Debatte um Krampnitz-Anbindung: Alternativen zur Tramtrasse durchgefallen
Wie soll die Bahn in den neuen Potsdamer Stadtteil kommen? Das Rathaus stellte einen Variantenvergleich vor. Nun sind die Stadtverordneten gefragt.
Krampnitz/ Neu Fahrland - Angesichts drohender Anwohnerklagen gegen die Planungen für eine Tramtrasse nach Krampnitz will sich die Bauverwaltung im Rathaus die Rückendeckung der Stadtverordneten holen – und sich zugleich für die Gerichtsprozesse wappnen. Dafür stellten Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos), Verkehrsbetriebschef Uwe Löschmann und andere Verantwortliche am Dienstag vor Journalisten einen Variantenvergleich für die Tramverbindung in das neue Stadtviertel vor. Das Ergebnis: An der bisherigen und von Anwohnern in Neu Fahrland heftig kritisierten Planung führt kein Weg vorbei. Dieser Empfehlung sollen nun die Stadtverordneten schon im Juni per Sofortbeschluss ihren Segen geben.
Die Engstelle ist der Ortsteil Neu Fahrland
Umstritten ist bei dem Großprojekt vor allem, wie die Bahn über die Nedlitzinsel des Ortsteils Neu Fahrland kommen soll. Zwei Hauptvarianten sind dabei gutachterlich verglichen worden: Die bisher favorisierte Trasse auf einem eigenen Gleiskörper neben der Bundesstraße 2 und eine weitere Möglichkeit, die Tramschienen einfach auf die schon jetzt viel befahrene Strecke zu legen. Diese Alternative würde zwar weniger Konflikte mit Anwohner und den vom Landesdenkmalschutzamt angemahnten Erhalt eines Chausseehauses an der Trasse bedeuten, hätte aber laut ViP-Chef Löschmann entscheidende Nachteile: Einmal würde die Tram dann früh und am Nachmittag mit im Stau stehen.
Ferner könne man dann nicht bis zu 90 Prozent Fördergelder von Bund und Land für das mehr als 150 Millionen Euro schwere Projekt erwarten – es wäre für die Stadt nicht bezahlbar. Auch andere Streckenvarianten, etwa über die Straße am Lerchensteig, habe man analysiert und mangels Förderfähigkeit wieder verwerfen müssen, zum Beispiel wegen drohenden Eingriffen in Natur- und Wasserschutzgebiete, dann zu finanzierenden neuen Brücken und deutlich längeren Fahrzeiten, fasste Löschmann zusammen.
4000 Fahrgäste pro Tag
Dagegen wäre mit der Vorzugsvariante unter anderem ein Fünf-Minuten-Takt zwischen Krampnitz und der Innenstadt möglich, mit bis zu 4000 Fahrgästen pro Tag könne man in dem Gebiet rechnen. Auch benötige man hier, weil die Trams eben schneller von A nach B kommen, drei Straßenbahnen weniger als in der ohnehin nicht förderfähigen Variante. Ziel sei es, den Anteil der Fahrten mit dem Auto – bis jetzt sind das im Norden noch 65 Prozent aller zu erledigenden Wege – deutlich zu senken, sagte Rubelt. In Drewitz oder der Innenstadt liege dieser Anteil niedriger bei noch 30 bis 35 Prozent.
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All diese Vorteile sollen nun auch die Stadtverordneten mit einem Beschluss bekräftigen. Es gehe dabei auch um die politische Rückendeckung für das Projekt, sagte Löschmann. Das Votum noch im Juni sei wichtig, damit die Planungen weitergehen könnten – weil die Stadtverordnetenversammlung dann erst wieder drei Monate später Anfang September tagt. Zur Frage, warum dann aber so ein wichtiger Grundsatzbeschluss erst jetzt eingebracht werde, machte der für Sonderbauprojekte der Stadt zuständige Koordinator Harald Kümmel deutlich, manche Dinge seien eben erst fertig, wenn sie fertig seien: Das lasse sich nicht ändern. Allerdings soll es gegen einen solchen Sofortbeschluss nach PNN-Informationen auch große Bedenken geben, unter anderem bei Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Dazu wurde bei der Vorstellung der Pläne freilich nichts erklärt.
Die Pläne werden auch in Neu Fahrland vorgestellt
Daher wird nun die nächsten Wochen schon vorab in den Ausschüssen und am 25. Mai im Ortsbeirat Neu Fahrland über den Variantenvergleich debattiert. Hier haben Anwohner wie berichtet für Klagen gegen die Trasse 150 000 Euro Spenden gesammelt oder in Aussicht gestellt. Gesichert hat man sich nach PNN-Informationen bereits die Expertise des Verwaltungsjuristen Christoph Partsch, der gegen die Stadt schon erfolgreich Prozesse zum Uferweg am Griebnitzsee geführt hat.
Thema im Bauausschuss
Als erstes befasste sich am Dienstagabend aber der Bauausschuss mit den Plänen. Dabei nannte Ralf Jäkel (Linke) die Vorschläge nachvollziehbar, sie müssten aber in Ruhe geprüft werden. Das Chausseehaus sei erhaltbar, vielleicht könne man es auf Schienen verschieben. Grünen-Fraktionschef Gert Zöller sagte den PNN, angesichts der eindeutigen Sachlage sei er für den Sofortbeschluss. Bisher waren die Beschlüsse für die Tram allesamt von der rot-grün-roten Rathauskooperation und auch anderen Fraktionen getragen worden. Willi Göpel, im Ausschuss als sachkundiger Einwohner für die CDU, merkte an, mit der Analyse habe man viel Aufwand betrieben, um zu zeigen, dass eine Tram auf einer überlasteten Bundesstraße nicht förderfähig ist.
Steigen die Grundstückspreise?
Kommt der Beschluss, könne für die Haupttrasse bereits im nächsten Frühjahr das Planfeststellungsverfahren beginnen, wie berichtet knapp ein Jahr später als gedacht. Gleichwohl hielt Dezernent Rubelt am Ziel fest, dass die Tram ab Ende 2029 fahren soll – nur dann können in Krampnitz bekanntlich auch mehr als 5000 Menschen angesiedelt werden. Je höher die Güte in der Vorbereitung sei, desto einfacher werde es auch im Planfeststellungsverfahren – zuständig ist dann das Landesamt für Bauen und Verkehr beim Infrastrukturministerium. Eine Prognose, inwiefern Klagen für Verzögerungen bei dem Projekt sorgen könnten, mochte Löschmann nicht abgeben. Das sei immer – von Einzelfall zu Einzelfall – unterschiedlich, hieß es. Doch auch für diesen Fall soll der vorgelegte Variantenvergleich helfen: Um den Gerichten und auch der Genehmigungsbehörde zu bestätigen, dass Alternativen umfangreich geprüft wurden. Löschmann jedenfalls zeigte sich zuversichtlich, dass die Tram auch im Sinne der ökologischen Verkehrswende kommen werde. Das habe auch für die Anwohner Vorteile, sagte er: Durch die Anbindung würden die Grundstückswerte steigen.
Das nächste Krampnitz-Forum
Ein Info-Markt zum Thema Mobilität im künftigen Stadtviertel Krampnitz findet derweil am kommenden Freitag von 15.30 bis 19.30 Uhr in den Bahnhofspassagen statt. Das teilte der kommunale Entwicklungsträger für das Viertel mit. Vor Ort seien Experten aus dem Rathaus, den Stadtwerken und auch vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland vertreten, hieß es.
Es handelt sich zugleich um das erste sogenannte „Forum Krampnitz“ in diesem Jahr – mit diesem Format soll die Öffentlichkeit über aktuelle Planungen rund um das Stadtviertel, dass möglichst ökologisch und klimaneutral gestaltet werden soll, regelmäßig informiert werden. Weitere Informationen zu dem Großvorhaben auf dem ehemaligen Kasernengelände Krampnitz gibt es auch online unter www.krampnitz.de, zu der Tramtrasse hingegen unter der Adresse www.tram96.de.