Stadtparlament in Potsdam: AfD-Mann Hohloch fehlt am häufigsten unentschuldigt
Ausgerechnet der Fraktionschef der AfD im Potsdamer Stadtparlament ist der Kommunalpolitiker, der am meisten unentschuldigt gefehlt hat. Das zeigt eine Datenanalyse der PNN.
Potsdam - Gern kündigt die AfD an, es besser machen zu wollen als die sogenannten Altparteien. Eine PNN-Datenanalyse zeigte jedoch: Zumindest in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung gelingt dies der Partei nicht. Die Auswertung der Protokolle und Daten aller 44 Sitzungen der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung seit der Kommunalwahl 2014 zeigt: Ausgerechnet der Chef der zweiköpfigen AfD-Fraktion, Ex-Oberbürgermeisterkandidat Dennis Hohloch, ist der Stadtverordnete, der am häufigsten ohne Entschuldigung gefehlt hat – acht Mal.
Die Geschäftsordnung ist eindeutig
Dabei ist in der Geschäftsordnung des Potsdamer Stadtparlaments eindeutig geregelt: „Die Stadtverordneten sind verpflichtet, an den Sitzungen [...] teilzunehmen.“ Sollte man nicht anwesend sein können, müsse man das vorher anzeigen. Sanktioniert wird das Fehlen – auch unentschuldigt – allerdings nicht.
Der Anlass für die PNN-Recherche: Die Parteien bereiten sich auf die Kommunalwahl im Mai 2019 vor, es geht auch um zuverlässige Kandidaten für das mit einer Aufwandspauschale von 195 Euro pro Monat vergütete Ehrenamt als Stadtverordneter. Da ist es von öffentlichem Interesse, wie häufig bestimmte Kommunalpolitiker anwesend waren – oder eben nicht. Zur Methode: Die PNN haben die Protokolle der einzelnen Sitzungen nach unentschuldigten und entschuldigten Fehlzeiten ausgewertet, ebenso danach, wer länger als zwei Stunden den häufig rund fünf bis sechsstündigen Sitzungen fernblieb, die außer in den Ferien einmal im Monat immer mittwochs stattfinden.
Hohloch begründet die Fehlzeiten mit seinem Lehrer-Beruf
Das Ergebnis für die AfD-Fraktion fällt auch in anderer Hinsicht bemerkenswert aus: Auch Hohlochs Kollegin Sylke Kaduk kommt auf sechs unentschuldigte Termine, dazu kommen die beiden Fraktionäre auf jeweils mehr als zehn Sitzungen, an denen sie nur zeitweise teilnahmen. Insgesamt waren beide damit jeweils nur in rund 50 Prozent der Sitzungen vollständig anwesend.
Hohloch sagte auf PNN-Anfrage, bei seiner Kollegin hätten familiäre und gesundheitliche Gründe für zeitweise Ausfälle gesorgt. Bei ihm selbst hätten eine Staatsexamensprüfung für seinen Lehrerberuf, gesundheitliche sowie dringende schulische Gründe den Ausschlag für die Fehlzeiten gegeben. Soweit möglich, nehme er an allen Sitzungen im Rathaus teil – auch wenn das in der Vergangenheit nicht immer möglich gewesen sei.
Auch Mitglieder der Fraktion Bürgerbündnis/FDP fehlen überdurchschnittlich oft
Allerdings ist die rechtspopulistische AfD nicht die einzige Fraktion im Stadtparlament, in der überdurchschnittliche Fehlzeiten auffallen. So kommen die Stadtverordneten der vierköpfigen Fraktion Bürgerbündnis/FDP allesamt auf überdurchschnittliche Werte – gerade die Stadtverordnete Irene Kamenz mit 16 Sitzungen, bei denen sie zumindest entschuldigt und laut ihrer Fraktion öfter aus gesundheitlichen Gründen fehlte. Das entspricht einem Drittel der Sitzungen.
Ihr liberaler Kollege Johannes von der Osten-Sacken nahm in zwölf Fällen nur an einem Teil der Sitzungen teil – zusammen mit Kaduk und Hohloch ein Spitzenwert in dieser Kategorie. Beispiel: Die Sitzung am 5. September, die bis 21.53 Uhr ging, verließ Osten-Sacken schon um 17.50 Uhr.
Fraktion sei auf Effizienz bedacht
Bürgerbündnis/FDP-Fraktionschef Wolfhard Kirsch sagte, wegen der Größe der Fraktion sei man darauf bedacht, „möglichst effizient zu sein“. Wenn man durch vorherige Ausschussvoten wisse, „wie ,die Lage’ ist und unsere Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich ist, tragen wir schon dafür Sorge, dass wir uns um unsere beruflichen als auch privaten Belange kümmern“. Schließlich gehe es nur um ein Ehrenamt. Wichtig sei nicht, dass man bei jeder, sondern bei den wichtigen Abstimmungen dabei sei.
Auch in anderen Fraktionen fehlten einzelne Stadtverordnete auffällig oft – so CDU-Parlamentarier Hans-Wilhelm Dünn, der auf sieben unentschuldigte und zwölf entschuldigte Fehlzeiten kommt. Er ist beruflich in den vergangenen Jahren zum Präsidenten des Cyber-Sicherheitsrats Deutschland in Berlin aufgestiegen. Die Fehlzeiten in anderen Fraktionen sind geringer, wenn es auch Ausschläge nach oben gibt - die sich aber begründen lassen: In der SPD etwa kommt die Stadtverordnete Anke Michalske-Acioglu nach eigenen Angaben aus gesundheitlichen Gründen auf zehn entschuldigte Sitzungs-Fehlzeiten, in der Linken Klaus-Peter Kaminski auf sieben.
Auch die roten Spitzenkandidatinnen waren nur selten anwesend
Bemerkenswert auch die Werte zweier bekannter Spitzenkandidatinnen von SPD und Linken bei der vergangenen Kommunalwahl. Demnach kam die frühere Gesundheitsministerin und Landtagsabgeordnete Anita Tack bei acht Sitzungen, die sie bis März 2015 besuchen hätte können, auf vier entschuldigte Fehlzeiten und eine länger als zwei Stunden währende Abwesenheit. Die Potsdamer Landtagsabgeordnete Klara Geywitz war in den vier Sitzungen, die stattfanden, bevor sie ihr Mandat wegen überschneidender Termine in der Landtagsarbeit abgab, nur einmal vollständig anwesend.
Zwei Stadtverordnete nahmen an jeder einzelnen Sitzung teil
Übrigens: Es gibt auch zwei Stadtverordnete, die jede Sitzung besucht haben, von Anfang bis Ende: Peter Schultheiß, der für die Wählergemeinschaft Potsdamer Demokraten in der SPD-Fraktion sitzt – und CDU-Fraktionschef Matthias Finken. Und auch bei den Potsdamer Grünen fallen laut der PNN-Analyse durchweg geringe Fehlzeiten auf. Ambivalent ist das Verhältnis bei der Fraktion Die Andere. Bei der vierköpfigen Fraktion gilt ein Rotationsprinzip; das heißt, nach einem Jahr werden die Mitglieder komplett ausgetauscht. Die Fehlzeiten lagen dabei im Schnitt bei ein bis drei verpassten Sitzungen pro Mitglied, in einem Fall auch vier. Auch einige wenige unentschuldigte Fehlzeiten finden sich in der Aufstellung.
Die Andere-Fraktionsgeschäftsführer Lutz Boede sagte, manches Mal könne auch eine Entschuldigung verloren gegangen sein – denn durch Personalwechsel im Büro der Stadtverordneten habe es gelegentlich Probleme mit der internen Weitergabe von Informationen gegeben.
40 Mal gingen die Sitzungen länger als fünf Stunden
Die Auswertung der Fehlzeiten zeigt aber auch: Die jeweils ab 15 Uhr beginnenden Sitzungen sind zeitintensiv. 28 Mal gingen sie länger als bis 20 Uhr, 13 Mal sogar länger als bis 21 Uhr. In drei Fällen gab es sogar eine Fortsetzungssitzung. Bei der Sitzung am vergangenen Mittwoch mahnte der scheidende Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), die Stadtverordneten sollten sich um bessere Arbeitsökonomie bemühen. Sitzungen sollten maximal fünf Stunden dauern. „Das ist auch besser für die Atmosphäre.“
Allerdings gab es vor der Kommunalwahl 2014 noch deutlich öfter extrem lange Sitzungen, zumal die Sitzungen damals schon um 13 Uhr begannen. Inzwischen wird zumindest nicht jeder neue Antrag fünf Minuten lang eingebracht, sondern zum Teil schon im Vorfeld ohne Abstimmung in die Fachausschüsse überwiesen – was für viel Zeitersparnis sorgt.
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