tchoban Voss und Hager“ ein Entwicklungskonzept für die rund 24 000 Quadratmeter große Brache zwischen Langer Brücke und Leipziger Straße vorgelegt. Eigentlich hatte die Pro Potsdam als Eigentümerin die Fläche zunächst nicht im Paket verkaufen wollen, um eine ähnlich massive Bebauung wie in der mittleren Speicherstadt zu verhindern – doch der Asenticon-Entwurf kam im Rathaus und bei der Stadtpolitik so gut an, dass dieser den Zuschlag erhielt. Damals hatte noch eine Firma der Familie von Software- Milliardär und Potsdam-Mäzen Hasso Plattner mit einsteigen wollen, aber dann abgesagt – weswegen die erneute Investorensuche nötig war. Mit Reggeborgh gibt es nun den neuen Finanzier.
In der Stadtpolitik ist man jedenfalls überzeugt, für die Speicherstadt den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Der Vorsitzende des Bauausschusses, Ralf Jäkel (Linke), sprach gegenüber den PNN von einem „durchaus ansprechenden Konzept“, zu dem es wenig Alternativen gegeben habe. SPD-Fraktionschef Pete Heuer sagte sogar, das Projekt sei konkurrenzlos. Die hohe Attraktivität des Vorhabens zeige sich auch daran, dass nun mit der Reggeborgh ein Investor gefunden worden sei. „Das städtebauliche Konzept ist hervorragend“, sagte auch die Grünen-Bauexpertin Saskia Hüneke. Daher sei es auch akzeptabel, dass es nur einen Investor für die Fläche gebe – und nicht mehrere, wie es zuletzt der Gestaltungsrat scharf kritisiert hatte. Allerdings müssten nun die vorgesehenen Qualitätsmaßstäbe für das Areal unbedingt beibehalten werden. Letzteres sagte die Pro Potsdam bereits schriftlich zu: „Wichtig war und ist, dass das bezuschlagte Bau- und Nutzungskonzept umgesetzt wird“, erklärte Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius. Das Projekt ziele darauf ab, ein „auf Internationalität und Wissenschaft“ ausgerichtetes Wohn- und Arbeitsumfeld zu schaffen, so die Pro Potsdam weiter. Die kommunale Gesellschaft verkauft das Speicherstadt-Grundstück an die Projektentwickler für 17 Millionen Euro. Das Geld soll dann in andere Bauprojekte fließen.
Wohnungen für Potsdams Forscher
An der Havel sind unter anderem Wohnhäuser geplant, die vor allem für Forscher, Wissenschaftler, Technologen und Angestellte im Bildungsbereich vorgesehen sind – bekanntlich gibt es in Potsdam eine vergleichsweise hohe Forscherdichte. Für Gastwissenschaftler ist zudem ein Boardinghaus mit 100 bis 150 Plätzen vorgesehen, also eine Art Langzeithotel. Für das zweite Hotel auf dem Areal mit bis zu 200 Betten gibt es laut Vollbrecht schon erste Interessenten. Gebaut werden sollen insgesamt acht Baukörper, deren Höhe zwischen vier und sechs Geschossen variiert.
Dass nun verschiedene Architekturbüros die Entwürfe für insgesamt sieben geplante Baufelder erstellen, wertet Pro-Potsdam-Chef Müller-Zinsius als Garant „für eine vielfältige Gestaltung des Quartiers“. Durch die vorgesehenen städtebaulichen Strukturen entstünden innerhalb des Gebiets „großzügige Raumfolgen und Freiflächen“. So sollen Autos nicht oberirdisch, sondern in vier Tiefgaragen parken. Am zentralen öffentlichen Platz mit Cafés und Restaurants soll es in Anlehnung an die italienische Hauptstadt Rom eine sogenannte Spanische Treppe geben. Von vielen Stellen aus werde ein direkter Blick auf das Wasser möglich sein, so Müller-Zinsius. Die Entwicklung aus einer Hand biete Vorteile „wie die Reduzierung von Komplexität, Kosten und Risiken bei Baulogistik und Erschließung“.
Gesamkosten: 180 Millionen Euro
Die Gesamtkosten für Erschließung und Entwicklung des neuen Forscherquartiers beziffert Projektentwickler Vollbrecht auf bis zu 180 Millionen Euro. Trotz der Investorensuche habe man an den Planungen weiterarbeiten können: „Wir haben keinen Tag verloren.“ Allerdings gibt es noch einige Unbekannte. Kompliziert dürfte vor allem die Baulogistik werden, sind Behinderungen durch andere Großbaustellen in der Nähe nicht ausgeschlossen. So will unter anderem die Stadt ab 2018 den Verkehrsknoten am Leipziger Dreieck umbauen und entzerren – was im schlimmsten Fall fünf Jahre dauern kann. In dieser Zeit soll aber auch das Forscherquartier in der nördlichen Speicherstadt errichtet werden. (mit Peer Straube)
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