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So hätte es im Digitalzentrum auf dem RAW-Gelände aussehen können - wird es aber nicht.
© Visualisierung: 3PO-Architekten

RAW-Gelände: Alternative Entwürfe für Digitalzentrum in Potsdam

Das Digitalzentrum auf dem früheren RAW-Gelände zählt zu Potsdams umstrittensten Bauvorhaben. Doch das Areal hätte auch ganz anders aussehen können. Das zeigen alternative Entwürfe.

Potsdam - Zu hoch, zu lang, zu dominant, zu verglast – seit die Pläne für den Umbau des früheren RAW-Geländes am Potsdamer Hauptbahnhof zu einem Digitalzentrum im vergangenen Jahr publik wurden, gab es reichlich Kritik an der geplanten Gestaltung. Beispielsweise wurde befürchtet, der Neubau an der Friedrich-Engels-Straße könnte Sichtachsen im Welterbe stören oder kritisiert, die moderne Fassade passe nicht zur Industriearchitektur des Bestandsgebäudes. Gegen den Neubau wurde eingewandt, dieser könne Bestandsgebäude auf der auf der anderen Straßenseite verschatten. Dabei kommt es auf der Nordhalbkugel nicht vor, dass Schatten nach Süden fällt.

Mehrere alternative Entwürfe

Tatsächlich hätte das Projekt auch anders aussehen können. Für das Projekt waren im Jahr 2018 nämlich mehrere alternative Entwürfe von verschiedenen Architekturbüros erstellt worden. Investorenvertreter Mirco Nauheimer hatte gesagt, man habe sich im Vorfeld Entwürfe von zwölf Architektenbüros eingeholt. Doch öffentlich vorgestellt wurde nur einer: der des Berliner Star-Architekten Jürgen Hermann Mayer. Nach PNN-Recherchen sind nun zumindest drei weitere bekannt. Die beteiligten Architekten teilten unabhängig voneinander mit, dass es sich jedoch nicht um einen Wettbewerb gehandelt habe. Man sei lediglich gebeten worden, Ideen zu skizzieren.

Einer dieser Entwürfe stammt vom Potsdamer Architektenbüro Gibbins Architekten BDA. Er sieht eine Sanierung der Halle und einen ergänzenden Neubau vor. „Es ist eine Freude gewesen Konzeptionen für die Revitalisierung der RAW-Hallen zu entwickeln“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Oliver Gibbins den PNN. Ende März 2018 habe man den Entwurf bei der damals noch am Projekt beteiligten Trockland GmbH präsentiert. Kurze Zeit später kam jedoch die Absage. Rund 32.500 Quadratmeter Nutzfläche wären laut dem Entwurf entstanden. Am östlichen Ende des Grundstücks an der Friedrich-Engels-Straße war demnach ein Hochpunkt in zwei Varianten vorgesehen. Der Neubau sollte 35 beziehungsweise sogar 55 Meter hoch sein. „Dieser Ansatz war von uns ,mutig’ konzipiert und gründete dabei aber in keinster Weise auf irgendwelche Vorgaben oder gar Wünsche“, so Gibbins. Vorgesehen war ein Mix aus Büro- und Shared-Office Flächen, Laboren, Gemeinschaftswerkstätten und Prototypen-Manufakturen. „Auch sollte Sport, Erholung, Gastronomie und ein Boarding House Teil unseres Vorschlags für eine funktionierende Hallen-Community sein“, so Gibbins.

Ebenfalls in die Höhe strebte der Entwurf des Berliner Studio Julian Breinersdorfer in Zusammenarbeit mit Löscher & Böckmann Architekten. Darin sollte sogar 33.700 Quadratmeter Platz sein. „In der sanierten Halle sollte eine Mischnutzung aus Lebensmittelmarkthalle für lokale Produkte, Gewerbe für kleine Unternehmen und Veranstaltung stattfinden, um den Ort nicht nur für Mieter sondern auch die Bewohner der Stadt zu öffnen“, sagte Breinersdorfer den PNN. Im Turm wären Büroflächen und eine öffentliche Ebene untergebracht worden. Er sollte mit den gleich hohen Wohnhäusern auf der anderen Seite der Bahngleise eine Art Tor zu Potsdam bilden. Er wurde als Holz-Stahl Hybrid konzipiert. dadurch sollte der Neubau rund 30 Prozent leichter sein als bei herkömmlicher Bauweise.

Der Entwurf der Potsdamer 3PO-Architekten konzentrierte sich auf die Sanierung der denkmalgeschützten Halle. Das Büro hatte bereits Ideen in der Schublade: „Wir hatten das RAW früher schon mal für einen chinesischen Investor untersucht“, sagte der Dirk Bopst den PNN. Auf den Freiflächen sei eine drei- bis viergeschossige Bebauung mit rund 15.000 Quadratmetern Nutzfläche denkbar gewesen. Ins Detail sei man aber schließlich nicht gegangen. „Zu einem richtigen Wettbewerb ist es nicht gekommen“, so Bopst.

Wie berichtet sollen in der denkmalgeschützten Halle sowie einem Neubau bis zu 1400 Arbeitsplätze entstehen. Rund 116 Millionen Euro sollen investiert werden. Hinter dem Projekt steht laut Nauheimer ein bislang der Öffentlichkeit namentlich unbekannter Geldgeber aus der Ölbranche. Ende Januar hatten die Stadtverordneten grünes Licht für das Projekt gegeben, nun läuft das beschleunigte vorhabenbezogene Bebauungsplanverfahren. Das Zentrum wird von Stararchitekt Jürgen Mayer H. geplant. Im Dezember 2018 stand das Projekt bekanntlich kurzzeitig auf der Kippe: Im Gestaltungsrat, der die Stadt bei Architekturfragen berät, hatte es deutliche Kritik von den Architekturexperten. Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) brachte daraufhin einen erneuten Wettbewerb ins Spiel. Der Vorstoß wurde aber alsbald kassiert, nachdem Nauheimer gedroht hatte mit dem Projekt nach Hamburg zu gehen. Zuletzt hieß es, der Bauantrag solle im August gestellt werden. Der Baubeginn sei für das erste Quartal 2020 vorgesehen.

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