China greift hart durch: Zwei Oppositionsabgeordnete in Hongkong festgenommen
Immer wieder setzt China sein umstrittenes Sicherheitsgesetz gegen demokratische Kräfte in Hongkong ein. Nun trifft es Politiker der Demokratischen Partei.
Zwei führende oppositionelle Abgeordnete sind in Hongkong im Zusammenhang mit den prodemokratischen Protesten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion festgenommen worden. Wie die Demokratische Partei berichtete, holte die Polizei ihre Abgeordneten Lam Cheuk-ting sowie Ted Hui am frühen Mittwochmorgen jeweils zuhause ab. Nach zunächst unbestätigten Berichten soll es noch rund zehn weitere Festnahmen gegeben haben.
Das harte Durchgreifen der kommunistischen Pekinger Führung in der früheren britischen Kronkolonie ist eines der kontroversen Themen auf der Europareise von Außenminister Wang Yi. Er war schon am Dienstag in Rom von protestierenden Hongkonger Aktivisten empfangen worden. An diesem Mittwoch wurde der chinesische Chefdiplomat, der auch Berlin besuchen wird, in den Niederlanden erwartet. Er will zudem in Norwegen und Frankreich Station machen.
China stützt sich auf umstrittenes Sicherheitsgesetz
Der Erlass eines höchst umstrittenen Staatssicherheitsgesetzes Ende Juni in Hongkong war international auf scharfe Kritik gestoßen. Auch war die im September geplante Wahl zum Legislativrat in Hongkong verschoben worden. Als Grund wurde der neuerliche Ausbruch des Coronavirus in der asiatischen Wirtschaftsmetropole genannt. Doch sehen die demokratischen Oppositionsgruppen darin nur einen Vorwand, um eine Blamage peking-freundlicher Kräfte zu verhindern.
Das von Peking erlassene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit ist ein tiefer Eingriff in die Autonomie der früheren Kronkolonie, die seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ verwaltet worden war. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Es begrenzt auch die Freiheitsrechte der sieben Millionen Hongkonger.
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Unter Hinweis auf das neue Sicherheitsgesetz oder wegen ihrer Rolle in den anhaltenden Protesten im vergangenen Jahr waren bereits mehrere führende Figuren der Demokratiebewegung angeklagt und festgenommen worden. Zuletzt kam vor zwei Wochen der Medienunternehmer Jimmy Lai vorübergehend in Haft. Dem 71-jährigen Herausgeber der peking-kritischen Zeitung „Apple Daily“ wurden geheime Absprachen mit dem Ausland, Betrug und andere Verstöße zur Last gelegt. Er kam nur auf Kaution wieder frei.
Die Beschuldigungen gegen den jetzt festgenommenen Vorsitzenden der Demokratischen Partei lauten auf Verdacht der Verschwörung zur Zerstörung von Eigentum außerhalb der Polizeistation Tuen Mun bei Protesten am 6. Juli vergangenen Jahres. Auch werden Behinderung der Justiz sowie Teilnahme am „Aufruhr“ am 21. Juli 2019 an der U-Bahnstation Yuen Long genannt, wie es auf seiner Facebook-Seite heißt. Der Vorwurf gegen den Abgeordneten Hui geht nach Berichten ebenfalls auf die Zwischenfälle an der U-Bahnstation zurück.
Dabei waren allerdings prodemokratische Kräfte und unbeteiligte Passanten von rund 100 weiß gekleideten Schlägern mit Eisenstangen attackiert worden. Der Abgeordnete Hui machte an der U-Bahnstation gerade eine Live-Übertragung und erlitt Verletzungen, die mit 18 Stichen genäht werden mussten. Aktivisten werfen der Polizei vor, langsam und unzureichend gegen die Schläger vorgegangen zu sein, von denen einige Verbindungen zur Unterwelt hatten.
Während der Polizei sogar gemeinsame Sache mit den Schlägertypen unterstellt worden war, hieß es von polizeifreundlichen Kräften, der Abgeordnete Hui habe vor dem Hintergrund der Zwischenfälle „für Ärger gesorgt“, wie die „South China Morning Post“ berichtete. Erst nach den Attacken waren 43 Personen festgenommen worden, darunter einige mit Kontakten zu chinesischen Triaden - mafia-ähnliche chinesische Geheimgesellschaften. Sieben Menschen wurden angeklagt. (dpa)