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Update

Stadtverordnete springen Investor bei: RAW-Projekt stand plötzlich auf der Kippe

Das geplante Digitalzentrum auf dem ehemaligen RAW-Gelände am Potsdamer Hauptbahnhof stand am Dienstagabend überraschend vor dem Scheitern. Wie geht es jetzt weiter?

Potsdam - Beim Bauausschuss am Dienstagabend kam es zum offenen Disput zwischen Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) und RAW-Investor Mirco Nauheimer. So schlug Rubelts Bauverwaltung ein konkurrierendes Verfahren zur Gestaltung samt einem Werkstattverfahren bis Mai vor - so sollten frühere, vom Investor intern erstellte Varianten noch einmal angesehen und bewertet werden. Nauheimer sagte, dieses Procedere sei so mit ihm explizit nicht abgestimmt.

Vielmehr habe man sich mit dem Rathaus eigentlich auf ein vereinfachtes Bebauungsplanverfahren geeinigt - das würde so „ad absurdum“ geführt. Insofern werde das gesamte Vorhaben so auch nicht mehr weiterverfolgt. „Ein Wettbewerb passt nicht zu unserem Verfahren.“ Mit dem Projekt wären große Einnahmen für die Stadt verbunden gewesen, fügte er in der ersten Reaktion hinzu.

Investor: Potentielle Mieter könnten abspringen

Rubelt sagte hingegen, es gebe Zeit für das konkurrierende Verfahren, auch um widerstreitende Interessen in Abstimmung zu bekommen. So eine gestalterische Debatte müsse zulässig sein, sagte der Dezernent. Es gehe nicht um eine Verhinderung des Vorhabens, aber es gebe eben auch noch Schwierigkeiten mit dem Großprojekt. „Diese Zeit sollten wir uns nehmen.“ Nauheimer sagte, mehrfach schon habe er erklärt, dass es nur ein schmales Zeitfenster für die Brache gebe - weil sonst potentielle Mieter aus der Digitalindustrie abspringen könnten. 

Für die zu diskutierenden Entwürfe brauche er von allen beauftragten Architekturbüros jeweils die Genehmigung und wolle diese auch nicht in der Öffentlichkeit debattieren. Er habe mit Jürgen Mayer H. schließlich einen weltberühmten Architekten gefunden. „Was soll so eine Werkstatt noch bringen?“ 

Eine Mehrheit entschied sich dann gegen das Wettbewerbsverfahren

Um das Projekt noch zu retten, beschloss eine Mehrheit der Stadtverordneten im Ausschuss dann, für das Projekt noch das Aufstellen eines Bebauungsplans zu beschließen - ohne das von Rubelt geforderte Wettbewerbsverfahren. Dafür stimmten SPD, CDU/ANW, Bürgerbündnis/FDP und Bauausschusschef Ralf Jäkel (Linke). So sagte Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis): "Chancen bleiben eben nicht ewig erhalten. Und Bauträger haben zeitliche Abläufe." Wenn eine Mehrheit nun ablehne, dann springe der Investor ab.

Dagegen sprachen sich Grüne, ein weiterer Linken-Stadtverordneter und Die Andere aus: Man dürfe sich nicht erpressen lassen und müsse die Debatte noch einmal vertagen, hieß es von den Gegnern. André Tomczak (Die Andere) sagte etwa: "Baukultur ist Planungskultur." Angesichts der Größe des Baus fürchte er einen weiteren Konflikt in Potsdam, verwies auch auf den Welterbe-Status der Stadt, der so bedroht sein könnte. Saskia Hüneke von den Grünen zeigte sich überrascht, dass der Investor so reagiere - allerdings fürchte sie, dass die Stadtpolitik ohne ein Werkstattverfahren bei den weiteren Planungen außen vor bleiben werde. Michel Berlin (Linke) sagte: "Wir sind dazu da, die Stadt zu gestalten - ich möchte mich nicht erpressen lassen." Diese Wortwahl kritisierte wiederum Ausschusschef Jäkel - der dann auch gegen den Wettbewerb stimmte. Jäkel: "Ich möchte nicht, dass Herr Nauheimer nachher hier aus dem Raum geht und sagt 'Ihr könnt mich mal'."

Auch der Investoren-Vertreter kann mit dem Beschluss leben

Mit diesem Beschluss könne er leben, sagte Nauheimer nach dem Votum auf PNN-Anfrage. Jetzt müssten noch die Stadtverordneten entscheiden - am kommenden Mittwoch steht diese Sitzung an. Sein Vertrauensverhältnis mit Rubelt sei jetzt auch nicht zerstört, so Nauheimer auf Nachfrage. Man werde sich mit dem Projekt weiter beeilen. Zudem bestritt er, dass es um Erpressung gehe: "Wir haben viel Arbeit in dieses Projekt reingesteckt. Das war aber immer unter der Maßgabe, dass das in bestimmten Zeitrahmen stattfindet." Das habe man so auch wiederholt gesagt.

Auf Nachfrage sagte Nauheimer auch zu, dass die Stadtverordneten zumindest nicht-öffentlich die früheren Varianten sehen könnten - nach PNN-Informationen sollen dabei auch Hochhäuser dabei sein. Hüneke ärgerte das: "Das wäre reines Amüsement! Es soll ja nichts geändert werden."

1000 Arbeitsplätze sollen im Digitalzentrum entstehen

Wie berichtet will Nauheimer - mit einem öffentlich bisher nicht genannten Geldgeber im Hintergrund, der aus der Ölbranche stammen soll - auf dem RAW-Gelände ein hochmodernes Digitalzentrum errichten lassen, wo rund 1000 Arbeitsplätze entstehen sollten. Kritik hatte unter anderem der Potsdamer Gestaltungsrat geübt, der die Stadt in Architekturfragen berät. Unter anderem waren die Degradierung des Denkmals RAW-Halle, das mit bis zu 33 Metern zu hohe Gebäude und auch dessen Gesamtvolumen kritisiert worden. Zuletzt hatte Nauheimer noch zwei weitere Investitionsprojekte des Investoren in ähnlicher Größenordnung in Aussicht gestellt, es geht um einen Wohn- und einen Gewerbestandort.

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